Perspektiven der europäischen Jugendpolitik Zukunftsmodell Europa

Bonn · Wenn Daniel Cohn-Bendit erst einmal loslegt, dann findet der Europa-Abgeordneter der Grünen auch Gehör. 350 Experten der deutschen, europäischen und internationalen Jugendpolitik und Jugendarbeit waren mucksmäuschenstill, als der 68-Jährige mit rauer Stimme verkündete: "Wir brauchen mehr als eine wirtschaftliche Gemeinschaft, wir brauchen eine europäische Idee."

Genau darum war es den Delegierten gegangen: Zwei Tage lang hatten sie im WCCB beim Kongress "Building Tomorrow's Europe" über die Perspektiven für Europas Jugend beraten. Eingeladen hatte die deutsche Nationalagentur Jugend für Europa, die in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag feiert. Jugend, wie die in Bad Godesberg ansässige Agentur liebevoll genannt wird, wollte gemeinsam mit den Profis der Jugendhilfe einen Weg aus dem europäischen Dilemma finden. Denn unstrittig ist durch die Finanzkrise das Vertrauen vieler europäischer Bürger in ihren gemeinsamen Kontinent verloren gegangen.

Auf die Frage, "was ist eigentlich Europa?", erklärte der Leiter der Nationalagentur Hans-Georg Wicke, dass es viele Definitionen dafür gibt - ihm liege aber die einer jungen Bloggerin am Herzen, die geschrieben hatte: "Europa ist die coolste Idee überhaupt!" Was für die einen cool ist, scheint für viele andere in Klotz am Bein. Dabei bieten verschiedene europäische Förderprogramme wie Jugend in Aktion, Erasmus oder Comenius vielfältige Möglichkeiten, einen Schritt ins Ausland zu unternehmen. Diese Programme sollen vor allem unter dem Lern-Aspekt ausgebaut werden, betonten die Kongressteilnehmer. Dann können auch Europamuffel "gemeinsam eine faszinierende Perspektive für die Zukunft zu entwickeln", wie Cohn-Bendit das nennt.

Unstrittig, so die Erkenntnisse der versammelten Experten aus 27 Ländern sei, dass immer mehr junge Menschen ihre Leidenschaft für europäische Ideale wie Friede, Völkerverständigung und Lernmöglichkeiten entdecken. Das Zauberwort des Kongresses hieß denn auch Mobilität. Gemeint ist die Bereitschaft junger Menschen, die heimatliche Scholle für eine begrenzte Zeit zu verlassen und den eigenen Horizont zu öffnen. Das betonte auch Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes NRW. Eine der positiven Begleiterscheinungen des zusammenwachsenden Europas sei "die Freiheit zu entscheiden, wo und wie man leben will." Wer diesen Schritt gewagt hat, dem steht Europa offen. Die Chancen, gerade auch für so genannte benachteiligte Jugendliche aus ärmeren Bevölkerungsschichten nach einem Auslandsaufenthalt steigen in vielerlei Hinsicht. Wer einmal gewagt hat, ein paar Monate oder gar ein Jahr im europäischen Ausland zu lernen, zu studieren oder zu arbeiten, der wird ziemlich sicher eher einen Job finden.

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