GA-Gastbeitrag über die Zukunft Bonns "Zugespitzt und plakativ"
BONN · Die am Montag im GA veröffentlichen zehn Thesen des Bonner Unternehmers und Wirtschaftswissenschaftlers Herrmann Simon zur Entwicklung Bonns haben Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, Vertreter der Ratsfraktionen und zahlreiche Leser kommentiert.
Simon hatte unter anderem einen rigorosen Sparkurs der Stadt gefordert. Zudem gelte für ihn das Primat der Wirtschaft, daher erwartet er vom künftigen OB ein "umfassendes Management" der Standortattraktivität Bonns.
Nimptsch dankte Simon für seine Hinweise. Er teile seine Einschätzungen zwar nicht uneingeschränkt, sagte er, aber über weite Strecken, da sie unter anderem dem entsprächen, was er selbst in verschiedenen Stellungnahmen, Reden, in seinem Zukunftspapier "Zukunft Bonn" und durch eigenes Handeln lebe - insbesondere durch seine Arbeit als oberster Wirtschaftsförderer.
"Zugespitzt" und "plakativ": So bewertet CDU-Ratsfraktionschef Klaus Peter Gilles Simons Aussagen. In vielen Punkten entspreche er den Standpunkten der CDU. Insbesondere, wenn es um die von ihm gesetzten Anforderungen an den künftigen Oberbürgermeister Bonns gehe. Zur Forderung eines rigorosen Sparkurses sagte Gilles, den habe die Koalition eingeleitet, allerdings müsse die Stadt viele gesetzliche Vorgaben und Pflichtaufgaben erfüllen. Zur Kritik am zu großen Stadtrat sagte Gilles: "Den Rat würden auch wir gerne verkleinern. Dies wird aber durch die Wahlgesetzgebung verhindert."
Als "Wasser auf meine Mühlen" bezeichnete SPD-Fraktionschef Ernesto Harder die Ausführungen Simons. Nachdem nun WCCB und Haus der Bildung eröffnet würden, bestehe bei den anstehenden Entscheidungen zum Festspielhaus, Nordfeld am Bahnhof und Viktoriakarree nun die Möglichkeit, mutig Entscheidungen zu treffen und nicht immer nur Großprojekte zu vertagen. "Dies erwarte ich von der Koalition aus CDU, Grünen und FDP bis zur Sommerpause", sagte Harder.
"Grundsätzlich sind auch wir der Meinung, dass die Stadt derzeit unter ihren Möglichkeiten bleibt und mehr mit ihren Potenzialen wuchern sollte", sagten die Grünen-Fraktionssprecher Peter Finger und Brigitta Poppe. Dazu helfe es allerdings wenig, die Stadt schlechter zu reden als sie sei. Einig sind sie sich mit Simon, dass die Stadt sich nur auf der Grundlage einer soliden Wirtschafts- und Finanzpolitik entwickeln lasse. Das sei aber kein Selbstzweck.
Werner Hümmrich (FDP) sieht die Wirtschaftsförderung wie Simon als "eine zentrale Aufgabe für einen OB". So hätten sich die Liberalen in Sachen Zurich-Versicherung und Haribo einen größeren emotionaleren Einsatz für den Verbleib vorstellen können. Anders als Simon findet Hümmrich das Image Bonns aber gar nicht so schlecht,- "Das beschreibt er mir zu negativ", sagte er.
Bei ga.de und Facebook wurde viel über Simons Gastbeitrag im GA diskutiert. Ein Zweifler sagte, Simon argumentiere aus typischer Wirtschaftssicht. "Wer sich wirklich um Bonn kümmert, muss aber die Bedürfnisse aller Bevölkerungsteile berücksichtigen." Renommierprojekte dürften nicht das Maß aller Dinge sein. "Hier werden mal wieder die üblichen neoliberalen Rezepte verordnet, die die Stadt erst in diese Lage gebracht haben", sagte ein anderer Leser. "Sehr interessante Kopfwäsche besonders für die Alles-Verhinderer, die Bonn in einen Friedhof verwandeln wollen", schrieb eine Leserin.
Ein anderer fürchtete dass die "erstklassigen Gedankenspielereien einfach nicht in den Köpfen traditionell, provinziell eingesessenen Kleinstpolitikern ankommen wollen". Mancher empfiehlt, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen. "Ich schlage Herrn Simon als OB-Kandidaten für Bonn vor", lautete ein Kommentar. "Schade dass man annehmen muss, dass Herrn Simon keiner zuhören wird", meinte Peter Preitz.