CO2-Stammtisch - Gespräch zwischen Pessimist und Optimist über die globale Erwärmung

Verstehen Sie die ganze Klimahysterie? Seit Jahrmillionen ist beim Klima nur eines beständig: der Wandel - Mal wärmer, mal kälter, mal Schnee, mal keiner - Ein erfundenes Zwiegespräch über Klima-Gejammer und Faktengläubigkeit

CO2-Stammtisch - Gespräch zwischen Pessimist und Optimist über die globale Erwärmung
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Optimist: Täglich liegst du mir in den Ohren mit deinem Weltuntergangsgerede. Ich kann das Klima-Gejammere nicht mehr hören.

Pessimist: Du willst mir also sagen, dass sich 2500 Wissenschaftler irren?

O: Es gibt immerhin Forscher, die diese ganzen Statistik-Spielchen anzweifeln. Das Buch „Welt in Angst“ von Michael Crichton zum Beispiel nennt Wissenschaftler, die eine andere Meinung vertreten und von den Medien totgeschwiegen werden. Nichts ist beim Klimawandel bewiesen und schon gar nicht, dass der Mensch schuld ist.

P: Crichton ist Mediziner und ein intelligenter Schreiber. Du überraschst mich immer wieder: Würdest du dich umgekehrt mit einem Gesundheitsproblem einem Klimaforscher anvertrauen?

O: Ich sagte, er zitiert Wissenschaftler mit einer anderen Meinung.

P: Meinungen sind nicht Fakten. Zum Beispiel die Meinung, dass Aktivitätsschwankungen der Sonne ausschlaggebend seien und nicht die Treibhausgase. Wie an einem Strohhalm haben sich manche Experten daran jahrelang geklammert. Dann wurde es wissenschaftlich geprüft, die These für zu leicht befunden und der Strohhalm geknickt. Weil jeder über das Wetter redet, glauben viele Zeitgenossen, sie könnten auch beim Klima mitreden.

O: Nochmal – es gibt ernsthafte Forscher, die das ganze Katastrophengerede anzweifeln.

P: Es gibt immer Leute, die etwas anzweifeln. Es gibt auch Leute, die anzweifeln, dass die Erde eine Kugel ist und die glauben, die Mondlandung der Amerikaner sei nur ein Riesen-PR-Gag gewesen. Es gibt sogar Wissenschaftler, die haben ihren Namen für Studien hergegeben, wonach man nicht beweisen könne, dass das Rauchen krebsfördernd ist. Ich stelle mich jedenfalls nicht über die Erkenntnisse von Tausenden Klimaforschern, die man als weltweite Elite ihres Faches sehen muss. Sonst bräuchte ich der Wissenschaft ja gar nicht mehr zu vertrauen, stiege in keinen Kernspintomographen und in kein Flugzeug mehr.

O: Wenn ich die UN-Klimaberichte ernst nehme, ist der Zug ohnehin abgefahren. Selbst wenn alle Europäer nur noch Fahrrad fahren und auf Urlaubsreisen verzichten, können wir die Klimaerwärmung nicht mehr aufhalten.

P: Doch, die Menschheit kann noch etwas ändern. Wir haben die Wahl zwischen einem warmem Kochtopf oder einer heißen Bratpfanne. Neue Krankheiten, Ernteausfälle, Hitzetote, immer schlimmere Stürme – da habe ich mir mein Leben für die nächsten Jahrzehnte schon anders vorgestellt!

O: Mach dir keinen Kopf, du wirst es nicht mehr erleben. Ich halte es für einen Irrsinn, jetzt Milliarden in den Klimaschutz zu stecken, ohne genau zu wissen, ob das überhaupt nötig ist. Du redest wie jemand, der nach einem Starkregen gleich die ganze Stadt überdachen will.

