Pandemie, Glaube, Jugend Jugendliche feiern Gottesdienst in der Bonner Kreuzkirche

Bonn · Beim Gottesdienst „Xtra.Stadt.Gebet“ machten sich Jugendliche Luft. Sie berichteten von ihren Erfahrungen und dem Frust in der Pandemie. Auch eine Therapeutin sieht sich mit immer mehr Problemen junger Menschen konfrontiert.

 Hoffen auf ein Ende der Tristelle: Therapeutin Christiane Wellnitz (l.) und die 16-jährige Schülerin Rosalina.

Hoffen auf ein Ende der Tristelle: Therapeutin Christiane Wellnitz (l.) und die 16-jährige Schülerin Rosalina.

Foto: Marco Rauch

Junge Menschen standen beim zweiten „Xtra.Stadt.Gebet“ in der Bonner Kreuzkirche im Mittelpunkt. Und Corona: „Plötzlich herrscht Stille. Es gibt keine Höhen und Tiefen mehr, es ist alles nur eine Emotion. Es gibt nichts mehr, über das man sich freuen oder aufregen kann“, beschrieb eine Schülerin auf der Videoleinwand die Lage.

Nur wenige Besucher kamen und durften ins Gotteshaus. Doch es gab noch den Live-Stream. Unter dem Titel „Und was ist mit der Jugend“ kamen so in einer Stunde zahlreiche Kinder, Jugendliche und Studenten per Videoschalte zu Wort und berichteten über ihre Erfahrungen in der Pandemie. Der Bonner Singer-Songwriter Max Scheer und Kreuzkirchenorganist Stefan Holz machten Musik.

Christiane Wellnitz, Sozialarbeiterin und Familientherapeutin der evangelischen Beratungsstelle Bonn, Sie berichtete über ihre Arbeit mit von der Pandemie belasteten Kindern und Jugendlichen. Es habe einen „deutlichen Anstieg an Beratungsbedarf bei Jugendlichen“ gegeben, berichtete Wellnitz. Sie beobachtete eine deutliche Verstärkung depressiver Symptome wie „Einsamkeit, Rückzug, Sprachlosigkeit, Ohnmachtsgefühle bis hin zu stärkeren Symptomen wie selbstverletzendem Verhalten und Suizidgedanken“, so die Therapeutin.

Dies sei kein Wunder, immerhin fehle den Jugendlichen nicht nur die Schule als Bildungsraum, sie stünden auch unter starkem Leistungsdruck und hätten „Angst, den Anschluss zu verlieren“. Auch die Bildungsschere werde immer größer. Außerdem fehle die Schule nicht nur als Bildungs-, sondern auch als Sozialraum, so Wellnitz. Es fehle „der Austausch und Abgleich mit Gleichaltrigen, vielen fehle der sichere Ort des Verstandenwerdens und der Bestätigung“. Auch die Identitätsentwicklung sei durch die wegfallenden „Erfahrungen von Beziehung, sich verlieben und Sexualität stark eingeschränkt“.

Wellnitz stellt fest, dass besonders die Jugendlichen, die schon mit digitaler Kommunikation aufgewachsen sind, „großen Wert auf Face-to-Face-Beratung legen und unbedingt in die Beratungsstelle kommen möchten“. Dies werde auch ermöglicht und ist den Ratsuchenden selbst überlassen. Vor Ort werde natürlich gelüftet, Abstand gehalten und Maske getragen.

Zu Gast in der Kreuzkirche war auch die 16-jährige Schülerin Rosalina. Auch sie leide unter der Pandemie und findet, dass der Kontakt „über Telefon oder soziale Medien nie echte Begegnungen vor Ort ersetzen kann“". Zudem habe die Belastung für junge Menschen in der zweiten Welle nochmal zugenommen, weil sich die Zeit des ersten Lockdowns wiederhole und die Tristesse durch Winter und Dunkelheit nochmal verstärkt wurde.

Rosalina kann der Pandemie aber auch etwas Positives abgewinnen. Sie habe neue Hobbys gefunden und konnte ihre Selbstorganisation verbessern, „was mir im späteren Leben sicher hilft“, sagte sie. Zudem blickten die zugeschalteten Schülerinnen und Schüler auch nach vorn: Es werde langsam wieder warm und immer mehr Menschen seien geimpft. Für sie ein Licht am Ende des Tunnels.

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