Glosse zum Maskentragen Zeichen der Zeit

Bonn · Macht das Tragen der Maske muffelig? Auf jeden Fall Fall verändert die Maskenpflicht den täglichen Umgang, beobachtet GA-Redakteurin Jutta Specht

 Maskenpflicht in der Bonner Fußgängerzone.

Maskenpflicht in der Bonner Fußgängerzone.

Foto: Meike Böschemeyer

Das Stillleben der Müllansammlungen, die sich jeden Tag in der Stadt formieren, bereichert ein völlig neues Detail: Verloren pflastern Masken den Weg. Ein Zeichen der Zeit. Nichts gegen die Bonner, tapfer und vorbildlich tragen sie den Mund-Nasen-Schutz. Und Blicke töten denjenigen, der sie nicht übergestülpt hat. Wenn Menschen dem Mundschutz einen Kosenamen geben, sollte das eigentlich meinen, dass sie sich mit ihm anfreunden. Bützjekondom, Fratzenschlüpper, Schnutenpulli – alles witzig, erleichtert aber den Alltag nur bedingt. Wenig Sauerstoff hinter der Maske hält die meisten auch verbal kurz angebunden. Kommunikation ist auf das Nötige reduziert. Und Freundlichkeiten werden offenbar von der undurchdringlichen Maske absorbiert. Dabei kann etwa das Wort Danke eigentlich klar und deutlich durch das Maskengewebe nach außen dringen und klingt immer gut. Also da gibt es bei vielen derzeit noch Luft nach oben.

Insgesamt scheint sich im zurückliegenden Jahr die Bedeutung von „zuvorkommend“ gewandelt zu haben. Wer ist erster? Ich natürlich! So geht das neue Zuvorkommend. Ohne rechts und links zu blicken, stürmt Mann/Frau in den Laden – die mehr oder weniger freundlichen Zurechtweisungen der Wartenden ignorierend. Ein Kunde darf in die Bäckerei – die anderen bleiben draußen – in Kälte und Regen. Und es dauert – gefühlt viel länger als sonst. Das ist eine andere Art von Besinnlichkeit, die alle jetzt vor Weihnachten üben können. Drinnen der Kunde steht im Warmen. Offenbar lässt er sich schön viel Zeit. Die Erfahrung ist auch ungewohnt, dass ihm allein die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Verkäufers gilt, statt wie sonst die Brötchenwünsche herunterzuhaspeln und das abgezählte Geld schon in der Hand zu halten. Nein, jetzt kann er in Ruhe mal fragen, welche Mehlsorten in den Backwaren sind, ob es vielleicht die So-und-so-Brötchen, die er sonst nur im Urlaub bekommt, auch in Bonn gibt. Ach, noch bezahlen. Ja, wo habe ich denn das Portemonnaie? Draußen wappnen sich alle mit Geduld – oder versuchen es zumindest. Endlich rückt die Schlange eine Position weiter. Fazit: Selbst im kleinsten Schritt lässt sich derzeit etwas Positives finden.

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