Textilien in der fünften Generation

Es gibt nur wenige Familienunternehmen, an denen sich der Wandel eines Ortsteils so gut nachverfolgen lässt: Textil Rühlmann ist ein Stück Poppelsdorfer Orts- und Wirtschaftsgeschichte.

Poppelsdorf. Es gibt nur wenige Familienunternehmen, an denen sich der Wandel eines Ortsteils so gut nachverfolgen lässt wie bei Textil Rühlmann: Das Geschäft ist ein Stück Poppelsdorfer Orts- und Wirtschaftsgeschichte. Es wird heute von Cäcilie Rühlmann in der fünften Generation geführt und feiert im Oktober 150. Geburtstag.

Den Anfang machte 1861 Gertrud Jansen. Sie gründete ein "Geschäft für Kurz-, Weiß- und Wollwaren" im Haus ihres Vaters in der Clemens-August-Straße 56, wo sich damals auch dessen Maschinenschlosserei befand. Schnell erwarb sich die Geschäftsfrau in Poppelsdorf einen guten Ruf, und schon bald war sie bei den Leuten unter dem Namen "Jansens Drückge" bekannt, wobei es sich um eine rheinische Verniedlichungsform des Vornamens "Gertrud" handelt. 1875 erfolgte der Umzug in die Clemens-August-Straße 44, direkt an der Ecke zur Kekuléstraße.

Als Gertrud Jansen 1907 starb, erbten ihr Neffe Josef Krake und seine Frau Agnes das Geschäft. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes 1918 gelang es Agnes Krake gemeinsam mit ihrer Tochter Maria, den Laden trotz aller Widrigkeiten sicher durch die schweren Inflationsjahre nach dem Ersten Weltkrieg zu bringen. Der Aufschwung der 1930er Jahre fand jedoch mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges ein jähes Ende. 1943 wurde das Geschäft sogar ganz geschlossen und Maria Krake zum Dienst in einer Munitionsfabrik verpflichtet.

1945 wurde der Betrieb an selber Stelle wieder aufgenommen, allerdings mit völlig anderem Inventar. Das Angebot bestand jetzt überwiegend aus Holzspielzeug für Kinder und amerikanischen Armeeschlafdecken. Textilien konnten erst wieder verkauft werden, als es dafür nach der Währungsreform neue Lieferanten gab.

Der Sohn von Maria Krake, Hans Rühlmann, übernahm das Geschäft 1951 zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Maria hieß. 1979 musste der Laden dann seinen seit mehr als 100 Jahren angestammten Platz auf Grund der Ortssanierung in Poppelsdorf räumen. "Als das Schreiben von der Stadt kam, dass die komplette Häuserzeile an der Clemens-August-Straße abgerissen wird, war das schrecklich für meine Eltern", erinnert sich die heutige Inhaberin Cäcilie Rühlmann.

Doch 1982 wurde das Geschäft unter dem Namen "Textil Rühlmann" nicht weit entfernt in der Clemens-August-Straße 48 an der Ecke zur Sebastianstraße neu eröffnet. Anstelle der an Krebs erkrankten Mutter unterstützte nun Cäcilie Rühlmann ihren Vater. Leider wurde ihre Mutter nicht wieder gesund, und auch ihr Vater starb Anfang 2002 kurz nach dem 140-jährigen Bestehen des Familienunternehmens.

Cäcilia Rühlmann half von klein auf im Geschäft mit und begleitete ihre Eltern schon mit 16 regelmäßig beim Einkauf neuer Ware, um sie in Sachen "Junger Geschmack" zu beraten. Sie absolvierte ab 1972 ihre Ausbildung zur Kauffrau bei Leffers in Bonn und machte schon nach zwei Jahren und drei Monaten erfolgreich ihre Abschlussprüfung. Eigentlich wollte sie danach im öffentlichen Dienst weiterarbeiten, wobei sie erst für die Bundeskasse Bonn und später für das Studentenwerk tätig war, doch es kam anders.

"Für mich war es keine Frage, dass ich den Familienbetrieb weiterführe. Ich tue das mit viel Stolz und Dankbarkeit. Ich lebe in meinem Geschäft, und der Umgang mit Menschen macht mir wirklich Freude", sagt Cäcilie Rühlmann. Heute bietet sie ihren Kunden ein Vollsortiment an Textilien. Das Angebot umfasst unter anderem Mode für Damen, Herren und Kleinkinder, aber auch Bettwäsche, Frottierwaren, Dessous und Nähzubehör.

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