Röttgen Zimbelstern fürs Glockenspiel - Die Schätze der Thomaskirche
RÖTTGEN · Vom Fenster seines Arbeitszimmers aus sieht er die Pferde auf der Koppel stehen, auf der anderen Seite des Grundstücks schweift der Blick über das Feld zum Neubaugebiet Am Hölder. "Ist das nicht ein Idyll hier?" fragt Jörg Zimmermann und genießt die Aussicht. Seit 1994 ist er evangelischer Pfarrer in Röttgen.
Als er damals zum ersten Mal in die Thomaskirche kam, war es so etwas wie "Liebe auf den ersten Blick": Durch die schrägen Dachfenster aus Glas fiel warm das Sonnenlicht in den Raum und erinnerte ihn sofort an Afrika. Drei Jahre lang hatte Zimmermann zuvor für ein Missionswerk in Ruanda gearbeitet.
Viel erzählen will er über die Zeit nicht, schließlich sind die Grausamkeiten von damals noch allzu präsent. Nur so viel sagt er: "Vor genau 20 Jahren musste ich aus dem Land fliehen. Wir hatten alle Angst um unser Leben." Denn die Gräueltaten des schrecklichen Stammeskrieges in der ehemaligen Kolonie machten auch vor den ausländischen Helfern nicht halt.
Umso mehr freut er sich jetzt über seinen Arbeitsplatz am Waldrand in Röttgen - und über seine Kirche. Äußerlich ein moderner Bau mit Sichtmauerwerk und großen Fensterflächen. Im Inneren verbirgt sich allerdings ein wahres Raumwunder. Denn mit wenig Kraftaufwand wird aus dem kleinen Altarraum mit Platz für nicht mehr als 250 Gläubige eine große Kirche für rund 450 Besucher.
"Das wurde Anfang der 1980er Jahre ganz schlau geplant", strahlt Zimmermann und führt die kinderleichte Konstruktion vor. Denn der separate Unterrichtsraum für die Konfirmanden und der große Gemeindesaal sind nur durch eine Falttür von der Kirche getrennt. Bei Bedarf - beispielsweise bei den in ganz Bonn bekannten Krippenspielaufführungen an Weihnachten, beim Erntedankfest oder den Konfirmationsfeiern - werden die Türen einfach zur Seite geschoben, um so Platz für viel mehr Gemeindemitglieder und Besucher zu schaffen.
Der "größte Schatz" der Thomaskirche verbirgt sich allerdings links vor dem Altar und ist auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen. Erst beim zweiten Hinsehen fällt der goldene Stern an der Orgel ins Auge. "Wissen Sie was das ist?", fragt Zimmermann amüsiert. "Das ist ein Zimbelstern" lacht der Pfarrer der Thomaskirche und führt ihn vor. Sobald der entsprechende Registerzug gezogen wird, schlägt der Stern kleine Glocken als Begleitung zur Orgelmusik an.
Dieses Spiel ertönt zu ganz besonderen Anlässen. "Sei es zu besonderen Ereignissen oder um einen einzigartigen Augenblick im Gottesdienst zu markieren." Finanziert wurde die Anschaffung des Zimbelsterns von den Chorkindern. Denn sie spendeten die Einnahmen aus einem Singspiel, das sie unter Leitung von Ursula Stamp einstudiert und aufgeführt hatten, für den Einbau des Zimbels.
Aber nicht allein für Zimmerman hat der Zimbelstern eine ganz besondere Bedeutung. Vor Jahren hat er eine Umfrage unter den Gemeindemitgliedern gestartet, weil er wissen wollte, welche Wünsche sie haben. "Einer schrieb, dass er sich wünscht öfter den Zimbelstern zu hören."
Der Blick aus seinem Arbeitsfenster in Richtung Pferdeweide bleibt Zimmermann in Zukunft erhalten, aber die Aussicht Richtung Venusberg wird sich in den nächsten Monaten verändern. Denn dort, wo jetzt noch leuchtend gelb ein Rapsfeld blüht, werden bald die ersten Häuser des Neubaugebiets Am Hölder stehen.
"Ich freue mich darauf, dass neue Familien mit Kindern in die Nachbarschaft ziehen. Als evangelischer Pfarrer hoffe ich natürlich, dass darunter viele Protestanten sind und unsere Gemeinde größer wird." Denn dann, so ergänzt er, würden auch die Kirchensteuerzuweisungen höher ausfallen. "Und das kommt wiederum der Gemeinde zugute."
Thomaskirche in Röttgen
Die Thomaskirche in Röttgen wurde von 1981 bis 1982 erbaut. Zuvor waren unter der Regie des damaligen Pfarrers Christoph Klaffke bereits Pfarrhaus, Gemeindezentrum und Kindergarten errichtet worden. Derzeit gibt es zwischen 2200 und 2300 Gemeindemitglieder aus den Ortsteilen Röttgen und Ückesdorf. 38 Jugendliche feiern in diesem Jahr in der Evangelischen Thomaskirche Konfirmation.
