Uni Bonn Studenten stoßen bei Grabung in Poppelsdorf zufällig auf Relikte aus der Römerzeit

bonn · Einen Volltreffer haben Archäologen der Universität Bonn mit einer Lehrgrabung gelandet: Auf dem neuen Campus Poppelsdorf der zurzeit für Bauarbeiten hergerichtet wird, fanden Studenten und Wissenschaftler Reste eines römischen Umgangstempels aus der Zeit um 100 nach Christus.

 Die Archäologen dokumentierten die Ausgrabung minutiös. Im Hintergrund ist die Abteilungsbibliothek für Medizin, Naturwissenschaften und Landbau am Campus Poppelsdorf zu erkennen.

Die Archäologen dokumentierten die Ausgrabung minutiös. Im Hintergrund ist die Abteilungsbibliothek für Medizin, Naturwissenschaften und Landbau am Campus Poppelsdorf zu erkennen.

Foto: Mania/Uni Bonn

"Der charakteristische Grundriss der angeordneten Steine gab uns den Hinweis darauf, dass es sich dabei um das Fundament eines sogenannten gallo-römischen Umgangstempels handelt", sagt Grabungsleiter Frank Rumscheid, Professor für Klassische Archäologie der Uni Bonn.

Die Wissenschaftler hatten von einer vorhergehenden Grabung durch eine Auftragsfirma den Hinweis, dass dort irgendein Fundament im Untergrund vorhanden sei. Die Grabung, an der im März und April neun Studenten teilnahmen, war vor allem als Lehrveranstaltung zur Vermittlung archäologischer Feldmethoden gedacht. Doch dann legte das Team eine kleine Sensation frei: Im ockerbraunen Lößlehm der hundertjährigen Versuchsflächen zeichneten sich deutlich zwei nahezu quadratische Fundamente aus losen, weißen und grauen Steinen ab.

Wie dir Forscher berichten, trug das innere Fundament einst einen Raum mit einer Tür. Drumherum befand sich vermutlich ein niedrigerer, überdachter, mit zweckentfremdeten Dachziegeln gepflasterter Umgang, dessen Stützen auf dem äußeren rechteckigen Fundament ruhten.

Das zeigt nach Ansicht der Archöäologen, dass der Tempel etwa 6,75 Meter breit und rund 7,5 Meter lang war. "Da außer dem Fundament aus kleineren, in den Lehm gesteckten Steinen bei der Grabung kein weiteres Material der aufgehenden Wände gefunden wurde, war der Tempel wahrscheinlich aus vergänglichen Baustoffen, wie Holz und Lehm, errichtet", berichtet Ulrich Mania, ebenfalls Uni-Archäologe. Die weiteren Funde - etwa Dachziegel, Eisennägel und vor allem Tonscherben - haben Parallelen in der Zeit vom späteren ersten bis früheren zweiten Jahrhundert nach Christus. Welcher Gottheit der Tempel geweiht war, ließ sich sich nach Angaben Rumscheids nicht erkennen.

Die Entdeckung in Poppelsdorf ist laut Rumscheid eine regionale Rarität. Zuvor wurde im Bonner Stadtgebiet nur ein einziger weiterer gallo-römischer Umgangstempel entdeckt. Bei Grabungen im Jahr 2006 wurden im Zuge der Errichtung des neuen WCCB-Kongresszentrums im ehemaligen Regierungsviertel Reste einer römischen Siedlung gefunden, darunter auch ein Tempel mit einem Grundriss von etwa 10 mal 10 Metern. Kurz nach der Zeitenwende hatten die Römer weiter nördlich ein Legionslager errichtet, das heute noch im Stadtteilnamen "Bonn-Castell" seinen Niederschlag findet.

"Auffällig ist, dass der nun auf dem Campus Poppelsdorf gefundene Tempel verglichen mit dem Militärlager und der römischen Siedlung ein ganzes Stück weiter entfernt vom Rheinufer lag", stellt Rumscheid fest. Der Tempel könnte deshalb entweder zu einem etwas außerhalb gelegenen Landgut (Villa rustica) oder zu einem Heiligtum mit möglicherweise weiteren Bauten gehört haben.

Nach der Sicherstellung und Dokumentation der Baureste und Funde wurde die Grabungsfläche wieder zugeschüttet. "Für einen wissenschaftlich fundierten Nachbau des Tempels reichten die erhaltenen Reste nicht aus", erklärt Rumscheid. Außerdem mussten die Forscher vorsorgen, dass niemand in die Grabungsfläche stürzen und sich verletzen kann.

"Es lohnt sich auf alle Fälle, auf dem Campus Poppelsdorf weiter zu graben", ist sich Rumscheid sicher. Er will gemeinsam mit seinen Kollegen der Klassischen und Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie auf dem Gelände weitere wissenschaftliche Projekte in Angriff nehmen und damit vor allem die römische Vergangenheit Bonns weiter rekonstruieren. "Unser Bild ist immer noch lückenhaft", sagt der Archäologe.

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