Meteorologen erwarten Hochwasser Wie die Region auf das Tief „Bernd“ mit Starkregen vorbereitet ist

Bonn/Region · Die Meteorologen erwarten in den kommenden Tagen heftige Gewitter und sintflutartige Regenfälle. Es ist mit Hochwasser zu rechnen. Bonn und die umliegenden Kommunen haben für solche Fälle unterschiedliche Schutzkonzepte.

4. Juni 2016: Der Godesberger Bach strömt als reißender Fluss durch die Pecher Hauptstraße und schließt mehrere Autos ein.

4. Juni 2016: Der Godesberger Bach strömt als reißender Fluss durch die Pecher Hauptstraße und schließt mehrere Autos ein.

Foto: Axel Vogel

„Bernd“ ist auf dem Weg ins Rheinland und er bringt viel Regen mit. Das Tief vermische „feuchtwarme Sommerluft mit kühler Atlantikluft. So wird ein äußerst brisanter Wettercocktail zusammengemischt. Besonders am Mittwoch sind heftige Gewitter und sintflutartiger Regen die Folge. Wo es im Detail am heftigsten schüttet, steht zwar noch nicht fest, aber vieles deutet darauf hin, dass es von der Eifel bis zum Schwarzwald mancherorts wieder Landunter heißt“, sagt Björn Goldhausen, Pressesprecher des Bonner Unternehmens WetterOnline.

Die Regengüsse werden den Prognosen zufolge am Dienstag NRW erreichen und am Folgetag dann an Heftigkeit zunehmen. „Bis Donnerstagmorgen kommen in der Westhälfte verbreitet 20 bis 50 Liter Regen pro Quadratmeter zusammen. Vom Schwarzwald bis zur Eifel sind örtlich Mengen von 100 bis 200 Liter möglich“, sagte Meteorologe Goldhausen. Zur Einordnung: In Trier kämen in einem ganzen Juli normalerweise durchschnitlich knapp 80 Liter zusammen. Damit steige die Hochwassergefahr massiv an.

„Kleines Sommerhochwasser“ am Rhein „wahrscheinlich“

Darauf weist die Bonner Wetterplattform donnerwetter.de ebenso hin. „Auch der Rhein wird von Basel bis Köln nochmals ordentlich zulegen. Ein Extremhochwasser müssen wir nicht fürchten, aber ein für Juli seltenes kleines Sommerhochwasser ist in Bonn wahrscheinlich (aktuelle Schätzung 6,50 bis 7,00 Meter bei Pegel Bonn)“, heißt es von dort. Am Montag war der Pegel in Bonn von diesem Stand noch weit entfernt, allerdings stieg er deutlich an – laut Homepage der Stadt von 485 Zentimetern um Mitternacht bis auf 503 Zentimeter am Montag gegen 17 Uhr. Am Dienstagmittag lag der Wert bereits bei 5,14 Meter.

Nicht zum ersten Mal erwarten Bonn und die Region große Regenmassen und haben sich entsprechend vorbereitet. So reichen die „Folgen“ eines Unwetters bis heute. Am 4. Juni 2016 sorgte ein Gewitter im Grenzgebiet zu Rheinland-Pfalz für enorme Überflutungen in Bad Godesberg und Wachtberg. An jenem Samstag wurden in Wachtberg fünf Brücken zerstört, Häuser überflutet, Autos weggeschwemmt. In der Bad Godesberger City stand der Theaterplatz unter Wasser, die Tiefgarage der Fronhofer Galeria wurde überschwemmt. Schwer getroffen war auch das hochwasssergeplagte Mehlem. Dabei wütete das Unwetter selbst in vielen betroffenen Orten gar nicht, sie wurden von nachfolgenden Flutwellen erfasst.

Vergangene Wochen als Generalprobe

Die vergangenen Wochen waren so etwas wie eine Generalprobe für all die Maßnahmen, die die Stadt Bonn sich erdacht hat, um solche Schäden zukünftig zu vermeiden. Im Fokus steht dabei der Mehlemer Bach, dessen Entlastungkanal seit etwa einem Jahr fertig ist. Das Dammbalkenwehr an der Brücke Bachemer Straße ist so justiert, dass Abflüsse, die zu größeren Überflutungen im weiteren Verlauf des Bachs führen würden, zurückgehalten werden. Der Bach staut sich auf, ab einer gewissen Einstauhöhe schlägt er in den Entlastungskanal ab.

