Täglich Politik und Musik

Bundestagskandidaten im Porträt: Stephan Eisel (CDU) spielt den Nachrücker-Blues - und muss das Direktmandat holen

Bonn. Politik und Musik heißt ein Buch von Stephan Eisel, das sich mit Zensur und politischem Missbrauch beschäftigt. Politik und Musik könnte auch seine Autobiografie heißen. Der Bonner CDU-Abgeordnete, der vor zwei Jahren über die Landesliste in den Bundestag nachrückte, weiß beide Leidenschaften zu verbinden.

Musik und Politik gehörten schon früh zu seinem Leben. Der heute 54 Jahre alte Eisel wuchs als ältestes von fünf Kindern in der pfälzischen 5000-Seelen-Gemeinde Dahn auf. Der musikbegeisterte Vater sorgte dafür, dass jedes Kind zwei Instrumente lernte. Eisel spielte Querflöte und Klavier.

Mit 17 trat Eisel in die CDU ein, den Ausschlag gab der Brandt-Wahlkampf und ein VW-Bus mit der Aufschrift "Jesus würde Willy wählen". Das C der CDU ist für den ehemaligen Messdiener weit mehr als "irgendein Label", das christliche Menschenbild Grundlage für politische Entscheidungen. Der Vater, selbst Vorsitzender des heimischen CDU-Gemeindeverbandes, ermunterte seinen Sohn zum Widerspruch.

Der Student aus der Pfalz kam über den Umweg Marburg nach Bonn, als er zum Bundesvorsitzenden des Rings Christlich Demokratischer Studenten gewählt wurde. Seit 15 Jahren wohnen Eisel und seine Frau in einem Reihenhaus in Holzlar. Schon der üppige Hibiskus im Vorgärtchen zeugt von ihrem grünen Daumen. Eisel lebt hier gerne.

Die Liste seiner Mitgliedschaften in Organisationen und Vereinen umfasst 29 Posten, darunter nicht nur die Bürger für Beethoven und die Deutsch-Polnische Gesellschaft, sondern auch der Bürgerverein Kohlkaul. Dort kellnert der Politiker einmal im Jahr bei der Holzlarer Kirmes. "Es gibt schon Leute, die scheuchen mich, statt fünf Kölsch auf einmal zu bestellen."

Bürgernähe - ob nun im Internet, bei den Sprechstunden im Wahlkreisbüro oder beim Plakate kleben auf der Straße - ist für ihn das beste Mittel, um Klischees entgegen zu wirken. Er wirbt: Für Bonn im Bundestag. Die Sitzungswochen in Berlin sind da wie ein Doppelleben: viel Papier, viele Lobbyisten, Stunden in Sitzungen.

Zur PersonDr. Stephan Eisel, geboren 1955 in Landau in der Pfalz, hat Politische Wissenschaft, Neuere Geschichte und Musikwissenschaft in Marburg und Bonn studiert. Er war unter Helmut Kohl neun Jahre Angestellter im Bundeskanzleramt und arbeitet von 1992 bis 2007 in der Konrad-Adenauer-Stiftung, zuletzt als Leiter der Hauptabteilung politische Bildung. Eisel ist seit 1985 mit Christina Albrecht-Eisel verheiratet, Diplom-Übersetzerin für Türkisch und Indonesisch.

Die Musik ist kein Hobby, sondern innerer Ausgleich. Und sie verbindet sich immer wieder mit der Politik. Über Eisels Klavier im Wohnzimmer hängt ein Autograf mit den ersten Takten eines Kyrie, den Sergius Celibidache ihm gewidmet hat. Eisel hatte den Dirigenten kennengelernt, als er im Auftrag von Helmut Kohl die Musik für den Staatsakt zu 40 Jahren Bundesrepublik in der Beethovenhalle vorbereitete.

Eisel selbst spielt alles, von Bach bis zur Jazz -Improvisation, seit er 16 ist auch als Keyboarder in Bands. Die letzte hieß "Roaring silence". "Ich gebe zu, dass ich nur noch die Sachen mache, für die ich nicht üben muss", sagt er. Das sind Sachen, für die andere viel üben müssen. Als Glück empfindet es Eisel, dem Kulturausschuss des Bundestages anzugehören. "Mein Herz schlägt aber bei den allermeisten politischen Themen schneller. Außenpolitik, Europa, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit, ethische Fragen."

"Politik und Musik" steht auch für die komische Seite des Stephan Eisel. Gerade hat er unter diesem Titel eine CD rausgebracht, den Live-Mitschnitt eines Benefizkonzerts im Beethoven-Haus. Der begeisterte Karnevalist braucht nur wenige Takte, um überzuleiten von Beethovens Götterfunken zu "Ich bin ene Räuber".

Die Moderationen des Politikers, der nach 30 Jahren im Rheinland immer noch mit pfälzischem Einschlag spricht, haben zwar durchaus Selbstironie. Überzeugend sind vor allem seine Klavierstücke wie die "Sinfonia politica", die so jazzig leicht daherkommen, aber manch musikalische Gemeinheit enthalten.

So klingt im Nachspiel zur Koalitionssonate eine scheinbar unschuldig Melodie durch: Gangster Mackie aus der Dreigroschenoper wetzt die Messer. Auf den Nachrücker-Blues folgt der MdB-Stomp, ein - trotz einiger Dissonanzen - optimistisches und fröhliches Stück. Eisel muss das Direktmandat holen, wenn er es weiter spielen will.

Kurz gefragtWorüber können Sie lachen?

Stephan Eisel: Am besten über spontane Witze und auch über mich selbst

Was machen Sie, um mal abzuschalten?

Eisel: Klavier spielen

Kochen Sie? Und was?

Eisel: Ja! Beliebt ist mein Toast mit Äpfeln, Zwiebeln und Roastbeef und Torte Romanoff mit Hackfleisch und Roquefort.

Was lesen Sie gerade?

Eisel: Leider gerade zu viel politisches Zeug. Mein letztes Buch war "Der Chinese" von Henning Mankel.

Was würden Sie gerne besser können?

Eisel: Geduldiger sein.

Wohin wollten Sie immer schon mal reisen?

Eisel: An viele Plätze. Ein ganz irrealistischer Traum ist ein Flug ins All.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort