Integration Stadt wirbt für sich unter Migranten

BONN · Mehr Beschäftigte mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst fordert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und sieht in Deutschland großen Nachholbedarf. Wie sieht es in Bonner Behörden aus? Eine Bilanz.

 Die Stadt Bonn hat viele Mitarbeiter und Auszubildende mit Migrationshintergrund.

Die Stadt Bonn hat viele Mitarbeiter und Auszubildende mit Migrationshintergrund.

Foto: Roland Kohls
  • Bei der Bonner Stadtverwaltung ist ein starker Anstieg beim Anteil der Auszubildenden mit Migrationshintergrund zu beobachten. Waren es 2008 noch knapp neun Prozent, so lag er im Folgejahr schon bei 22,37 Prozent und im vergangenen Jahr bereits bei 26,23 Prozent, wie Elke Palm vom Presseamt mitteilte. Unter den 4471 tariflich Beschäftigten haben 831 einen Migrationshintergrund, das sind 18,6 Prozent. Von den 1617 Beamten sind es lediglich 40, die ausländische Wurzeln haben: knapp 2,5 Prozent.
  • "Das Ziel der Verwaltung ist es, den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund auf allen Ebenen und in allen Bereichen zu erhöhen", sagte Palm. "Dies erfolgt über die positive Entwicklung bei der Zahl der Auszubildenden mit Migrationshintergrund und auf dem Wege der öffentlichen Stellenausschreibungen, bei denen dieses Ziel ausdrücklich berücksichtigt wird." Außerdem informieren die Stabsstelle Integration und das Personalamt der Stadt Bonn regelmäßig über Ausbildungsmöglichkeiten und werben bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Rahmen der Aktion "Komm zur Stadt".
  • Die Bundeszentrale für politische Bildung erhebt keine Daten zum Migrationshintergrund ihrer Beschäftigten, so Daniel Kraft, Leiter Stabsstelle Kommunikation. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz dürften besonders sensible personenbezogene Daten nicht erfasst werden, dazu gehörte etwa auch die ethnische Zugehörigkeit. Daher werde das Merkmal des Migrationshintergrunds bei Stellenbesetzungsverfahren nicht erhoben. Kraft: "Kenntnisse darüber, dass es in der bpb eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund gibt, beruhen darauf, dass wir mit rund 200 Beschäftigten eine kleine Behörde sind und man sich untereinander kennt."
  • Das Bundeskartellamt (BKartA) beschäftigt derzeit 15 Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, teilte Martina Parulava mit. Insgesamt arbeiten 320 Menschen in der Behörde. "Es gibt keine Migrationsquote, und es wird kein bestimmter Beschäftigungsanteil angestrebt. Das BKartA ist aber grundsätzlich offen für Bewerber mit Migrationshintergrund, soweit sie für eine Tätigkeit im BKartA die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung besitzen."
  • Ähnlich äußerte sich Felix Reifschneider vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): "Bislang haben wir keine Daten zu Personen im BMZ mit Migrationshintergrund, und wir dürfen diese auch nicht abfragen." Allerdings werde sich das BMZ unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben neben einigen anderen Ressorts an einem von der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie dem BMI angestrebten Pilotprojekt zur statistischen Erfassung des Migrationshintergrunds von Beschäftigten im Wege einer freiwilligen Abfrage beteiligen, hieß es.
  • Konkrete Zahlen über Beschäftigte mit Migrationshintergrund im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann Pressesprecher Maik Pommer zwar nicht nennen. "Aber als europaweit tätige Gesundheitsbehörde begrüßen wir Bewerbungen von Menschen aller Nationalitäten ausdrücklich. Dass eine Vielzahl unserer 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zum Beispiel in internationalen Zulassungs- und Forschungsprojekten arbeiten, einen Migrationshintergrund haben, ist für uns längst selbstverständlich", sagte Pommer.
  • Die Herkunft eines Bewerber sei bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht relevant, sagte Sven Gebauer. Es gebe auch keine Differenzierung zwischen "Deutsch und Nicht-Deutsch". Maßgeblich für die Einstellung seien bestimmte Qualifikationen wie etwa ein bestimmter Studienabschluss oder die dort erzielten Noten. "Insofern gibt es auch keine entsprechenden Statistiken und auch keine angestrebte Quote zu Personal mit Migrationshintergrund."
  • Eine Aufschlüsselung nach Nationalität oder Migrationshintergrund sei beim Polizeipräsidium Bonn aus "beamtenrechtlichen und datenschutzrechtlichen Gründen" nicht zulässig, so Christoph Schnur. Allerdings sei seit 2010 der prozentuale Anteil bei den Einstellungen bei der Polizei landesweit zweistellig. Innenminister Ralf Jäger betonte kürzlich bei einem Pressetermin in Duisburg, dass die NRW-Polizei den Anteil an Beamten mit Migrationshintergrund weiter erhöhen wolle und deshalb gezielt um sie werbe.
  • "Menschen mit Zuwanderungsgeschichte besitzen durch ihre Sprachkenntnisse und kulturellen Hintergründe besondere Kompetenzen. Deswegen setzen wir verstärkt auf diese jungen Leute", erläuterte der Minister. 2012 wurden laut Jäger 161 Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund eingestellt. Das waren mehr als elf Prozent.
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