Berufungskammer des Landgerichts Bonn bestätigt Urteil Zu schnell zur Moschee gefahren

Bonn · Berufungskammer des Landgerichts Bonn bestätigt Geldstrafe gegen 74-jährigen Muslim wegen versuchter Nötigung.

„Nein!“ Eilig habe er es auf keinen Fall gehabt, sagte der 74-jährige Angeklagte dem Gericht. Schließlich sei er auf dem Weg zur Moschee gewesen, und da verbiete ihm seine Religion jegliche Hast. Noch eine gute Viertelstunde habe er für die wenigen Hundert Meter gehabt, die er noch zurücklegen musste, um pünktlich zum Abendgebet um 19 Uhr in der Moschee an der Brühler Straße einzutreffen. Dennoch war der in der afghanischen Hauptstadt Kabul geborene Familienvater vom Bonner Amtsgericht wegen versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 2700 Euro verurteilt und mit einem zweimonatigen Fahrverbot belegt worden, weil er einen vor ihm fahrenden Servicetechniker bedrängt, überholt und dann zum Bremsen gezwungen hatte. Nun hat eine kleine Strafkammer am Landgericht das Urteil im Grundsatz bestätigt, nachdem der Mann in Berufung gegangen war. Allerdings ist das Fahrverbot nach der zweitinstanzlichen Entscheidung wieder vom Tisch.

„Aussage gegen Aussage-Situation“

Es handele sich doch um eine klassische „Aussage-gegen-Aussage-Situation“ hatte der Anwalt des Angeklagten die Richter zu Beginn des Verfahrens wissen lassen: Nichts Geringeres als einen Freispruch wolle sein Mandant in der Berufung erreichen. Es ginge ihm mitnichten darum – wie kurz zuvor von dem Vorsitzenden nahegelegt –, nur das Fahrverbot vom Tisch zu bekommen. Sein Mandant habe ohnehin kein Auto mehr. Vielmehr fühle er sich zu Unrecht beschuldigt. Es sei doch absolut unplausibel, so führte der Anwalt weiter aus, dass sein Mandant sich trotz seiner 74 Jahre aufgeführt haben solle, wie ein Spätpubertierender. Er habe drei Kinder großgezogen, sei niemals auffällig geworden und so etwas wie ein Paradebeispiel für gelungene Integration.

Die Berufungsrichter schenkten dann aber doch, genau wie bereits das Amtsgericht, dem Geschädigten mehr Glauben. Und der hatte als Zeuge auch in der Berufung erneut ausgesagt, dass der Angeklagte, als er am 16. März gegen 18.45 Uhr hinter ihm her gefahren sei, bereits eine ganze Weile seinen Unmut über die für ihn offenbar zu geringe Geschwindigkeit mit Handgesten und der Lichthupe zum Ausdruck gebracht habe. Mit angemessenem Tempo habe er die Berta-Lungstras-Straße beziehungsweise die Soenneckenstraße als deren Verlängerung Richtung Süden befahren, als es schließlich zu einem Überholmanöver kam.

Heftiges Bremsmanöver

Das konnte man zwar nicht unbedingt als Raserei bezeichnen – der Überholte war nach eigenen Angaben mit rund 34 Stundenkilometern unterwegs. An der Stelle galt aber Tempo 30 und nach Ende des Überholvorgangs soll der Angeklagte dann eine Vollbremsung vor dem Zeugen hingelegt haben, der mit seinem Dienst-Lieferwagen unterwegs war. So heftig habe er bremsen müssen, dass sein Fahrzeug nur Zentimeter hinter dem Auto des 74-Jährigen zum Stillstand gekommen sei.

Erst, nachdem er ihm eine beleidigende Geste habe zukommen lassen, sei der Senior weitergefahren. Bei dem Bremsmanöver sei eine Maschine zur Verlegung von Glasfaserkabeln, die er in seinem Wagen transportiert habe, so stark erschüttert worden, dass sie für 800 Euro neu kalibriert werden musste. Der Lieferwagenfahrer erstattete direkt nach dem Vorfall Anzeige bei der Polizei, die den Gottesdienstbesucher direkt nach Verlassen der Moschee vor seinem Wagen zur Rede stellte und dessen Personalien aufnahm.

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