Gedenken ans Novemberpogrom in Bonn „Der schlimmste Völkermord der Geschichte“

Bonn · Am Donnerstag hat Bonn der Opfer des Nationalsozialismus‘ gedacht. Oberbürgermeisterin Katja Dörner betonte: Judenhass ist nicht nur ein Phänomen der Geschichte.

 Bonn hat am Donnerstag der Opfer der Pogrome gedacht. Oberbürgermeisterin Katja Dörner (2.v.l.) warnte davor, dass Antisemitismus auch heute wieder eine Rolle spielt.

Bonn hat am Donnerstag der Opfer der Pogrome gedacht. Oberbürgermeisterin Katja Dörner (2.v.l.) warnte davor, dass Antisemitismus auch heute wieder eine Rolle spielt.

Foto: Sebastian Flick

Am Synagogen-Mahnmal haben am Donnerstag rund 200 Menschen der Opfer der Pogromnacht 1938 gedacht. In ganz Deutschland und auch in Bonn hatten in der Nacht zum 10. November 1938 Synagogen gebrannt.

Am Moses-Hess-Ufer, jenem Ort, an dem die Bonner Synagoge auf den Tag genau vor 84 Jahren zerstört wurde, hatte die „Initiative zum Gedenken an die Bonner Opfer des Nationalsozialismus“ zusammen mit der Stadt Bonn jener Menschen gedacht, die den Greueltaten zum Opfer fielen. Neben der Bonner Synagoge wurden am Vormittag des 10. November 1938 auch die Synagogen in Beuel, Poppelsdorf, Mehlem und Bad Godesberg in Brand gesetzt. Jüdische Geschäfte wurden geplündert und Wohnungen zerstört, zudem kam es zu willkürlichen Verhaftungen. Viele Bonner wurden Zeugen der von den Nationalsozialisten verübten Zerstörungen.

„Das offizielle Signal zum größten und schlimmsten Völkermord in der Geschichte der Menschheit“

Über sechs Millionen Juden hatte der Holocaust das Leben gekostet. „Diese schreckliche Nacht, die Reichskristallnacht, war das offizielle Signal zum größten und schlimmsten Völkermord in der Geschichte der Menschheit“, sagte Margaret Traub, Vorsitzende der Bonner Synagogengemeinde. Die Ereignisse von 1938 waren nicht der Anfang der Judenverfolgung: Bereits 1933 wurden Juden entrechtet und aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. „Lange zuvor wurden diese Absichten veröffentlicht und verbreitet. Die Bonner hatten die Ausgrenzung durch Gleichgültigkeit mitgetragen und unterstützt“, blickte Oberbürgermeisterin Katja Dörner auf einen der dunkelsten Tage der deutschen Geschichte zurück. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung wurde Augenzeuge der Schandtaten. Mit großer Sorge schaute Dörner auf die heutige Zeit, in der antisemitische Äußerungen und Taten wieder in die Öffentlichkeit rücken.

Judenfeindlichkeit „zur Schau gestellt“

„Judenfeindlichkeit wird in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt. Das geschieht nicht heimlich, auch in unserer Zeit nicht“, stellte Dörner fest. Steinwürfe gegen Synagogen, fast tägliche Übergriffe auf Juden, Vandalismus auf jüdischen Friedhöfen und die Angst der Juden vor Feiertagen, weil der Schutz nicht ausreicht: „Antisemitismus ist in der Mitte unserer Gesellschaft. Wir Juden machen uns Sorgen um die Zukunft Europas“, sagte Traub. Allein im vergangenen Jahr wurden 2738 antisemitische Vorfälle gezählt. „Können Sie sich vorstellen, welche Erinnerungen diese heutigen Verbrechen ins uns Juden auslösen?“, fragte Traub.

„Erinnerungen reicht immer wieder ins Heute. Unsere Aufgabe ist es, mit Zivilcourage im Alltag einzuschreiten“, betonte Andrea Hillebrand, Vorsitzende des Fördervereins Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum Bonn. „Es liegt an uns allen, es nicht beim bloßen Reden zu belassen“, sagte Dörner und ergänzte: „Heute gedenken wir derer, für die im November 1938 die Hilfe zu spät kam.“ Aufruf, Antisemitismus keine Bühne zu geben.

Kantor Barry Mehler sprach ein Gebet für die ermordeten Juden und begleitete die Veranstaltung mit jüdischem Gesang. Der Gedenkveranstaltung am Rheinufer vorangegangen war ein Konzert des Kinderchores der Oper unter der Leitung von Ekatarina Klewitz.

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