Unfallstatistik für 2019 Mehr Verkehrsunfälle, aber weniger Schwerverletzte

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis · Immer mehr Senioren verunglücken auf den Straßen in Bonn und Teilen der Region. Im Rhein-Sieg-Kreis legten die Beamten einen Schwerpunkt auf das Thema Alkohol und Drogen. Die Behörden haben am Dienstag ihre Unfallstatistiken für 2019 vorgestellt.

 Symbolfoto.

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Foto: Benjamin Westhoff

Mehr Unfälle, dafür aber weniger Schwerverletzte – und die Zahl der Verkehrstoten stagniert: Es ist eine gemischte Statistik, die Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa am Dienstag für Bonn, Bad Honnef, Königswinter und den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis vorstellte. Mit dabei waren auch Gabriele Mälchers, Leiterin der Direktion Verkehr, und ihr Kollege Thomas Giershausen. Zwar waren 2019 Kinder und junge Erwachsene seltener in Unfälle verwickelt als noch 2018. Allerdings stieg die Zahl der verunglückten Senioren deutlich an.

■ Verkehrsunfälle: Insgesamt verzeichnete die Bonner Polizei mit 17 263 Unfällen 117 mehr als 2018. Der Grund, so erklärte Direktionsleiterin Gabriele Mälchers: Es gab mehr Zusammenstöße mit Sachschäden (2018: 11 113, 2019: 11 194). Doch auch die Zahl der Kollisionen, bei denen Menschen verletzt wurden, liegt über dem Niveau von 2018 (1865 zu 1876).

■ Verkehrsdichte: Zum 31. Dezember kamen auf 327 258 Einwohner im Bonner Stadtgebiet 260 139 zugelassene Autos, davon rund 106 000 Firmenfahrzeuge. Zum Vergleich: 2011 lebten 313 340 Menschen in Bonn, die in insgesamt 203 678 Autos unterwegs waren. Mit 795 Autos pro 1000 Einwohner belegt Bonn aktuell eine Spitzenposition im NRW-Vergleich, wo der Durchschnitt bei 664 Wagen pro 1000 Einwohner liegt.

■ Unfallopfer: 2019 verunglückten 2253 Menschen im Zuständigkeitsgebiet der Bonner Polizei – 40 weniger als im vergangen Jahr. Zwar steig die Zahl der Leichtverletzten leicht an (von 1966 auf 1993), dafür aber gab es mit 254 Schwerverletzten 67 weniger als 2018.

■ Verkehrstote: Sechs Menschen starben 2019 bei Unfällen in Bonn und in Teilen der Region, das sind genau so viele wie im Jahr zuvor. In Bonn kamen zwei Radfahrer ums Leben, in der Region waren es ein Fußgänger, ein Rad-, ein Motorrad- und ein Traktorfahrer.

■ Die tödlichen Unfälle: Im April wurde ein 82-jähriger Traktorfahrer in Roisdorf lebensgefährlich verletzt, als er von seinem eigenen Fahrzeug erfasst wurde. Im Mai war an der Haltestelle Ollenhauerstraße in der Gronau ein 32-jähriger Radfahrer von einer Straßenbahn erfasst worden, weil er – offenbar trotz Rotphase – den Bahnübergang überquerte. Ebenfalls im Mai verstarb eine 79-jährige Fußgängerin bei einem Unfall in Hersel. Am 3. Juni kam es zu zwei tödlichen Unfällen: Eine 25-jährige Studentin, die mit ihrem Rad an der Bornheimer Straße unterwegs war, wurde von einem Lkw erfasst. Und ein 19-jähriger Motorradfahrer starb bei einem Unfall auf der Schmelztalstraße. Er war auf die Gegenspur geraten und gegen einen VW-Bus geprallt. Im September kam ein 83 Jahre alter Radfahrer in Impekoven ums Leben.

■ Senioren: Die Zahl der verunglückten Senioren stieg deutlich an, und zwar von 291 auf 333. Die meisten (123 oder 37 Prozent) waren mit dem Auto, 102 (der 31 Prozent) mit dem Rad unterwegs. Insgesamt wurden 62 Senioren bei Unfällen schwer (2018: 55), 268 (2018: 231) leicht verletzt. Wie es zu dem Anstieg kommen konnte, ist noch nicht klar. „Wir befinden uns derzeit in der Analyse“, sagte Brohl-Sowa. Ein möglicher Erklärungsansatz: Senioren bleiben heute länger aktiv – und damit mobil – als in der Vergangenheit. Generell hätten sich bislang keine Auffälligkeiten ergeben. „Wir ringen um Erklärungen“, sagte Mälchers. Aber: Die Entwicklung werde „Auswirkungen auf unsere Präventionsarbeit haben“, so Brohl-Sowa.

■ Unfallflucht: Nach wie vor entfernt sich fast jeder vierte Fahrer von Unfallorten, ohne sich um Verletzte und Schäden zu kümmern. So verzeichnete die Bonner Polizei 2019 mit 4490 Unfallfluchten zwei weniger als 2018. Die Fahrer ließen weniger Schwer- (von 17 auf 10) und Leichtverletzte (von 197 auf 184) zurück, ohne sie zu versorgen. Allerdings kümmerten sie sich seltener um schwere Sachschäden (von 62 auf 74).

■ Geschwindigkeit: Den traurigen Rekord hält ein Autofahrer, der in Bonn in der 50er-Zone mit 154 km/h unterwegs war. Die Folge: 600 Euro Bußgeld, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot.

