Telekom-Datenklau: Callcenter-Mitarbeiter angeklagt

49-Jähriger soll die Telekom mit gestohlenen Kundendaten erpresst haben

Telekom-Datenklau: Callcenter-Mitarbeiter angeklagt
Foto: dpa

Bonn. Er ist Justizangaben zufolge ein wichtiger, ja brisanter Zeuge im Skandal um den Diebstahl und Handel mit Kundendaten der Deutschen Telekom.

Als Mitarbeiter eines Callcenters in Bremerhaven, in dem Datenbanken im großen Stil verschoben worden sein sollen, machte der 49-Jährige gelernte Elektroingenieur im August 2008 in der NDR-Sendung "Kriminalreport" die Machenschaften öffentlich und prangerte an, dass die Telekom darüber bereits 2007 informiert gewesen sei. Doch der Mann, der sich als Aufklärer sieht, sitzt demnächst selbst auf der Anklagebank: Die Bonner Staatsanwaltschaft hat ihn wegen gewerbsmäßiger versuchter Erpressung der Telekom angeklagt - mit eben diesen gestohlenen Kundendaten.

Nur wenige Tage nach Ausstrahlung der NDR-Sendung, die das Sicherheitssystem der Telekom nach der gerade erst im Mai bekannt gewordenen Bespitzelungsaffäre erneut auf den Prüfstand stellte, soll der 49-Jährige den Erpressungsversuch gestartet haben: Am 25. August schickte er laut Anklage die erste E-Mail an einen Mitarbeiter aus dem Sicherheitsbereich des Bonner Konzerns: Er sei im Besitz brisanter Datensätze des Unternehmens. Zum Beweis dafür, dass er nicht bluffte, schickte er einen Anhang mit Telekom-Kundendaten mit.

In dem Schreiben soll er die Telekom vor die Wahl gestellt haben: Entweder er schicke die Daten an die Telekom oder an die Medien. Das Unternehmen habe 72 Stunden Bedenkzeit. Auf die Antwort der Telekom, man habe Interesse an den Daten, forderte er das Unternehmen auf, ein passendes Angebot abzugeben. Und drohte laut Anklage: Für den Fall, dass das Angebot nicht passe, erhalte die Presse die Daten. Als die Telekom ihm kein Angebot machte, schrieb er am nächsten Tag erneut und verlangte, man soll ihm eine Summe nennen.

Neue Datenpanne Rund 500 Kundendaten waren vergangene Woche tagelang über einen Internet-Link für jedermann verfügbar. Das bestätigte am Dienstag ein Sprecher der Telekom auf Anfrage. Es habe sich ursprünglich um einen Link gehandelt, der Neukunden die Anmeldung erleichtern sollte. Das Nachrichtenmagazin Stern habe die Datenpanne entdeckt und auch als einzige genutzt, so der Sprecher. Als die Telekom am Freitag damit konfrontiert worden sei, sei die Sicherheitslücke sofort geschlossen worden.Und tags drauf soll er erneut gedroht haben, wenn das Unternehmen nicht reagiere, gingen die Daten an die Medien. Doch da hatte die Telekom bereits die Bonner Staatsanwaltschaft eingeschaltet, und als der 49-Jährige am 29. August 2008 dem Konzern gerade eine weitere E-Mail schicken wollte, standen Ermittler aus Bonn plötzlich vor ihm in seinem Wohncontainer bei Cuxhaven und nahmen ihn fest.

Der ermittelnde Bonner Staatsanwalt hatte den 49-Jährigen über dessen Computer ausfindig gemacht. Die Beteuerungen des Mannes, es sei ihm nicht um Geld gegangen, er habe nur den Missbrauch öffentlich machen wollen, glaubt ihm der Staatsanwalt nicht. Im März beschäftigt der Fall das Bonner Amtsgericht, und in dem Prozess wird wohl erstmals das Sicherheitssystem der Telekom öffentlich erörtert werden. Justizangaben zufolge hat sich mittlerweile bestätigt, dass die Telekom bereits 2007 über den Datendiebstahl informiert war.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort