Weihnachtsoratorium für Kinder und Chorkonzerte in Bonner Kirchen

Münster erfüllt von Adventsliedern - Junge Zuhörer nehmen Lieblings-Kuscheltiere in die Oper mit - Romantisches unter dem Motto "O Heiland, reiß die Himmel auf" in St. Marien Kirche

  Konzertpädagoge  Thomas Honickel.

Konzertpädagoge Thomas Honickel.

Foto: Horst Müller

Bonn.Münsterbasilika. "Die Nacht ist vorgedrungen" - das Adventslied von Jochen Klepper schallte aus der Ferne des Hochchores durch das Bonner Münster, ein fast schon mystischer Auftakt des Adventskonzertes, das Wolfgang Bretschneider zusammen mit der Münsterschola gestaltete.

Ein zweites Augenmerk des Konzertes lag dem Evangelium des Tages entsprechend auf der Gottesmutter Maria, etwa mit einem Magnificat von Johannes Weyrauch oder Chorsätzen zu "Maria durch ein Dornwald ging" und "Ave Maria".

Die Münsterschola, die ergänzt wurde durch Sylvia Dörnemann, Sopran, und Inka Fromm, Flöte, erwies sich als adäquater Klangkörper, wiewohl der Gesamtklang eine stärkere Homogenität verdient gehabt hätte. Im Zentrum des Konzertes stand die Choralfantasie über "Wacht auf, ruft uns die Stimme" von Max Reger, gerahmt durch Texte die von Gertrud Granel rezitiert wurden.

Wolfgang Bretschneider erwies sich einmal mehr als versierter Organist, der Regers Partitur vom geheimnisvollen Beginn bis hin zum apotheotischen Schluss mit dramaturgischem Kalkül und struktureller Transparenz umsetzte.

Guido Krawinkel

Opernhaus. "Krippe mit Kuscheltieren" - so heißt nicht etwa ein aktueller Weihnachtsblockbuster. Vielmehr geriet das letzte Familienkonzert anno 2008 im Rahmen von "Bobbys Klassik" zum munteren Stelldichein von Plüschtieren. Viele der jungen Zuhörer hatten ihre Stoff-Lieblinge mit ins Opernhaus gebracht.

Dort stand das Bachsche Weihnachtsoratorium auf dem Programm: alle sechs Kantaten, vom Konzertpädagogen Thomas Honickel auf kindgerechte 90 Minuten gekürzt. Beim Chor "Jauchzet, frohlocket" waren Stall und Krippe auf der Bühne noch verwaist.

Doch schon bald durften die Kinder die Knuddeltierchen rings um die Krippe drapieren und danach Maria, Josef und das Jesuskind an ihre Plätze bringen. Die wurden fortan also von einem eindrucksvollen Streichelzoo bewacht, darunter Hunde, Schafe, eine Biene, ein Stier und - ein schwarzes Schaf.

Auch Engel wechselten vom Parkett auf die Bühne. Zwei Erzählerinnen trugen die Weihnachtsgeschichte in geraffter Form vor, an den jeweiligen Höhe- oder Wendepunkten erklangen Chöre und Arien aus dem Oratorium.

Die Alt-Arien "Bereite dich Zion" und "Schlafe, mein Liebster" waren vertreten, die Bassarie "Großer Herr und starker König", oder die berühmte "Echoarie" für Sopran, daneben viele Choräle und Chorsätze. Doch auch wichtige Rezitative wurde gegeben, so dass die Darbietung nicht zum reinen "Best of" verkam.

Steffanie Patzke, Sopran, Cordula Hörsch, Alt, und Marcus Matheis, Bass, hinterließen dabei einen hervorragenden Eindruck, ebenso das vital aufspielende Beethoven Orchester und ein biegsam und klar singender Chor (Kammerchor der Kreuzkirche und Wuppertaler Vokalensemble).

Und Honickel absolvierte mit leichter Hand den Spagat zwischen Dirigent und Moderator, machte aus Kindern Kurzzeitdirigenten und den kleinen Jan zum lebenden Hirten.

Mathias Nofze

St. Marien. Wenn der Bonner Kammerchor zum Weihnachtskonzert einlädt, ist die Kirche voll. So auch in diesem Jahr in St. Marien in Bad Godesberg.

Seit Mitte des Jahres 2005 ist Philipp Ahmann in der Nachfolge von Peter Henn für die künstlerischen Geschicke des semiprofessionellen Chors verantwortlich, wobei der unter Henn erreichte außergewöhnlich hohe Qualitätsstandard durchaus gehalten wird. Die Klangkultur ist nach wie vor von einer Intensität, die unter die Haut gehen kann.

Romantisches und bedingt Modernes hatte Ahmann unter dem Motto "O Heiland, reiß die Himmel auf" vorbereitet und dabei unterschiedliche Betrachtungsweisen der Menschwerdung Christi angerissen.

Flankiert durch von Michael Otto intonierte Orgel-Improvisationen von Karg-Elert sowie eigene Reflexionen, glänzte der Chor mit Poulencs erzählenden "Quatre motets pour le temps de noël" wie mit Distlers schlank realisierter Motette "Singet frisch und wohlgemut".

Brahms, Reger, Verdi und Bruckner waren weitere Programmpunkte. Lediglich den Sopranen fehlte bisweilen ein letztes Quäntchen an Synchronie beim Einsatz. Der filigran gehaltene, zu wundervollem Leuchten aufblühende Klang spiegelte das Mysterium um Christi Geburt sehr intim wider.

Fritz Herzog

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