Kinderbetreuung in Bonn Zukunft der evangelischen Kitas ungewiss

BONN · Als die evangelische Friedenskirchengemeinde in Kessenich vor mehr als zehn Jahren aus finanziellen und inhaltlichen Gründen ihren Kindergarten schloss und die Stadt als Träger einsprang, stieß das bei vielen Gemeinden im Kirchenkreis Bonn auf Unverständnis.

 KiTa Luther's Arche - Emil wird von seiner Mama abgeholt.

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Foto: Barbara Frommann

Doch wenn die Zuschusspolitik des Landes sich nicht ändert, müssten vermutlich weitere Gemeinden dem Beispiel folgen, weiß Melanie Rübmann-Rebo, Fachberaterin der evangelischen Kindertagesstätten in Bonn und der Region. Die Klage der evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen zur finanziellen Situation ihrer Kindertagesstätten könne sie voll und ganz unterstützen, sagte die Expertin.

Wie berichtet, sieht die Kirche inzwischen jede dritte evangelische Kita in NRW in ihrer Existenz bedroht. Deshalb fordert sie, dass die Landesregierung im Zuge der geplanten Revision des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) die kirchlichen Träger mit den sogenannten "armen" Trägern, wie zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz oder die Arbeiterwohlfahrt, gleichstellt. Während letztere für den Kita-Betrieb neun Prozent Trägeranteil zahlen, liegen die Kirchen bei zwölf Prozent.

"Das stimmt aber nur noch auf dem Papier", sagte Jürgen Fielitz. Der Finanzkirchmeister der evangelischen Gemeinde Am Kottenforst macht eine Rechnung für die beiden Kitas seiner Gemeinde auf: So betreibt die Gemeinde in Röttgen eine zweigruppige und in Alfter eine eingruppige Einrichtung.

Insgesamt erhält sie dafür nach Kibiz eine Gesamtpauschale von rund 400.000 Euro. Der zwölfprozentige Trägeranteil müsste demnach 48.000 Euro betragen. "Schön wär's", meinte Fielitz, "im Haushalt haben wir rund 80.000 Euro bereitgestellt, weil das dem echten Bedarf entspricht."

Hintergrund: Vor allem die steigenden Personalkosten machen den Kirchengemeinden zu schaffen. Kibiz sieht eine jährliche Anpassung von 1,5 Prozent vor, das reiche hinten und vorne nicht. Bei Gemeinden, die viele dienstältere Erziehungskräfte beschäftigten, verschärfe sich die Lage zusätzlich.

Fielitz und Pfarrer Jörg Zimmermann betonen aber, dass sie keineswegs an einer Schließung oder einen Trägerwechsel ihrer Kitas dächten. "Wir haben nicht nur einen christlichen Bildungsauftrag, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", sagt Zimmermann.

Eine Schließung, das unterstrichen gestern auch Superintendent Eckart Wüster und Pfarrer Michael Schäfer (Lukaskirche), Vorsitzender der Interessengemeinschaft der evangelischen Kitas in Bonn, könne lediglich die "Ultima Ratio" sein. Aber Wüster sieht auch: "Die Gemeinden geraten immer mehr unter finanziellen Druck".

Zwar verzeichne seine Kirche derzeit ein höheres Steueraufkommen, doch müsse man die Finanzkraft sehen, und die reiche bei vielen kaum noch aus - auch trotz mancher Sonderzuschüsse der Kommunen. "Ich sehe die Entwicklung mit großer Sorge, denn die frühkindliche Bildungsarbeit liegt gerade der Kirche sehr am Herzen", so der Superintendent. Für Schäfer ginge auch ein Stück der bunten Trägerlandschaft verloren, müssten sich weitere Kirchengemeinden von ihren Kitas trennen.

Das wäre sicherlich nicht im Sinne der Stadt Bonn: In den evangelischen Kindertageseinrichtungen werden 870 Betreuungsplätzen für unter und über dreijährige Kinder vorgehalten. In der Vergangenheit sei es möglich gewesen, für einzelne Einrichtungen, die von Schließungen bedroht waren, andere Träger zu finden oder in städtische Trägerschaft zu übernehmen, erklärte Elke Palm vom Presseamt. Ob das allerdings angesichts der ebenfalls klammen Kassen der Stadt Bonn auch in Zukunft möglich ist, bleibt abzuwarten.

Infos zu Kitas

Der kirchliche Trägeranteil in NRW lag bis vor sechs Jahren bei 20 Prozent. 2008 wurde er auf Forderung der Kirchen zwölf Prozent abgesenkt. Die katholische Kirche hat bereits vor einigen Jahren viele Kindergärten geschlossen oder in andere Trägerschaft gegeben, aber gleichzeitig in die verbliebenen kräftig in Ausbau und Betreuungsqualität investiert.

In Bonn sind laut Lothar Schneider, Geschäftsführer des katholischen Gemeindeverbands, von einst 58 noch 51 Kitas in Betrieb. 17 Kindergärten seien nicht auskömmlich finanziert und auf zusätzliche Mittel vom Erzbistum angewiesen. Auch aus einer Sicht müsse mittelfristig der Trägeranteil der Kirchen reduziert werden.

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