Kommentar Zahlen und Wahrheiten

In den letzten Jahren hat sich die Situation um Bonns Stadtfinanzen zusehends verschärft: Infolge des Wegfalls der Hauptstadtfunktion sanken die Bundesmittel auf Null, gleichzeitig musste die in allen Bereichen sehr gute Bonner Infrastruktur - "nach wie vor auf Hauptstadtniveau" (Stadtkämmerei) - mit hohen Folgekosten finanziert werden. Und da kam das Millionengrab "World Conference Center Bonn" (WCCB) natürlich zur Unzeit.

Zwar hat Stadtkämmerer Sander immer wieder vor der Entwicklung gewarnt, doch welcher Politiker möchte durch drastisches Sparen unangenehm beim Wähler auffallen? Das Zahlenjonglieren und Schuldenmachen im Rahmen gesetzlicher Grenzen ging so lange gut, wie die Infrastruktur ohne Instandhaltung funktionierte.

Heute steht Bonn vor einem riesigen Sanierungsstau, während es seine Verschuldung weiter in die Höhe treibt. Weithin sichtbares Zeichen für die sträfliche Vernachlässigung des städtischen Eigentums ist das Bonner Stadthaus, dessen Vorhängescheiben demontiert werden müssen, weil sich die Verankerung gelöst hat.

Welche Auswege aus dem Dilemma führen? Für "Giftlisten" und "Grausamkeiten" ist aus Sicht der politischen Parteien zurzeit leider die falsche Zeit. Denn bald ist Kommunalwahl. Das hört sich nach einem Naturgesetz an: Die Wahrheit servieren wir dem Bürger nach der Wahl.

Damit wollte sich Bonns Kämmerer offenbar nicht abfinden. Möglicherweise konnte er auch nicht anders, weil die Lage ist, wie sie ist. Schließlich ist jeder Ritt auf der Rasierklinge irgendwann einmal zuende.

Nun sind die Politiker dran. Mit der Wahrheit.

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