P: Und du redest wie jemand, der seinen Regenschirm wegwirft, nur weil es eine Woche lang nicht geregnet hat. Alle Messungen zeigen in den roten Bereich – der Klimawandel läuft sogar schneller ab, als die vermeintlichen UN-Klimahysteriker es 2001 vorhergesagt haben. Es wird schneller wärmer, der Meeresspiegel steigt schneller, und die Gletscher schmelzen so schnell, dass man fast zuschauen kann.

O: Das gab es doch schon alles in der Vergangenheit. Es geht rauf und runter beim Klima, und den Menschen gibt es immer noch.

P: Stimmt. Eiszeiten, Warmzeiten, Eiszeiten. Aber damals brauchte es für fünf Grad mehr Durchschnittstemperatur immerhin 5 000 Jahre, jetzt passiert das alles in 100 Jahren, wenn wir den Zug so weiterfahren lassen. Das muss man sich mal vorstellen: Wir verfeuern heute pro Jahr so viel Erdöl, Gas und Kohle, wie in einer Million Jahren aus abgestorbener Biomasse entstanden ist.

Dadurch, dass die Erde über Mechanismen verfügte, das Zuviel an Kohlendioxid in dem Moment unter ihre Kruste zu verbannen, als die Sonne immer stärker wurde, entging sie vermutlich einem Venus-Schicksal. Und die Menschheit holt diese Kohlenstoff-Friedhöfe nun im Zeitraffer wieder hoch. Da sagt mir schon der gesunde Menschenverstand, dass das luftphysikalisch nicht neutral ausgehen kann.

O: Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich jetzt nicht ins Kohlendioxid-Kloster ziehe, während Chinesen und Inder und vor allem Amerikaner und Australier mit den Achseln zucken.

P: Ja, das ist ein Riesenproblem. Aber den Gasmüll, der jetzt im Himmel hängt, haben vor allem die Industriestaaten in den letzten 100 Jahren da reingepustet. Und weißt du, warum? Weil es nichts gekostet hat, die Atmosphäre als kostenlose Abfalldeponie zu benutzen.

Wir müssen anfangen, und ich bin mir sicher, dass die Amerikaner bald entschiedene Klimaschutz-Propheten sein werden, sobald der von der texanischen Ölindustrie gesponserte US-Präsident nicht mehr Amt ist. Die werden das genauso radikal angehen wie das öffentliche Rauchen. Die Amerikaner sind fähig, von heute auf morgen in die entgegengesetzte Richtung zu gehen.

O: Kann ich mir nicht vorstellen! George W. Bush hat gesagt „Energieverschwendung gehört zu unserem Lebensstil“, und die meisten Amerikaner haben genickt. Wer weiß, was der nächste US-Präsident alles sagt und macht. Im Grunde ist der Klimawandel doch nur über eine Weltregierung zu lösen, ich glaube das nennt man „Kohlenstoffdiktatur“. Und die will keiner – außer vielleicht einige Umweltfetischisten.

P: Ich habe auch kein Patentrezept! Keiner will sich wegen des Klimawandels von der Demokratie verabschieden. Aber es ist schon erstaunlich, wenn der Präsident der stärksten Demokratie der Erde, wie vor drei Wochen geschehen, von seinem Obersten Gerichtshof darauf hingewiesen wird, dass der Klimawandel eine real existierende Gefahr sei. Im US-Senat mussten Bushs Lakaien wiederholt vortragen, dass die Warnungen vor dem durch Menschen verursachten Klimawandel die größte Posse sei, die je dem amerikanischen Volk vorgespielt wurde.

O: Bush hin oder her, das mit dem Klimaschutz klappt doch noch nicht mal in Europa. Auf Gipfeln wird unverbindlich etwas beschlossen, und die, die es beschlossen haben, gebärden sich, als hätten sie gerade die Welt gerettet. Dabei haben sie nur Marketing gemacht, ein Feigenblatt produziert, mehr nicht. Ich bin Realist: Die heute lebenden Menschen wollen in der Mehrheit keinen Klimaschutz, weil sie befürchten, dass sie dann auf Wohlstand und manche Annehmlichkeit verzichten müssen.