Entlastungskanal verhindert Überflutung Mehlems

Am 4. Juli löste das neue Frühwarnsystem, das auch Kamerabilder liefert, einen Voralarm aus. „Es hat nicht viel bis zum Überströmen der Brücke an der Austraße gefehlt“, sagt Peter Esch, Leiter des Bonner Tiefbauamts. Danach sank der Pegel allerdings wieder. Heftiger war der Starkregen, der am 12. August 2020 über die Region zog. „Bei diesem Ereignis hat der Entlastungskanal wohl eine erneute Überflutung Mehlems wirksam verhindert.“ Auch das neue Design der Rechen in Lengsdorf und Endenich habe sich bewährt. Sie halten Treibgut ab, durch das der Abfluss verstopfen könnte. Die Feuerwehr oder die Rufbereitschaften des Tiefbauamts können sie zudem einfacher öffnen, wenn es zu einem Einstau kommt.

Das Frühwarnsystem ist aber nicht nur ein guter Indikator für Stadt und Feuerwehr, sondern auch für die Bürger. „Es kann mit unterschiedlicher Vorwarnzeit von fünf bis 90 Minuten eine drohende Überflutung vorhersagen“, erklärt Esch. Bei Überschreiten der Warnschwelle 2 und Verifizierung des Alarms kann die Bevölkerung per Sirene, der App Nina und Meldungen im Radio gewarnt werden. „Ob dies das erhoffte Verhalten auslöst, nämlich dass sich die Menschen im Unterlauf der Bäche in Sicherheit bringen und Ihre Liegenschaften sichern, konnten wir – zum Glück – bisher nicht testen. Fakt ist aber, dass das Alarmsystem tadellos funktioniert und das seit Inbetriebnahme.“

Mehlemer Bürger mit neuem Schutz zufrieden

Auch die Mehlemer Bürger sind mit dem neuen Schutz zufrieden. „Der Entlastungkanal funktioniert wunderbar, auch wenn mancher bei den vergangenen Regenfällen nervös auf den Bach schaute“, sagt Anwohner Helmuth Pfitzmeier. Er könne mittlerweile ruhig schlafen. Ganz sei die Gefahr jedoch nicht gebannt. „Auch am Bachbett selbst müsste noch etwas unternommen werden.“ Denn wie sich zuletzt gezeigt habe, könne Starkregen auch sehr punktuell auftreten – zwischen dem Entlastungskanal und dem Rhein liegen noch rund anderthalb Kilometer Bachlauf. „Kommt der Regen dahinter herunter, kann es wieder zu Überflutungen kommen.“

Überschwemmungen im Kreis Ahrweiler

Auch einzelne Kommunen im Kreis Ahrweiler waren in diesem Jahr bereits stark von Wetterereignissen betroffen. Zu großen Überschwemmungen kam es im Juni vor allem in Heimersheim, Green, Unkelbach oder Bad Neuenahr. Bei diesen Einsätzen kam bereits der sogenannte „Alarm- und Einsatzplan Unwetter“ des Kreises Ahrweiler zum Einsatz. Darin werden vorgefertigte Einheiten festgelegt, die im Unwetter-Fall von den acht Kommunen zur gegenseitigen Hilfe abgerufen werden können. Das sei eine große Zeitersparnis und habe bereits gut funktioniert, sagt Marcus Mandt, stellvertretender Kreisfeuerwehrinspekteur. Eine Einheit bestehe beispielsweise aus 25 Mann, und jeweils einem Führungsfahrzeug, einem mit Pumpe und einem Logistikfahrzeug für den Transport von Sandsäcken oder Müll.

Auch Maßnahmen wie den Bau von Regenrückhaltebecken bewertet er prinzipiell als positiv: „Das Becken im Neubaugebiet in Heppingen hat schon mal funktioniert. Es war vollgelaufen, aber es kam zu keiner Überschwemmung“, so Mandt weiter. Am Bahnhof aber, wo es auch zu einem lokalen Starkregenereignis gekommen ist, könne man so ein Becken leider nicht bauen.

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