Weiberfastnacht in Bonn Was für ein verrückter Tag

BONN · An Weiberfastnacht ist alles anders: Die Frauen drehen am Rädchen, die Polizei verwechselt auf einmal einen Kreisverkehr mit einem Karussell und wird dabei von einem Bus verfolgt, und nicht nur die Beamten lassen für ein paar Stunden mal die Griffel liegen, um kräftig zu feiern. Jung und Alt sind, wie man so schön sagt, "op jöck", also unterwegs - natürlich herrlich verkleidet.

 "Komm hol das Lasso raus, wir spielen Cowboy und Indianer": die große Sause unter dem Post Tower.

"Komm hol das Lasso raus, wir spielen Cowboy und Indianer": die große Sause unter dem Post Tower.

So sagt dann auch eine Lehrerin der Clemens-August-Schule: "Ohne Kostüm kommt hier niemand rein." Im Pfarrsaal an der Sternenburgstraße üben die Kinder lauthals das "Alaaf" für Rosenmontag, damit ihre Kamellebüggel auch wirklich voll werden. Auch andere Bonner Grundschulen und Kindergärten hängen voll mit Luftschlangen, alle können feiern.

Alle? Leider nein. Die Klassen zehn und die Oberstufe der Bertolt-Brecht-Gesamtschule müssen Klausuren schreiben und können in der Aula bei Lykke Lis Partykracher "Follow Rivers" nicht lauthals mitsingen. "Wat wellste mache?", sagt da Referendar Bastian Bänsch (Sport, Deutsch, Philosophie) im Elferrat, zuckt mit den Schultern. Die rund 800 Pänz im Saal haben auf jeden Fall ihren Spaß.

Dirk I. und Andrea I. beackern an Wieverfastelovend ihr Revier, besuchen die Jüngsten, Senioren, Sitzungen und Betriebe. Unterwegs sind sie in der Bonna-Kutsche: Da wird schnell klar, wer das Sagen hat. Ihre Lieblichkeit hat ihrem Prinzen und Prinzenführer Christoph Arnold eine Schärpe überreicht, auf der in goldenen Lettern "Wir haben Pause" steht, dazu klimpert sie mit langen, glitzernden Wimpern und schwingt einen grünen Leuchtpaias.

Die Polizeieskorte setzt aufs Auto statt Motorrad, weil Schneefall vorausgesagt ist - da steigt die Bonna gerne auch mal ein und lässt sich bei der KG Justitia (Auswärtiges Amt) mit Blaulicht vorfahren. "Unser Motto lautet “In 80 Tagen um die Welt„", sagt eine Närrin. Komisch nur, dass da nichts in diese Richtung dekoriert ist. Ob der Behörde der Zaster fehlt? Wenigstens spiegeln Kostüme wie Mexikaner, Chinese, Spanier und Indianer ein wenig die Internationalität wider. Bunt geht's auch im BBB (Bonns beliebtester Behörde), dem Finanzamt, zu.

Bei der Riesenparty in der Garage unterm Post Tower wartet das SEK auf seinen Einsatz, eine schwarze Nonne fächert sich Luft zu (ist auch nötig), und der Sensenmann wartet auf sein erstes Opfer. Zwei Mädels von der Post rätseln, was Strüßjer sind und wie man "Wieverfastelovend" ausspricht. Bei der Telekom verpasst ein bajuwarischer Frosch freiwillig den Auftritt von Bernd Stelter: "I hob an Duarscht."

Während bei den Stadtwerken 400 Jecke feiern, warten gegenüber vor allem junge Leute auf den Einlass zur After-Job-Party mit 3000 Gästen in der Beethovenhalle. Wie üblich stehen die Bonner an den Kneipen Schlange. Busfahrer Dirk Gottschalk hat an diesem Tag auch den Musikverein Duisdorf an Bord, der nicht nur jeden Tusch in den Sälen spielt, sondern auch während der Fahrt mal gerne "Rut sin de Ruse" schmettert. Dann haut es den Bus auf einmal aus der Bahn, weil der Streifenwagen vorne in einem Kreisel drei Runden dreht. Wirklich bekloppt, der Tag.

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