Neulich hat unser ehemaliger Bundesumweltminister Klaus Töpfer in einer Fernsehsendung zum Klimaschutz gesagt: „Wenn die Bevölkerung es wirklich will, machen es die Politiker, glauben Sie es mir. Ich war ja lange genug Politiker.“

P: Mag sein, dass die Mehrheit es nicht will, und der Generationen-Egoismus unausgesprochen das wahre Motiv für das Nichtstun ist. Aber das glaube ich nicht, denn eine heißere Welt wird eine ärmere Welt sein, davon bin ich überzeugt. Der Verlust der Jahreszeiten in Europa und statt dessen ein lauwarmer Einheitsbrei ist noch harmlos gegen das Elend, das wir absehbar produzieren.

Mehr als drei Milliarden Menschen werden an Wassernot leiden, hunderte Millionen die Küsten verlassen müssen, da sind die „Boat people“ vor Italiens und Spaniens Küsten heute nur eine schwache Vorhut. Wir werden vor einem ethischen Abgrund stehen, wenn die ersten Pazifik-Inseln ertrinken und der große Marsch der Klimaflüchtlinge auf jene Oasen beginnt, die ein Überleben versprechen. Das müssen wir verhindern, und dazu hat der Mensch noch alle Optionen.

O: So denkt aber nur eine Minderheit, und deshalb schaue ich mir das PR-Spektakel genüsslich an. Als könnte man mit der Nummer „Energiesparlampen statt Glühbirnen“ einen Vulkan auspusten.

P: Es geht um viele tausend kleine Schritte, und Industriestaaten haben die Verpflichtung, voranzugehen mit Ideen und Innovationen.

O: Wir können nicht alle Errungenschaften des menschlichen Fortschritts abschaffen. Hinter dieser Parole läuft kein Wähler her. Der freie Markt entscheidet, was kommt.

P: Ich will gar nichts abschaffen. Aber die Politiker der Industriestaaten müssen endlich aufhören, Marionetten der großen Konzerne zu sein. Der freie Markt wird das Klimaproblem lösen, wenn die Politik strenge Leitplanken setzt und die Verschmutzung der Atmosphäre einen angemessenen Preis hat. Mit dem Katalysator und dem FCKW-freien Kühlschrank hat es schließlich auch geklappt.

O: Die Leute wollen aber weiter mit einem großen Jeep ihre Brötchen vom Bäcker holen, und du willst ihnen das Statussymbol wegnehmen? Das willst du wirklich ändern?

P: Ich will ändern, dass Politiker in Sonntagsreden vollmundig von „mehr Mut zur Innovation“ reden und am nächsten Werktag vor der ersten Lobbyisten-Streitmacht einknicken. Wer das Atomkraftwerk, die Solarzelle, die DVD oder das Internet auf den Weg gebracht hat, wird ja wohl auch ein Drei-Liter-Auto hinbekommen. Außerdem wäre das heute ein ausgezeichneter Exportartikel. Das Sparauto liegt fertig in den Schubladen der Forschungsabteilungen, steht aber nicht auf den Straßen.

O: Richtig, weil es keiner kaufen will. Das hat die Automobilindustrie ja selbst zugegeben. Dafür gibt es eben keinen Markt. Und keiner will mit 90 Sachen über die Autobahn tuckern.

P: Es gäbe sofort einen Markt, wenn der Verbrauch fossiler Brennstoffe mehr kosten würde. Vielleicht wäre die Brennstoffzelle heute schon serienreif, wenn die Politik die Industrie mehr zur Innovation gezwungen oder durch mehr Fördergelder in die Forschung frühzeitig die Richtung vorgegeben hätte. Die Warnungen vor der globalen Erwärmung sind immerhin fast 20 Jahre alt, und die Erkenntnis, dass die Ölvorkommen endlich sind, ist fast angegraut, so alt ist sie.

O: Es bestand kein Zwang, das zu tun, und freiwillig wollte das keiner den Wählern zumuten. Töpfer sieht das völlig realistisch.

