Zug in Beuel Keine Alkoholexzesse beim Straßenkarneval

Bonn · Nach zwei Jahren ohne Karneval gab es Befürchtungen, die Alkoholexzesse könnten zunehmen. Das war an Weiberfastnacht nicht zu beobachten.

 Der Eventsprinter am Rhein: Dort können Jugendliche Alkohol gegen Süßigkeiten tauschen.

Der Eventsprinter am Rhein: Dort können Jugendliche Alkohol gegen Süßigkeiten tauschen.

Foto: Benjamin Westhoff

Es ist im Vorfeld viel gemutmaßt worden, wie sich zwei betrübliche Karnevalssessionen ohne Feierei auf den Alkoholpegel insbesondere von Jugendlichen auswirken könnten, wenn es denn wieder losgeht. Immerhin seien zwei „verlorene Jahre“ aufzuholen. Statt einer Flasche Apfelkorn also lieber drei? Nun haben die richtig tollen Tage in Bonn mit dem Weiberfastnachtsumzug und der Rathauserstürmung in Beuel erst ihren Anfang genommen, und es wäre viel zu früh für eine Bilanz.

„Friedlicher Verlauf“

Doch in Beuel war bis zum Donnerstagnachmittag von übertriebenen Exzessen nichts zu vernehmen. Im Gegenteil: Die Rettungsdienste zogen zwar durch die Mengen, hatten aber kaum etwas zu tun. Hier und da sprachen die Helfer mal die Empfehlung aus, auf Wasser umzusteigen, wenn sie jemanden am Baum hocken sahen. „Ruhig ist es, sehr ruhig“, resümierte Paul Gonsiorowski von den Maltesern am späten Nachmittag. Und auch Sascha Hessenbruch, Abteilungsleiter Stadtordnungsdienst, sprach von „einem friedlichen Verlauf“.

Wie in den vergangenen Jahren vor Corona feierten viele Jugendliche und junge Erwachsene am Beueler Rheinufer in direkter Nähe zur Kennedybrücke unter freiem Himmel. Die Bässe wummerten. Gehüpft wurde ausgiebig. Mitgesungen ebenso. Es war auch durchaus Alkohol im Spiel. Aber es waren deutlich weniger Schnaps-, Bier- und Sektflaschen zu sehen, als das in der Vergangenheit schon der Fall gewesen ist.

Die 15-jährige Line beispielsweise war am Eventsprinter anzutreffen mit einer heißen Suppe, die sie gerade gegen ein kleines Fläschchen Wodka mit Pflaume getauscht hatte. „Ich habe genug getrunken, die Suppe tut mir jetzt gut“, sagte die Schülern, die mit vier Freundinnen und Freunden unterwegs war. Allesamt hatten sie ihre Überreste an Bier und Likören in alkoholfreie Getränke, Schokoriegel und Chips eingetauscht und wirkten einerseits zufrieden und andererseits nicht besonders alkoholisiert. „Manche von unseren Freunden sind nach Köln gefahren. Keine Ahnung, wie es denen gerade geht“, sagte Line. Schön sei es jedenfalls, endlich wieder Karneval feiern zu können nach Jahren der Abstinenz. Im Gespräch fällt ihr dann auf, dass sie bei der letzten Sause im Jahre 2020 „noch ein Kind gewesen ist“, was gar nicht so abwegig ist.

Alkohol tauschen am Eventsprinter

Am Eventsprinter, dem Bus der Ambulanten Suchthilfe Update von Caritas und Diakonie, war Beatrix Schmeichler anzutreffen. Die Sozialarbeiterin und ihre Helfer waren wie schon bei den Zügen in Kessenich und Ippendorf mit einem Bauchladen unterwegs und haben alkoholische Getränke gegen Snacks oder Kondome eingetauscht. „Das funktioniert sehr gut. Viele sind zu einem solchen Tausch bereit“, sagte Schmeichler. Unter dem Motto „Konfetti statt Koma!“ gibt es außerdem die Möglichkeit, direkt am Eventsprinter einen Promilletest durchführen zu lassen. Je nach Ergebnis geben die Mitarbeiter von Update wohlmeinende Ratschläge, das Feiern einzustellen, den Heimweg anzutreten oder die Eltern anzurufen.

Einer alten Tradition folgend hatte die Stadt erneut zur After-Zoch-Party ohne Alkohol ins Zelt auf dem Münsterplatz eingeladen. Auch hier ging es ausgelassen zu (Liederausschnitt: „Anton aus Tirol“, „Bella ciao“). Vor dem Zelt leerte ein Quartett Flamingos noch die letzten Bierdosen unter den Augen der skeptisch dreinblickenden Sicherheitskräfte am Eingang. Oberflamingo Timo gab aber auf Nachfrage zu Protokoll, „dass keiner von uns mehr als zwei oder drei Bier getrunken hat“. Man habe sich auch vorgenommen, den Tag möglichst lange zu feiern und deshalb zwischendurch Cola getrunken.

Im Zelt erzählt dann ein Trupp von drei Mädchen im Alter zwischen 14 und 15 Jahren nicht ohne Stolz, dass sie überhaupt erstmals von den Eltern alleine zu einer Karnevalsparty gelassen wurden. Die Musik von DJ Ötzi sei zwar nicht gerade ihr Fall, sagte Tamea, „aber auf der ersten Party nimmt man halt mit, was gespielt wird“.

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