Wenn Rehe die Straße kreuzen

Gefahr von Wildunfällen im Ennert steigt - Im Ernstfall abblenden, bremsen, hupen

Wenn Rehe die Straße kreuzen
Foto: Max Malsch

Bonn-Beuel. Etwa 220 000 Wildunfälle gibt es jährlich bundesweit. Dabei werden rund 3 000 Menschen zum Teil schwer verletzt, bis zu 30 sterben.

Auf den Straßen im Siebengebirge und allen voran auf denen im Ennert ereignen sich derzeit wieder viele Wildunfälle. Allein auf der Pützchens Chaussee registrierte die dort ansässige Forschungsstelle für Wildschadensverhütung vier Unfälle in jüngster Zeit. "Besonders seit die Uhr auf Winterzeit umgestellt ist, leben die Tiere gefährlich.

Der Berufsverkehr kommt jetzt schon in der Dämmerung zurück. Eine Zeit, in der Wildtiere den schützenden Wald zur Nahrungssuche verlassen", erklärt Michael Petrak, Leiter der Forschungsstelle des Landes Nordrhein-Westfalen.

Viele Schutzmaßnahmen, die in der Vergangenheit erprobt worden sind, haben sich als wirkungslos erwiesen. Im Oberbergischen Kreis wurde jüngst eine dreijährige Langzeituntersuchung abgeschlossen. Duftzäune, akustische Reflektoren und Silberfolien wurden getestet.

Das Ergebnis der Testreihen war niederschmetternd: In keinem Fall sanken die Unfallzahlen. Auch an der Pützchens Chaussee wurden schon zahlreiche Versuche gestartet. So hängen immer noch reflektierende CDs in den Bäumen am Straßenrand. Dazu Petrak: "Auch das bringt nichts. Es gibt kein allgemein gültiges Patentrezept zur Vermeidung von Wildunfällen."

Dennoch ist der Tierforscher nicht ratlos: "Zwei bis drei Maßnahmen und Verhaltensregeln greifen meistens." So werden die Waldränder regelmäßig zurückgeschnitten, damit die Tiere früher zu sehen sind. Petrak appelliert, in Waldstücken nicht schneller als Tempo 50 zu fahren.

Tritt ein Wildtier aus dem Wald, gilt: Licht abblenden, bremsen, hupen. "Rehe können Fahrzeuge, die schneller als Tempo 50 fahren, wegen ihres begrenzten Sehvermögens nicht wahrnehmen", so Petrak. Und da bei 80 Prozent aller Wildunfälle Autos mit Rehen kollidieren, ist die Fahrgeschwindigkeit entscheidend.

Deshalb hat der Leiter der Forschungsstelle die Stadt Bonn schriftlich aufgefordert, den Abschnitt der Pützchens Chaussee vor der Forschungsstelle von Tempo 70 auf Tempo 50 abzustufen. "Auch an Wochenenden ist die Unfallgefahr sehr hoch, weil Wanderer das Wild aus dem Wald auf die Straße treiben. Besonders schlimm ist es, wenn die Pilzesammler verbotenerweise durch den Wald streunen", ärgert sich Petrak.

Selbst Wildschweine, die sich sonst nicht so schnell aus der Ruhe bringen lassen würden, würden durch Pilzesammler aufgestöbert.

Sollte sich der Zusammenprall mit Wild nicht vermeiden lassen, sofort nach dem Unfall anhalten und die Polizei verständigen. Die Polizei wird den Jagdpächter benachrichtigen. Auch wenn das Tier nur verletzt und in der Dunkelheit verschwunden ist, wird der Jäger das Tier suchen und erlegen.

Wenn nicht gemeldet wird, dass ein verletztes Tier davongelaufen ist, ist das ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Für die Versicherung können Polizei oder Jagdpächter eine sogenannte Wildbescheinigung ausstellen. Die ist wichtig, um den Schaden später der Versicherung melden zu können.

Auf keinen Fall sollte überfahrenes Wild mitgenommen werden. Das ist Jagdwilderei und damit eine Straftat. Folgen: Geldstrafen oder in besonders schweren Fällen sogar Freiheitsstrafen. "Die Fahrerflucht-Quote ist leider sehr hoch. Fahrerflucht ist eine Straftat und wird geahndet", warnt Petrak.

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