Zwölf Stunden lang steht "Kaassel" Kopf

Maikäferfest der Händler und Maifest der Schützen locken tausende Menschen nach Oberkassel

Zwölf Stunden lang steht "Kaassel" Kopf
Foto: Max Malsch

Oberkassel. Gnadenlos gleitet das scharfe Messer durch den Leib des wehrlosen Maikäfers. Margret Sauer lächelt freundlich und reicht einer Kundin die gerade abgeschnittene Scheibe. Glücklicherweise handelt es sich bei dem Tier nicht um ein lebendes Exemplar des jahrhunderte gefürchteten doch mittlerweile in hiesigen Regionen selten gewordenen Plagegeistes, sondern um eine 32 Kilogramm schwere Marmorkuchen-Kopie von Café Breuer.

Zu gunsten des Förderkreises für Tumor- und Leukämieerkrankte Kinder und Jugendliche verkaufte Sauer die Leckerei auf dem Oberkasseler Maikäferfest. "Wir sind kurz vor unserem 50-jährigen Bestehen, da lag für uns die Aktion nahe", sagt die Geschäftsführerin. Hunderte Besucher zog es am Samstag trotz anfangs grauen Wetters auf die "Kö".

"Wieder kommt das Fest gut an, wir können wohl alle sehr zufrieden sein", freute sich Sauer. Anzumerken sei übrigens, dass der große Brummer des Café Breuers genau genommen der einzige Maikäfer des Maikäferfestes war - das Maskottchen des Festes ist seit Jahren ein leuchtend roter Marienkäfer.

Entlang der gesperrten Königswinterer Straße schlängelten sich ab 13 Uhr die Besucherströme. "Ich bin begeistert, wie schön man durch Oberkassel bummeln kann. Wochentags hat man nur selten die Muße zu einem genaueren Blick, heute fällt erst mal auf, dass sich das Örtchen mit seinem Einzelhandel und Vereinsleben wirklich nicht hinter dem Bonner Zentrum verstecken muss", schwärmte Besucherin Karin Siegmann.

Erstaunt war Siegmann über die Vielseitigkeit des Ortes. "Im Grunde kann man sich komplett vor Ort versorgen. Ob ich Werkzeug brauche, Kleidung, Schmuck oder Delikatessen, hier findet man wirklich alles", schwärmte sie.

Für jeden Gast hatte der Veranstalter, die Werbegemeinschaft Oberkassel, etwas zu bieten. Kinder amüsierten sich prächtig beim Spielfest der Jesus-Maria-Josef- Schützenbruderschaft im Bürgerpark, ältere Gäste genossen allerorts vielfältige kulinarische Köstlichkeiten oder verwöhnten ihre Geschmacksknospen bei Weinverkostungen.

Auf dem Marktplatz unterhielt ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm mit Moden- und Frisurschauen und Konzerten. Musikalisch kam man überall auf seine Kosten. Speziell der Auftritt der "Rock Company" an der Einmündung zur Kinkelstraße ließ unzählige Flanierer innehalten. Schnell staute sich die mitrockende Zuhörermenge. Neben den Einzelhändlern nutzten viele Vereine die Chance, sich den Bürgern zu präsentieren.

In die Ortsgeschichte führte beispielsweise der Heimatverein Oberkassel vor dem Lippischen Palais mit einem Informationsstand ein. Mit 70 Bildern und Fotografien seines Archives weckten die Geschichtspfleger das Interesse ihrer Besucher. "Wir geben hier nur einen kleinen Einblick in die Oberkasseler Historie. Wir konnten aber viele Neugierige begeistern, es traten sogar schon welche in den Verein ein", freute sich der erste Vorsitzende Theodor Röse.

Doch nicht allein zum Mitgliederwerben nutzte Röse das Maikäferfest: Im Gespräch mit den Oberkasseler Bürgern kam auch so manches Geheimnis zu Tage. "Ein Gast entdeckte unser Foto von der Ruine des Steiner Hauses. Er konnte sich daran erinnern, dass er als Kind dort spielte und wies uns darauf hin, dass tief unter den heutigen Schuttbergen eine Tür verborgen liegt", sagte Röse.

An einem lebhaften Beispiel für die lange Geschichte und die noch immer liebevoll gepflegten Traditionen des südlichsten rechtsrheinischen Stadtteils von Bonn durften die Besucher des Örtchens im Anschluss an das Maikäferfest teilnehmen. Pünktlich um 18 Uhr, als die Geschäftsleute ihre Türen schlossen, eröffnete die Jesus-Maria-Josef-Schützenbruderschaft 1794 ihren Maiball im Bürgerpark.

"Glücklicherweise spielt endlich mal das Wetter mit. Im letzten Jahr bekamen wir ziemlich nasse Füße", freute sich Hauptmann David Wahl. Zu erwarten war dieses Glück am Freitagabend noch nicht. In letzter Sekunde schafften es die Junggesellen, ihr Festzelt zu errichten. "Kaum stand es, setzte schon ein heftiger Platzregen ein", so Wahl.

Über den ganzen Platz verteilt errichteten die Junggesellen Zelte rund um die gepflasterte Platzmitte. Neben einem Minischießstand und dem Festzelt wurde auch eine Cocktailbar aufgebaut. Sie brachte einen Hauch karibisches Flair nach Oberkassel.

Musikalisch wurde der Abend von der Band Cuba Libre. einem bekannten Gast der Junggesellen, gestaltet. Gegen 21.30 Uhr hielt die etwa 400 Mann starke Festgesellschaft inne. Die Krönung des am 30. April bei der Mailehenversteigerung ermittelten Maikönigspaares sollte zum Höhepunkt des Festtages werden. Mit seinem Höchstgebot für Dana Heimann erkämpfte sich Christoph Brenner den Titel des Maikönigs.

Brenner und Heimann sind das 72. Maikönigspaar seit Beginn der Aufzeichnungen 1927. Präses Pfarrer Norbert Grund krönte das junge Königspaar, Fähnrich Markus Weinstock schwenkte ihnen zu Ehren die Bruderschaftsfahne. "Es war wieder ein tolles Fest", freute sich der 1. Brudermeister Marc Rosbach.

Maikäferfest 2004 lud die Werbegemeinschaft Oberkassel (WOK) erstmals zum Maikäferfest ein. Der lockere Zusammenschluss von Einzelhändlern und Handwerksbetrieben kümmert sich um ein gemeinsames Außenbild der Oberkasseler Betriebe sowie um regelmässige Sonderveranstaltungen. Neben dem Maikäferfest lädt die WOK seit Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten seit 2006 im Winter auch zum Lichter-Shopping. Kurioserweise ist das Maskottchen des Maikäferfestes ein Marienkäfer.

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