Umweltzone: Der Protest formiert sich

BONN · Gegen die Verschärfung und Vergrößerung der Umweltzone in Bonn machen jetzt auch der Automobilclub ADAC und die Handwerkskammer Köln Front.

 Noch dürfen Autos mit allen drei Plaketten in die Umweltzone. Im Laufe des Jahres ist aber eine Verschärfung geplant.

Noch dürfen Autos mit allen drei Plaketten in die Umweltzone. Im Laufe des Jahres ist aber eine Verschärfung geplant.

Foto: Barbara Frommann

Die Zahl derer, die sich gegen die Verschärfung der Umweltzone in Bonn auflehnen, wächst. Nach Industrie- und Handelskammer (IHK) und Kreishandwerkerschaft kommt jetzt auch Widerstand vom mächtigen Automobilclub ADAC und von der Handwerkskammer zu Köln.

Wirkungslos, teuer und unverhältnismäßig: Das hält der ADAC von der Umweltzone. Die Idee, sie zu vergrößern und Autos mit roter Plakette auszusperren, trage kaum zur Verbesserung der Luftqualität im Stadtgebiet bei und sei nicht hinnehmbar, heißt es in einer Pressemitteilung.

In Bonn hat sich der Anteil an Stickoxiden trotz der Umweltzone erhöht. Auch die Handwerkskammer sprach von einem falschen Weg. "Die Verschärfung ist politischer Aktionismus", meinte Hauptgeschäftsführer Ortwin Weltrich am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. "Bonns Oberbürgermeister und der Stadtrat sollten sich wehren und das nicht widerspruchslos hinnehmen."

Handwerker könnten nicht mal eben ihren Fuhrpark austauschen, zumal es schadstoffarme Euro-6-Motoren für leichte Nutzfahrzeuge - wie sie von Betrieben genutzt werden - noch gar nicht auf dem Markt gebe. Hinzu komme, dass ältere Fahrzeuge bei der Stickstoff-Emission sogar besser abschneiden als neue. Die Fahrzeuge hätten geringe Jahreslaufleistungen und seien oft mit teuren Sonderausstattungen versehen. "Neuanschaffungen sind kostspielig und von vielen Unternehmen nicht finanzierbar."

Die Kammer legte Zahlen vor, wie viele Fahrzeuge vom Aus für rote Plaketten betroffen sind. In Bonn waren es mit Stichtag zum 1. Januar 2011 insgesamt 3470, darunter 2605 Pkws und 554 leichte Nutzfahrzeuge. Im Rhein-Sieg-Kreis sogar mehr als doppelt so viele - 8975 Fahrzeuge mit roten Plaketten, darunter 5655 Autos und 2615 leichte Nutzfahrzeuge. Die Rhein-Sieg-Handwerker übernähmen als Dienstleister eine wichtige Funktion für die Bonner, hieß es. Sollte die Verschärfung umgesetzt werden, forderte Weltrich unbürokratische Ausnahme- und Übergangsregelungen.

Auch der Automobilclub spricht sich für Ausnahmen "ohne bürokratische Schikanen" aus. Statt Umweltzone lieber "grüne Welle", sagt der ADAC außerdem und hat eine Studie in Auftrag gegeben: Demnach könne eine gut koordinierte grüne Welle im Vergleich zur schlecht koordinierten Ampelschaltung den Stickoxid-Ausstoß um 40 bis 60 Prozent senken. Der Spritverbrauch der Fahrzeuge sinke dabei um ein Viertel.

Mit der Verringerung der Stickstoffdioxid-Werte ist wohl erst 2014 zu rechnen. "Umweltzonen sind auf die Feinstaubproblematik ausgerichtet, nicht ohne Grund heißen die Umweltplaketten auch Feinstaubplaketten", sagt Ulrich Fesser, Hauptabteilungsleiter der Kammer. "Bei den Feinstaubemissionen mögen sie ihre Berechtigung haben. Aber damit haben wir in Bonn keine Probleme, und bei Stickoxiden entfalten sie praktisch keine Wirkung."

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