Kirchen und ihre Schätze: Heilig Geist "Zelt Gottes unter den Menschen"

VENUSBERG · "Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen wie von Feuer, und sie setzten sich auf jeden einzelnen von ihnen..." Besser könnte die Stelle aus der Apostelgeschichte zum Pfingstwunder nicht zur Heilig Geist-Kirche auf dem Venusberg passen. "Die Fenster mit ihren feuerroten Farbfeldern und den flammenartigen Spitzen passen ganz wunderbar in diese Kirche hinein", schwärmt Bernhard Gehrmann, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstand der Gemeinde in unmittelbarer Nähe der Unikliniken.

 Bernhard Gehrmann schwärmt insbesondere für die Fenster der Kirche Heilig Geist, deren rotes Glas auch die Figur der Mutter Gottes mit dem Jesuskind in ein besonderes Licht taucht.

Bernhard Gehrmann schwärmt insbesondere für die Fenster der Kirche Heilig Geist, deren rotes Glas auch die Figur der Mutter Gottes mit dem Jesuskind in ein besonderes Licht taucht.

Foto: Horst Müller

Seit ein paar Wochen sind auch wieder die verschiedenen Farbschattierungen deutlich zu erkennen, die die Fenster zu einem einmaligen Ensemble werden lassen. Denn nach rund 60 Jahren wurden die kostbaren Bleiverglasungen jetzt erstmals ausgebaut, repariert und gründlich gereinigt. "Wenn jetzt die Sonne hereinscheint, dann erkennt man erst das einmalige Zusammenspiel der verschiedenen Rottöne", freut sich Gehrmann. Nach dem größten Schatz in der Kirche gefragt, muss er nicht lange nachdenken: "Natürlich die Fenster." Die Wand hinter dem Altar besteht aus 116 Einzelfeldern. Gefertigt wurden sie 1959 nach einem Entwurf des Krefelder Künstlers Otto Lauterbach. "Der Hintergrund ist vorrangig in verschiedenen Blautönen gehalten, damit sich die roten, flammenartigen Farbfelder besser abheben", sagt Gehrmann. "Ein Hinweis auf Pfingsten und unser Patrozinium."

Alle zwölf Apostel sind in den verschiedenen Fenstern dargestellt. Scheint die Sonne hinein, werden insbesondere die Bilder von Maria und Petrus hervorgehoben. Über dem Altar hängt ein großes Kreuz aus Holz. Die Apostel aus den bunten Kirchenfenstern blicken alle zu dem Kruzifix mit dem Gekreuzigten. Die Künstlerin Anni Höfken-Hempel aus Trier schuf dieses Kreuz ebenso wie die Pieta in der Seitenkapelle.

Doch nicht nur das eindrucksvolle Glaskunstwerk macht Heilig Geist so einzigartig. Ganz besonders ist auch der Standort des Tabernakels. Während er in der Regel in einer Nische neben dem Altar steht, ist er in der Pfarrkirche am Kiefernweg mitten auf dem Altar verankert, im Zentrum des Kirchenraumes. Reich mit roten Steinen verziert, wird auch dort wieder Bezug zu Pfingsten genommen. "So zentriert der Tabernakel die Gedanken wieder auf Gott, der unter uns sein Zelt aufgeschlagen hat und Mensch geworden ist", interpretierte Norbert Windheuser in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Kirche 2007 diese Besonderheit. Gründonnerstag bleibt der Tabernakel sogar den ganzen Tagen geöffnet und jeder kann ihn sich genau ansehen. Tabernakel, Leuchter und Kelche wurden von Nikolaus Epp gestaltet.

Nach der Wahl Bonns zur provisorischen Hauptstadt und dem Wiederaufbau der Unikliniken nach dem Krieg entwickelte sich der Venusberg zu einem attraktiven und beliebten Wohnort. 1952 beauftragte der Kölner Erzbischof den Religionslehrer Bernhard Niessen damit, in diesem beliebten Neubaugebiet eine Gemeinde aufzubauen und die Voraussetzungen für den Bau einer Kirche zu schaffen. 1955 wurde mit dem Bau nach den Plänen des Bonner Architekten Stefan Leuer begonnen. Er konstruierte das Gotteshaus als ein "Zelt Gottes unter den Menschen". Diese unverwechselbare Form soll an die Geheime Offenbarung erinnern: "Seht, die Wohnung, das Zelt Gottes unter den Menschen." Nach zweijähriger Bauzeit waren die Arbeiten abgeschlossen, der Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Frings kam persönlich zur feierlichen Konsekration am 31. März 1957.

Seit 1961 erklingt in Heilig Geist eine Orgel der Firma Klais mit insgesamt 20 Registern und 1383 Pfeifen. Sie wurde bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten der letzten Wochen ebenfalls komplett überholt. Alle Pfeifen wurden dafür ausgebaut, gereinigt, nachintoniert und gestimmt.

Heilig Geist

Wenige Pfarrgemeinden des Erzbistums Köln sind in ihrer Entwicklungso sehr mit der Entstehung der Bundesrepublik verbunden wie dieGemeinde Heilig Geist auf dem Venusberg. Mit der Wahl Bonns zurprovisorischen Bundeshauptstadt entwickelte sich auf dem Venusbergein wahrer Bauboom. Denn für die vielen Beamten und ihre Familien,die an den Rhein versetzt wurden, musste Wohnraum geschaffenwerden. 1952 wurde unter der Leitung von Bernhard Niessen mit demAufbau einer neuen Pfarrgemeinde begonnen. Zwar gehörte siezunächst noch zu St. Nikolaus in Kessenich, am 1. April 1955 wurdesie jedoch selbstständig. Der Neubau einer eigenen Pfarrkirchewurde durch eine Spende der überkonfessionellen Bewegung „TheWooden Church Crusade Inc. Burlington, Wisconsin, USA“beschleunigt. Neben der Kirche gehören Kindergarten I (1955),Pfarrhaus (1955), Jugendheim mit öffentlicher Bücherei (1957),Küsterhaus (1956) und ein zweiter Kindergarten (1966/1974) zumPfarrzentrum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort