Regierungsbildung in Berlin CDU drängt SPD zu weiteren Gesprächen

Berlin · Auf dem Weg in eine mögliche Neuauflage der großen Koalition machen die Jusos weiter gegen das Bündnis mobil und starten eine Unterschriftenaktion. CDU-Vertreter fordern hingegen weitere Gespräche mit der SPD.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte eine Neuwahl vermeiden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte eine Neuwahl vermeiden.

Foto: Michael Kappeler / Archiv

Nach dem mit Spannung erwarteten Gespräch der Spitzen von CDU, CSU und SPD beim Bundespräsidenten beraten die Parteiengremien heute intern über die Möglichkeiten für eine große Koalition.

Besonders aus der CDU ist der Wille nach schnellen Koalitionsverhandlungen zu vernehmen. Auch wenn über Inhalte der Unterredung der Parteispitzen am Donnerstagabend zunächst nichts bekannt wurde, kündigten die Jusos ihre massive Gegenwehr gegen eine mögliche Neuauflage eines solchen Bündnisses an. Man sei "aus ganz prinzipiellen inhaltlichen Erwägungen gegen große Koalitionen", sagte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert im ARD-"Morgenmagazin". Daher müsse über Alternativen gesprochen werden.

Der SPD-Parteinachwuchs startete am Vormittag eine Kampagne gegen eine weitere große Koalition. Die Jusos veröffentlichten auf ihrer Homepage eine Petition unter dem Motto #NoGroko, in der sie alle SPD-Mitglieder dazu aufriefen, gegen ein solches Regierungsbündnis zu unterschreiben. In dem Begleittext des Aufrufs hieß es: "Wir bleiben dabei: Die Absage der SPD an eine Fortsetzung der großen Koalition war zwingend und richtig." Zunächst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland über die geplante Kampagne berichtet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Martin Schulz und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer waren am Donnerstagabend zu einem Treffen bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammengekommen. Äußerungen über den Verlauf des über zwei Stunden langen Gesprächs wurden zunächst nicht öffentlich.

Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen hatte Schulz eine Regierungsbeteiligung zunächst kategorisch ausgeschlossen. Als er wenige Tage später doch Gesprächsbereitschaft signalisierte und ankündigte, die Parteimitglieder über eine mögliche Beteiligung entscheiden zu lassen, regte sich vor allem bei den Jusos großer Widerstand.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), drängte dagegen zur Eile. CDU/CSU und SPD sollten "jetzt möglichst rasch" Koalitionsverhandlungen aufnehmen, schrieb er in einem Gastbeitrag für die Oldenburger "Nordwest-Zeitung". "Denn Politiker und Parteien werden gewählt, um zu gestalten, und nicht, um sich mit sich selbst zu beschäftigen."

Auch CDU-Vorstandsmitglied Mike Mohring rief die SPD dazu auf, mögliche Sondierungen schnell auf den Weg zu bringen. Das erwarteten die Bürger, sagte er bei NDR Info. Er prognostizierte allerdings: "Vor März 2018 werden wir wohl keine neue Regierung haben." Als Gründe nannte er nötige Beschlüsse der beteiligten Parteien und die anstehenden Feiertage.

Der frühere SPD-Chef und geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel sieht seine Partei nicht unter Zeitdruck. "Keiner darf erwarten, dass das schnell geht", sagte er am Donnerstagabend im ZDF mit Blick auf mögliche Sondierungen. Die Union forderte er auf, jetzt zu zeigen, "was sie denn will".

Juso-Chef Kühnert drohte, notfalls beim SPD-Parteitag kommende Woche einen Antrag auf Ausschluss eines Bündnisses seiner Partei mit CDU und CSU zu stellen. "Sollten auf dem Parteitag Anträge gestellt werden, eine große Koalition zu bilden, oder Gespräche darüber zu führen, werden die auf unseren erbitterten Widerstand stoßen. Bei Bedarf werden wir den Ausschluss der großen Koalition beantragen." Eine Minderheitsregierung wäre in der aktuellen Lage aus seiner Sicht das Beste. Sozialdemokratische Minister dürften einer solchen Regierung aber auf keinen Fall angehören.

Gut eine Woche vor dem wegweisenden SPD-Parteitag (7. bis 9. Dezember) hatte die deutsche Glyphosat-Zustimmung in Brüssel für erneute Verwerfungen zwischen den Partien gesorgt. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) hatte gegen den ausdrücklichen Willen der SPD für eine Verlängerung der Zulassung gestimmt.

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