■ E-Scooter: Seit dem 1. Juni 2019 sind E-Scooter in Bonn unterwegs. Seitdem verzeichnete die Polizei 18 Unfälle mit den Fahrzeugen, so Giershausen. Insgesamt gab es drei Schwerverletzte, unter anderem auf dem Bonner Talweg, wo ein 26-Jähriger mit einem Taxi kollidierte.

Mehr Unfälle, aber weniger Verletzte im Rhein-Sieg-Kreis

Ähnlich sieht die Verkehrsunfallstatistik für den Rhein-Sieg-Kreis aus: Mehr Verkehrsunfälle, mehr schwere Sachschäden, aber weniger Schwer- und Leichtverletzte. Zwar ist die Gesamtzahl der Unfälle um sieben Prozent auf 10 161 gestiegen, „erfreulich ist jedoch der Rückgang der Anzahl der Verletzten“, sagte Landrat Sebastian Schuster als Leiter der Behörde, zuständig für den rechtsrheinischen Kreis ohne Königswinter und Bad Honnef.

1267 Personen wurden leicht oder schwer verletzt, was 6,7 Prozent weniger im Vergleich zu 2018 bedeutet. „Wir liegen damit deutlich unter dem Landesschnitt“, sagte Schuster. In Nordrhein-Westfalen sank die Zahl der Verunglückten um 2,5 Prozent. Sechs Menschen, und damit so viele wie im Jahr zuvor, kamen 2019 bei Unfällen in der Region Rhein-Sieg ums Leben, darunter waren drei Fußgänger, ein Radfahrer sowie zwei Pkw-Fahrer. Kinder und Jugendliche waren nicht unter den Todesopfern.

Die Unfälle richten immer häufiger größere Sachschäden an. Gab es 2018 noch 144 Unfälle mit schweren Sachschäden, stieg die Zahl in 2019 um 70,1 Prozent auf 245.

Zahl der Unfallfluchten ist gestiegen

Zu schaffen machten den Beamten die stark gestiegenen Zahlen von Unfallfluchten. Schuster sprach von einer „bedauerlichen Entwicklung“. Bei mehr als einem Fünftel aller Unfälle fuhren Personen vom Unfallort weg, ohne sich um Verletzte oder Schäden zu kümmern. Der Anteil stieg um 8,8 Prozent von 2092 in 2018 auf 2319 Fälle in 2019. Die Polizei kann jedoch immer mehr Flüchtige zur Verantwortung ziehen. Bei Unfällen mit Verletzten konnte in rund 72 Prozent der Fälle eine geflüchtete Person ermittelt werden (66 Prozent in 2018).

Bei 18,1 Prozent der Unfälle mit Verletzten oder Toten haben Beteiligte die Vorfahrt nicht beachtet. Gemeinsam mit Fehlern beim Überholen (ebenfalls 18,1 Prozent) stellten die Ermittler diese Ursache als häufigste fest. Bei 13,8 Prozent haben Autofahrer einen Fehler beim Abbiegen oder Wenden gemacht, zu schnell waren Autofahrer bei jedem 14. Unfall.

Einen Schwerpunkt hat die Behörde auf das Thema Alkohol und Drogen gelegt. Zwar hatte in nur knapp fünf Prozent aller Unfälle ein Beteiligter verbotenerweise etwas genommen, die Zahl der Unfälle stieg jedoch von 56 auf 72 und somit um fast 30 Prozent. Bei einer Schwerpunktkontrolle im vergangenen Jahr an der Straße Neuenhof in Höhe der Feuerwehrwache in Siegburg hatte die Polizei zwischen 11 und 16 Uhr eine zweistellige Anzahl an Drogenverstößen festgestellt. „Die Ergebnisse waren bedenklich“, sagte Polizeisprecher Stefan Birk.

Drogen und Alkohol: Rauschbrillen für Jugendliche

Die Behörde nimmt daher Jugendliche in den Fokus, um diese über Gefahren und Konsequenzen aufzuklären. Die Polizei hat zwei sogenannte Rauschbrillen angeschafft, mit denen der Einfluss von Drogen und Alkohol simuliert werden kann und geht damit, nach entsprechendem Wunsch, auch an Schulen. „Wir können die Jugendlichen am besten überzeugen, wenn man sie etwas erleben lässt“, erklärte Verkehrssicherheitsberater Gerd Zöller. Durch die Rauschbrillen können Raum und Abstände nicht mehr richtig wahrgenommen und abgeschätzt werden, die Bilder verschwimmen, Farben vermischen sich. „Das hält einige Jugendliche von Drogen ab“, meinte Zöller.

Weiter im Fokus hat die Polizei die Kontrolle des Handyverbots am Steuer. „Wir verzeichnen weiter einen deutlichen Anstieg an Verstößen“, sagte Olaf Maczey, stellvertretender Leiter der Direktion Verkehr. „Es gibt eine hohe Dunkelziffer.“ Der Nachweis, ob jemand sein Handy oder Smartphone beim Fahren benutzt habe, sei schwierig, sagte er.

Zurückgegangen ist die Zahl der Unfälle mit Pedelecfahrern. Stieg diese von 16 in 2017 auf 40 in 2018, blieb sie in 2019 mit 39 Unfällen auf Vorjahresniveau. Zu den Schwerpunkten der Polizei gehört auch die Bekämpfung von Motorradunfällen. Die Zahl der Verunglückten sank auf 76 (2018: 106) und damit auf den zweitniedrigsten Wert seit 20 Jahren. „Wir bleiben dort am Ball“, sagte Birk.

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