Haribo in Bonn Zum Tod von Hans Riegel - Trauer um den Herrn der Goldbären

BONN · Als sich Dienstagmittag bei Haribo die Nachricht verbreitete, dass Hans Riegel gestorben ist, standen etlichen Mitarbeitern die Tränen in den Augen. Der 90-Jährige war für viele weit mehr als ein normaler Chef. Er war das Oberhaupt der Haribo-Familie. Auch im hohen Alter galt er noch als der Entscheider im Bonner Gummibärchen-Imperium.

Der Tod durch Herzversagen kam für die Mitarbeiter unerwartet. Zwar hatte Riegels Gesundheitszustand im Sommer bereits zu Schlagzeilen geführt, da er sich einen gutartigen Hirntumor entfernen lassen musste. Doch die Operation galt als erfolgreich. Riegel, so hieß es, befand sich in der Rehabilitation auf einem guten Weg der Genesung.

Es gibt nur ganz wenige Unternehmer, die ihrer Firma derart kräftig den Stempel aufdrückt haben, wie Riegel es tat. Er hinterlässt ein streng gehütetes Geheimrezept für das berühmteste Produkt des Unternehmens - den Goldbären. Gummibärchen sind immer noch Kinderträume in Tüten, Belohnung beim Kinderarzt, Verkürzung der Reisezeit in den Urlaub. Bis zuletzt entwickelte Riegel neue Produkte. Bei Haribo werden ihm die jüngsten unternehmerischen Erfolge des "Fruity Cocktail", der "Pandas" und von "Happy Cola gefüllt" persönlich zugeschrieben.

Westerwelle verneigt sich

Außenminister Guido Westerwelle sagte: "Ich verneige mich vor der Lebensleistung des großen Bonners Hans Riegel: als erfolgreicher, global agierender Unternehmer, Arbeitgeber mit Gefühl für Verantwortung für Tausende Mitarbeiter, aber auch ein Bonner mit Herz und rheinischer Frohnatur." Riegel habe Haribo in Jahrzehnten harter Arbeit, mit großartigen Produkten und pfiffigem Marketing buchstäblich zu einer deutschen Weltmarke gemacht.

Nach dem zweiten Weltkrieg hatte der promovierte Wirtschaftswissenschaftler zusammen mit seinem Bruder Paul den schwierigen Wiederaufbau der Firma gemeistert. Die Brüder teilten sich die Aufgaben. Hans Riegel war für die kaufmännischen Belange zuständig, der jüngere Bruder Paul für die technische Leitung.

"Ich liebe Kinder. Sie sind meine Kunden. Ich muss darüber informiert sein, was sie naschen wollen, was sie denken, welche Sprache sie sprechen", sagte Riegel einmal. Deshalb war ihm der regelmäßige Kontakt zu jungen Menschen, insbesondere zu den Auszubildenden seines Unternehmens, eine Herzensangelegenheit.

Für sein soziales Engagement und die Verdienste bei der Förderung des Sports wurde Riegel bereits 1994 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Die zur Arbeit notwendige Fitness erarbeitete er sich beim täglichen Training, das er bis ins hohe Alter absolvierte. Bis zuletzt verlängerte er regelmäßig seine Lizenz als Hubschrauberpilot. "Man muss seinem Körper halt was abverlangen" lautet sein Motto.

Auszeichnungen für Hans Riegel

Im Mai 2010 wurde Hans Riegel in die französische Ehrenlegion, die "Légion d'Honneur" aufgenommen. Damit erhielt er eine Auszeichnung, die nur wenige Nicht-Franzosen bekommen. Die durch Kaiser Napoléon ins Leben gerufene Auszeichnung, ist die in Frankreich höchste verliehene Anerkennung militärischen Ursprungs. Haribo unterhält mehrere Werke in Frankreich.

[kein Linktext vorhanden]Riegel lenkte 67 Jahre lang die Geschicke des Unternehmens und war damit der älteste diensthabende Geschäftsführer Deutschlands. Für den Geschäftserfolg war diese Kontinuität wohl mitverantwortlich: Der Werbespruch "Haribo macht Kinder froh" existiert seit den 30er Jahren. In seiner erweiterten Form ("und Erwachsene ebenso") seit 1960. Legendär ist ebenso die geschäftliche Partnerschaft und persönliche Freundschaft mit Thomas Gottschalk, der den Werbeauftritt von Haribo seit 23 Jahren prägt.

"Hans Riegel war eine Unternehmerpersönlichkeit, wie es sie heute nur noch wenige gibt", würdigte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer den verstorbenen Unternehmer. Den väterlichen Hinterhofbetrieb habe er zu einem internationalen Konzern entwickelt. "Er war ein Vollblutunternehmer mit einer sozialen Ader", so Dreyer.

Doch der Seniorchef hatte auch eine andere Seite: Der passionierte Jäger regierte sein Unternehmen mit eiserner Hand. Als legendär gilt die persönliche Ausgabe der Post an seine Führungskräfte am Morgen mit Dienstanweisungen. Beim harten Führungsstil blieben einige leitende Mitarbeiter des Unternehmens auf der Strecke oder warfen das Handtuch. Die Führungsfrage bei dem weltweit erfolgreichen Bonner Konzern war auch immer wieder Gegenstand von Machtkämpfen. Ein Sohn Paul Riegels verließ im Streit das Unternehmen: Hans-Jürgen Riegel, damals Leiter des Frankreich-Geschäftes, galt eigentlich als Kronprinz.

Nicht mehr Allein-Herrscher

Seit dem Tod seines Bruders im Jahr 2009 führte Hans Riegel das Unternehmen nicht mehr allein. Gemeinsam mit seinen Neffen Hans Arndt Riegel und Hans Guido Riegel errichtete er eine neue Eigentümer- und Holdingstruktur.

[kein Linktext vorhanden]Die Nachfolge des kinderlosen Firmenpatriarchen ist über eine Familienstiftung geregelt. Riegels hälftiger Anteil geht in eine Privatstiftung, die den Fortbestand des Konzerns sichern soll. Die Stiftung ist im steuerlich attraktiven Österreich angesiedelt. In Hieflau in der Steiermark hatte Riegel seit Langem ein Landgut mit Jagd. Bereits seit 1991 besaß er auch einen österreichischen Pass.

Jahrelang hatte Riegel die Politik in Bonn mit Umzugsplänen in Atem gehalten. Knapp vier Wochen vor seinem Tod machte er Ernst: 2014 will das Unternehmen ein Grundstück im Innovationspark auf der Grafschaft kaufen. 2015 könnten die Hallen stehen. Als erstes soll am neuen Standort ein Logistik-Zentrum errichtet werden. Firmensitz und Produktion in der Kessenicher Zentrale sollen von diesen Plänen unberührt bleiben.

1947 hatte Riegel seinen Doktortitel mit einer Arbeit über "Die Entwicklung der Weltzuckerwirtschaft während und nach dem Zweiten Weltkrieg" erworben. Der Geschichte der deutschen Süßwarenindustrie hat er selbst ein langes, schillerndes und erfolgreiches Kapitel hinzugefügt.

So reagierte das Netz auf die traurige Nachricht:

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