Milde Temperaturen statt Kälte Ist der Winter schon vorbei?

Bonn/Region · Meteorologen sehen kaum noch eine Chance für einen Wintereinbruch in Bonn und der Region

Der erste Schnee in Bonn – dabei wird es wohl in diesem Winter bleiben: Ein Foto vom 14. Dezember 2022.

Der erste Schnee in Bonn – dabei wird es wohl in diesem Winter bleiben: Ein Foto vom 14. Dezember 2022.

Foto: Benjamin Westhoff

Am Neujahrstag war es mit 15 bis 19 Grad an vielen Orten in Deutschland so warm wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Januar. Das jedenfalls hat das Bonner Portal Wetteronline beobachtet. „Der Spitzenwert wurde mit 20,8 Grad an Silvester in Wielenbach in Oberbayern gemessen und übertraf damit den alten Rekord um fast vier Grad.“ Auch in Bonn und der Region ist es für die Jahreszeit seit Mitte Dezember zu warm geworden. Das Thermometer sinkt nicht mehr unter die 10-Grad-Marke. Ist der Winter also schon vorbei?

„Es ist kein Wintereinbruch mehr in Sicht“, sagt Björn Goldhausen, Meteorologe und Pressesprecher von Wetteronline auf GA-Anfrage. Genaue Erkenntnisse über das kommende Wetter können Meteorologen nur bis Mitte Januar errechnen und die Prognose zeigt, dass sich am milden Wetter in Bonn und der Region wie auch ganz Deutschland wohl nichts ändern wird. Die Abweichung von der deutschlandweiten Durchschnittstemperatur liege in diesem Jahr, so Goldhausen, bei fünf bis sechs Grad im Januar.

Aus Erfahrungswerten heraus prognostiziert der Meteorologe, dass für Bonn und die Region der Winter schon vorbei ist: „Die Tage werden länger, die Sonne hat also mehr Zeit zum Scheinen und Wärmen. Schnee wird es dadurch im Flachland nicht mehr geben können. Höchstens in der Eifel oder Sauerland besteht noch die Chance.“ Den letzten richtigen Winter mit lang anhaltendem Schnee und Frost habe Bonn zuletzt im Jahr 2010 erlebt.

Ähnliches gilt für ganz Deutschland. Die Wetteraufzeichnungen zeigen, dass es seither im Winter zwar immer wieder Kälteeinbrüche gegeben hat, die warmen Perioden aber die Überhand gewonnen haben. Das konnte man auch im Dezember beobachten: „NRW befand sich mit einer Dezembertemperatur von 2,9 Grad Celsius auf dem zweiten Platz der wärmsten Regionen, trotz eisiger Tage und Nächte um die Monatsmitte. Doch die teils über 15 Grad milde, ja schon frühlingshafte Luft im letzten Monatsdrittel war dominierender“, teilt der Deutsche Wetterdienst mit.

Goldhausen führt dieses Phänomen auf den Klimawandel zurück: „Das Niveau der Höchsttemperaturen ist deutlich höher als noch vor 30 bis 50 Jahren. Auch Kältewellen sind inzwischen deutlich wärmer als damals. Die Luft, die aus Südwesten nach Deutschland kommt, ist um drei bis vier Grad wärmer als damals. Es gibt nur noch wenige Möglichkeiten, dass richtig kalte Luft im Winter zu uns kommen kann – höchstens aus Nordosten, aber danach sieht es derzeit nicht aus.“

Das heißt, dass Bonn und die Region auch in Zukunft mit milden Wintern mit Temperaturen von 15 bis 20 Grad rechnen müssen. „Und im Sommer können wir uns wiederum häufiger auf Höchsttemperaturen von bis zu 40 Grad einstellen“, sieht Goldhausen voraus. Extrem warme Temperaturen gebe es nun immer häufiger, extrem kalte immer weniger. Temperaturrekorde wurden zwar schon immer seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen aufgestellt, doch sie stellen sich in vergangenen Jahren in immer kürzeren Abständen ein – sowohl im Winter als auch im Sommer, sagt der Meteorologe. Dass die Winter immer milder werden und vermutlich bleiben, hat Auswirkungen auf die Natur: „Vegetationsperioden beginnen schon deutlich früher. Schaut man diesen Januar in die Vorgärten, so sieht man Schneeglöckchen blühen. Auch die Krokusse machen sich schon auf den Weg. Der Pollenflug hat bereits begonnen, da Haselnussbäume schon blühen“, nennt Goldhausen als Beispiele.

Das bedeutet, dass die Pflanzen schon jetzt Wasser aus dem Boden ziehen, das dann im Hochsommer fehlt. „Die gestiegenen Temperaturen lösen so eine ganze Kettenreaktion an Auswirkungen aus“, so Goldhausen.

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