P: Von der Politik erwarte ich, dass sie über morgen hinausdenkt und nicht 16-Euro-Flüge zulässt, die pro Person tonnenweise Kohlendioxid in der Lufthülle hinterlassen, während Politiker sich gleichzeitig vor TV-Mikrofonen besorgt über das Weltklima äußern.

O: Träumer! Politiker denken in Legislaturperioden, und wenn eine vier Jahre dauert, denken sie nach zwei Jahren schon an die nächste Wahl. Global sieht es noch völlig anders aus. In Indien und anderswo hat man ganz andere Probleme, das Weltklimagered interessiert da niemanden. Da geht es ums Überleben, und man hackt den letzten Baum für Brennholz, für eine warme Mahlzeit um.

P: Wer ist von uns beiden eigentlich der Schwarzseher?

O: Jeder auf verschiedene Weise. Ich traue nur der Menschheit den Schritt zurück einfach nicht zu. Die Erde wird in zwei oder drei Milliarden Jahren ohnehin ein Opfer der Sonne. Dann wird sie sich aufblähen und mit ihrem Feuer die Erde verschlingen. Und schon weit vorher würde es für den Menschen viel zu heiß.

P: Jetzt wechselst du flugs die Zeitschiene. Das ist die reine Kapitulation. Die Menschheit hat die große Chance, in einer existenziellen Krise das Steuer noch herumzureißen und noch sehr, sehr viele Generationen fortzubestehen. Das wäre kein Schritt zurück, sondern ein Riesensatz vorwärts. Erneuerbare Energien, Atomkraft, die Abscheidung und Verbannung des Kohlendioxids in den geologischen Untergrund, mehr Energieeffizienz – wir haben zahlreiche Optionen.

Statt Menschen lebend zum Mars und wieder zurück zu bringen, sollten wir unsere Erde durch eine technische Revolution für uns lebensfreundlich halten und lieber Millionen in die Forschung stecken als in neue Schornsteine.

O: Ich widerspreche nicht, aber mir fehlt der Glaube. Und für die nächsten Jahrzehnte sehe ich überhaupt nicht schwarz. Das Rheinland wird nicht untergehen, und ein Leben mit mehr Strandbars oder Grillpartys zu Weihnachten... – ich kann mir Schlimmeres vorstellen!

P: Eben warst du noch bei der aufgeblähten Sonne, jetzt redest du von mehr Lebensgenuss im mediterranen Rheinland. Viel Spaß bei der Strandbar ohne Wasser im Fluss.

O: Wieso? Es soll doch im Winter mehr regnen, wenn man deinen Klimagurus glauben darf.

P: Aber im Sommer gibt es kaum noch Regen, mehrwöchige Hitzewellen gelten als sicher, da läuft gar nichts mehr, jedenfalls kein Wasser am Langen Eugen vorbei. Ohne Gletscher kein Rhein und keine Ausflugsdampfer. Alles wird sich verändern. Milde Winter bedeuten mehr Zecken im Sommer, vielleicht bald sogar Malariamücken in Pfützen, Blattschneideameisen im geliebten Hibiskus, Taranteln unter der Veranda, und dann erst die Nächte ... Da beginnt das große Krabbeln und Summen. Viel fremdes Kleingetier fühlt sich plötzlich bei uns heimisch.

O: Stört mich nicht. Moskitonetze sind preiswert. Und wir haben weniger Heizkosten.

P: Und mehr Kühlkosten, das hebt sich dann auf. Es ist naiv, was du sagst! Eine ungebremste globale Erwärmung wird übrigens auch dein geliebtes Jogging-Gebiet verändern, das Siebengebirge. Da wächst dann kein hübscher Laubwald mehr. Nur noch steiniges Zypressengehölz.

O: Egal. Bis das wächst, dauert es Jahrzehnte. Und das erlebe ich nicht mehr.

Das Gespräch „führten“ Wolfgang Pichler und Wolfgang Wiedlich

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