Festspielhausprojekt in Bonn Zwischen Triumph und Trauer

BONN · Wenn Post-Chef Frank Appel mangelnde Geschlossenheit beim Festspielhausprojekt kritisiert, zielt das vor allem auf den Bonner Stadtrat. Zwar hatte dort eine breite Mehrheit einen Grundsatzbeschluss für das Konzerthaus gefasst - unter der Bedingung, dass der Neubau privat finanziert werden und der Betrieb den Stadthaushalt nicht belasten sollte. Doch es gab auch Widerstand.

 Außen- und Innenansichten: Der Entwurf des Büros kadawittfeld erinnert an eine Muschel.

Außen- und Innenansichten: Der Entwurf des Büros kadawittfeld erinnert an eine Muschel.

Foto: Deutsche Post

Während sich alle Befürworter gestern bei der Post für ihr Engagement bedankten, jubelten die Festspielhaus-Gegner im Rat. "Die gebetsmühlenhaften Beteuerungen, dass die Stadt für die zu erwartenden Defizite nicht geradestehen müsste, waren unglaubwürdig", erklärte Jürgen Repschläger von der Linksfraktion. Kein Konzertsaal dieser Größe komme ohne öffentliche Zuschüsse aus.

Die Piraten betonten erneut ihre Zweifel an der Belastbarkeit des Businessplans, der im Post-Auftrag erstellt worden war. Auch für die Grünen war Appels Entscheidung "eine gute Nachricht". "Das finanzielle Risiko des Festspielhauses war in Anbetracht der Bonner Haushaltsprobleme und drastischer Sparmaßnahmen nicht zu verantworten", betonten die Fraktionssprecher Brigitte Poppe und Peter Finger.

Die Grünen hatten im Rat erfolgreich beantragt, den Businessplan durch ein Gutachten prüfen zu lassen. Die Beraterfirma actori kam zu einer deutlich skeptischeren Einschätzung als die Businessplan-Autoren: Sie rechnete mit einem jährlichen Defizit von 2,3 Millionen Euro, das sich im schlimmsten Fall bis 2030 auf rund 5 Millionen Euro steigern könne. Laut actori waren im Businessplan zum Beispiel zu geringe Personalkosten, zu hohe Eintrittspreise und eine zu niedrige Instandhaltungsrücklage kalkuliert.

Die CDU-Fraktion bedauerte den Ausstieg der Post, wies Appels Kritik aber zurück. Mit dem Ja zur Gründung der Betriebsstiftung sei man bereit gewesen, am Donnerstag gemeinsam mit FDP und SPD den Weg für das Konzerthaus freizumachen, erklärte Fraktionschef Klaus-Peter Gilles. Hundertprozentige Zustimmung sei in einem Stadtrat für kein Projekt zu erwarten. Jetzt müsse Bonn mit dem Umbau der Beethovenhalle den "Plan B" umsetzen.

Gilles begrüßte Appels Ankündigung, dass die Post sich weiter für das Beethoven-Jubiläum engagieren wolle. "Wir würden uns freuen, wenn sowohl die Post als auch die privaten Initiativen, die sich an der Festspielhaus-Finanzierung beteiligen wollten, den Plan B unterstützen würden", so Gilles.

Bonn habe eine "unwiederbringliche Chance" verpasst

Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Werner Hümmrich will mit der Post im Gespräch bleiben. "Vielleicht muss man über den Abriss der Beethovenhalle neu nachdenken, um an dieser Stelle ein Konzerthaus zu bauen, das dem größten Sohn unserer Stadt gerecht wird", sagte der Kommunalpolitiker. Bonn habe eine "unwiederbringliche Chance" verpasst. Die FDP bedauere, dass die "Agitation der Festspielhausgegner" verfangen habe.

Die SPD, entschiedene Befürworterin des Projektes, äußerte tiefes Bedauern. Der Rückzug der Post müsse "jeden nachdenklich stimmen, der ein Auge auf die politische Diskussionskultur in Bonn hat", warnte die Fraktionsvorsitzende Bärbel Richter. Ihr Ko-Vorsitzender Ernesto Harder ergänzte: "Daran sieht man, wie weit es kommen kann in einer Stadt, die eigentlich alles Potenzial für Bewegung und Wandel hätte."

Der Bürger Bund Bonn (BBB) wertet den Fall als Alarmzeichen: "Wenn die Stadt weiter so stümperhaft mit den Bonner Großunternehmen umgeht, dürfen wir von ihnen in Zukunft keine Unterstützung mehr erwarten", erklärte der Fraktionsvorsitzende Bernhard Wimmer. Er warf Oberbürgermeister Nimptsch vor, das Projekt nicht zur Chefsache gemacht zu haben.

"Das Festspielhaus-Projekt ist so viele Jahre in den städtischen Gremien mit Absicht zerredet worden - da kann es nicht verwundern, dass auch der letzte Großsponsor das Handtuch wirft", kritisierte der Landtagsabgeordnete Bernhard von Grünberg (SPD). Viele Bonner hätten sich für das Konzerthaus eingesetzt: Vor allem die Grünen müssten sich fragen lassen, wie ihre bürgerschaftlichen Ideale zu "ihrer kampagnenhaften Gegnerschaft zu dem Projekt" passten.

Enttäuschung auch beim Rhein-Sieg-Kreis: "Ich bedaure sehr, dass die Post sich aus dem Vorhaben zurückzieht. Dadurch ist eine große Chance für die gesamte Region vertan worden", unterstrich Landrat Sebastian Schuster. Der Kreis hatte das Festspielhaus über Jahre unterstützt und für die Betriebsstiftung einen Betrag von drei Millionen Euro vorgesehen.

"Ludwig van Beethoven und seine Musik sind für Bonn und den Kreis etwas ganz Besonderes - eine Weltmarke direkt vor der Haustür, die es zu nutzen gilt." Die Region müsse nun gemeinsame Konzepte entwickeln, um das Erbe Beethovens angemessen zu pflegen.

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