Die wichtigsten Fragen und Antworten Was kann eine Schnelltest-Offensive bringen?

Berlin · Um Corona unter Kontrolle zu behalten, ist Testen wichtig - gerade, wenn schrittweise Einrichtungen öffnen. Bald sollen Schnelltests in den Masseneinsatz kommen. Aber um ein Allheilmittel geht es dabei nicht.

 Sind Schnelltests die Problemlöser der Stunde?

Sind Schnelltests die Problemlöser der Stunde?

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Den von vielen ersehnten Weg aus dem Corona-Lockdown sollen zwei Instrumente absichern: immer mehr Impfungen, aber auch immer mehr Tests mit einfacher Handhabung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will eine Offensive auf breiter Front dazu starten - mit Gratis-Schnelltests als Angebot für alle Bürger, abzunehmen von geschultem Personal. Und auch mit Selbsttests für jedermann direkt für zu Hause. Über den Zeitplan und die Umsetzung vor Ort wird aber erst noch zwischen Bund und Ländern beraten. Und klar ist: Ohne die sichersten PCR-Tests, die ins Labor müssen, wird es auch nicht gehen.

Was genau sind Schnelltests?

Der große Vorteil: Ein Ergebnis soll schon in 15 bis 30 Minuten da sein. Dafür wird ein Nasen- oder Rachenabstrich genommen, was aber nicht ganz einfach und vielen auch nicht so angenehm ist. Die Auswertung läuft dann ähnlich wie bei Schwangerschaftstests, wie das Gesundheitsministerium erläutert: Die Probe kommt auf einen Teststreifen, der mit einer Verfärbung reagiert. Diese Antigentests gelten jedoch als nicht so exakt wie sonst genutzte PCR-Tests. Laut Robert Koch-Institut (RKI) muss ein positives Ergebnis deswegen per PCR-Test bestätigt werden. Schnelltests können bereits genutzt werden in Pflegeheimen, Kliniken und nach Infektionsfällen etwa in Schulen.

Wie soll die Schnelltest-Ausweitung konkret aussehen?

Spahn plant, dass der Bund die Kosten für Schnelltests möglichst ab März für alle Bürger übernimmt - zum Beispiel, wenn man vor einem Großeltern-Besuch einen Test machen möchte. Wo man den von geschulten Mitarbeitern bekommen kann, sollen Länder und Kommunen festlegen. Denkbar sind Testzentren, Apotheken oder Praxen. Spahn hat schon vorgewarnt, dass es gerade zum Start Andrang geben und regional zu Engpässen kommen könnte - wie bei anderen Gratis-Angeboten auch. Der Bund hat für die Finanzierung bis zu 9 Euro pro Test angesetzt und weitere 9 Euro fürs Testabnehmen und Ausstellen eines Zeugnisses.

Gibt es überhaupt genug Schnelltests?

Wie stark Schnelltestkapazitäten wachsen können, muss sich zeigen. In manchen Pflegeheimen gibt es Probleme wegen knappen Personals, teils springen Soldaten ein. Bei den Tests selbst rechnet der Bund mit ausreichend Material: Für Deutschland gesichert sind demnach bis zu 800 Millionen Stück für dieses Jahr. Schnelltests für betriebliche Schutzkonzepte ordern könnten übrigens schon seit Anfang Februar auch tausende Unternehmen der „kritischen Infrastruktur“ - von Energie über Verkehr bis zu Supermärkten, woran Spahn kürzlich erinnerte. Dies sei aber wohl noch nicht so richtig weit verbreitet.

Wie könnten Tests an Schulen vereinfacht werden?

Indem vor Schulbeginn morgens die ganze Klasse auf einmal getestet wird. Schließlich wäre es eine logistische Herausforderung, alle Schülerinnen und Schüler einzeln zu testen. Bei Pooltests - so ein Vorschlag von Experten - könnten hingegen die Proben einer Klasse zusammengeführt und dann im Labor einmal getestet werden. Jeweils eine zweite Probe jedes Einzelnen müsste nur getestet werden, wenn der Sammeltest bis mittags positiv ausfällt. Ansonsten würde Entwarnung für die gesamte Klasse gelten.

Was genau können Schnelltests leisten?

„Ausreichend Schnelltests sind die Voraussetzung, um bei einer entspannteren Pandemielage lockern zu können“, erläutert der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Bis genügend davon da sind, müssten die wichtigsten Bereiche wie Schulen, Kitas oder Pflegeheime ausgestattet werden. Die Bundesregierung schränkt ein, Schnelltests lieferten nur ein Ergebnis für einen Tag. Und auch ein negatives sei „kein Freibrief“, sich etwa nicht mehr an Abstand zu halten. Das RKI und das Paul-Ehrlich-Institut halten Schnelltests vor allem in jener Phase für sinnvoll, wenn Infizierte eine hohe Viruslast haben - also ein bis drei Tage vor ersten Symptomen und in den ersten sieben Tagen der Erkrankung. Dann könne man Infizierte und enge Kontaktpersonen gezielt isolieren.

Und was ist mit Selbsttests?

Immer lauter wurden zuletzt Rufe nach frei zu kaufenden Schnelltests, die man selbst ohne Schulung zu Hause machen kann - etwa als Spuck- und Gurgeltests, wie längst schon in einigen anderen Ländern. Im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) liegen rund 30 Anträge auf eine Sonderzulassung vor, geprüft wird etwa, dass sie von Laien sicher angewendet werden können. Ende Februar/Anfang März könnten erste Zulassungen kommen. Zu haben sein sollen sie dann quasi überall - in Apotheken, aber auch in Supermärkten und online. Auf den Markt kommen können solche Tests generell auch ohne amtliche Sonderzulassung mit anderen Zertifizierungen, wie das Bfarm erklärt.

Birgt es Risiken, voll auf Tests zu setzen?

Ja, denn bei falsch negativen Tests können Infizierte unentdeckt bleiben. Beim RKI heißt es, die Aussagekraft von Antigentests bei Infizierten, die noch keine Symptome haben, sei begrenzt. „Ein negatives Ergebnis im Antigentest schließt eine Infektion nicht aus.“ Das gelte vor allem in der frühen Inkubationsphase oder ab der zweiten Woche nach Symptombeginn. Vor allem im Fall möglicher gravierender Konsequenzen falsch negativer Ergebnisse wie etwa einem Infektionseintrag in ein Pflegeheim soll es daher PCR-Bestätigungstests geben - oder häufige Tests im Abstand von zwei bis drei Tagen. Auch bei PCR-Tests ist laut RKI von einer ungezielten Testung von Menschen ohne Symptome abzuraten, denn die Aussagekraft eines negativen Ergebnisses sei dafür zu unklar.

(dpa)
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