Politik widersetzt sich Empfehlung der Bürgerwerkstatt Zukunft des Bonner Viktoriakarree ist ungewiss

Bonn · Wie geht es mit dem Viktoriakarree weiter? CDU, FDP und Linke schließen sich der Empfehlung der Bürgerwerkstatt nicht an. Die Grünen hingegen sehen die Lage anders.

Kein schöner Anblick: Nicht nur an diesem Gebäude in der Rathausgasse sind die Fassaden und Schaufenster beschmiert.

Kein schöner Anblick: Nicht nur an diesem Gebäude in der Rathausgasse sind die Fassaden und Schaufenster beschmiert.

Foto: Benjamin Westhoff

Nach monatelangen Beratungen der Bürgerwerkstatt zum Viktoriakarree und einer einvernehmlichen Empfehlung einer Kommission zur Umsetzung des Vorschlags des Büros skt Umbaukultur wird sich in dem Karree wohl auch in Zukunft nicht viel bewegen: Der Stadtrat hat mit Mehrheit der Stimmen von CDU, FDP und Linken am Donnerstagabend abgelehnt, sich der Empfehlung der Kommission anzuschließen. Die Verwaltung soll jetzt lediglich mit den Eigentümern die Vorschläge erörtern und deren Umsetzbarkeit prüfen.

Die Pläne von skt sehen unter anderem Einzelhandelsflächen, aber auch Wohnungsbau vor. Die Empfehlungskommission hatte zudem vorgeschlagen, das Viktoriabad unter Erhalt der ehemaligen Schwimmhalle für kulturelle Zwecke zu nutzen. Der ursprüngliche Plan der Stadt war, die städtischen Immobilien samt Schwimmbad im Viktoriakarree an den österreichischen Investor Signa zu verkaufen. Signa, selbst Eigentümerin einiger Schlüsselgrundstücke, wollte ein Einkaufszentrum und eine Bibliothek für die Universität errichten. Nachdem der Stadtrat sich jedoch Ende 2015 mit den Stimmen der Opposition und den Grünen einem erfolgreichen Bürgerbegehren der Initiative „Viva Viktoria“ gegen den Verkauf städtischer Flächen angeschlossen hatte, startete ein Jahr später die Bürgerwerkstatt.

Grüne kritisieren Votum ihrer Koalitionspartner

Und die war offensichtlich für die Katz', glaubt zumindest Grünen-Sprecher Hartwig Lohmeyer. Er machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl, dass die beiden Koalitionspartner CDU und FDP sich der Empfehlung am Ende nun doch nicht anschließen wollten: „Ich bedauere sehr, dass dafür keine Mehrheit zustande gekommen ist. Das hätte dazugehört, wenn man die Bürgerwerkstatt ernst nehmen will.“ Es wäre auch für die anstehenden Gespräche mit den Eigentümern sinnvoll gewesen, wenn sich die Stadt dort mit einer klaren inhaltlichen Position aufgestellt hätte, ergänzte Grünen-Sprecherin Brigitta Poppe. Ihr Fraktionskollege Rolf Beu befürchtet eine weitere „Verelendung“ des Viertels. „Wir sind jetzt wieder bei null angekommen“, kritisierte er. Eins sei aber sicher, sind sich die Grünen mit der Opposition einig: Ein Zurück zum Modell Signa werde es nicht geben.

CDU-Planungssprecher Bert Moll bezeichnete in der Sitzung die Vorschläge des Büros skt zwar als „vernünftige Grundlage“, die man aber vor jedweder Beschlussfassung zunächst mit allen Eigentümern besprechen müsse. Als Moll das Gelände des Viktoriakarrees als „bürgerkriegsähnliches“ Areal bezeichnete und diesen Zustand den Gegnern der Signa-Pläne zuschrieb, erntete er heftigen Protest. „Verantwortlich für den Zustand sind nicht wir, das ist vor allem der Eigentümer Signa“, schimpfte Helmut Redeker (SPD). Das Unternehmen lasse die Gebäude verkommen, um die Stadt unter Druck zu setzen, sagte er weiter. Er verwies auf die in der Sitzung von Stadtbaurat Helmut Wiesner vorgetragene Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, die darin mitteilte, sich der Empfehlung der Kommission anzuschließen.

Holger Schmidt (Linke) begründete die Ablehnung seiner Fraktion damit, dass der Entwurf von skt ebenfalls auf einen weitgehenden Abbruch des bisherigen Viertels hinauslaufe. Deshalb hätten die Vertreter aus dem Viktoriakarree – Anwohner und Geschäftsleute – wie die Linken den Entwurf abgelehnt, betonte er. Wie Signa zu den Vorschlägen des Planungsbüros steht, war trotz mehrfacher Anfragen am Freitag nicht zu erfahren.

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