Konzert Der Sir lässt es donnern

Paul McCartney begeistert mehr als 27 000 Fans im Düsseldorfer Stadion

 73 Jahre und noch immer fit für einen Knapp-drei-Stunden-Auftritt: Paul McCartney in Düsseldorf.

73 Jahre und noch immer fit für einen Knapp-drei-Stunden-Auftritt: Paul McCartney in Düsseldorf.

Foto: Thomas Brill

"Macca rockt“ war auf einem Schild zu lesen, das ein Fan Samstagabend in der Düsseldorfer Esprit-Arena in die Höhe hielt. Einer von 27 359 – da wo sonst die Fortuna kickt, denkt man nicht in kleinen Kategorien. „Macca“ ist der Spitzname von Sir Paul McCartney, „One on One“ heißt die Tour, mit der er von April bis Oktober unterwegs ist. In einem Alter, wo sich andere so langsam mit den Bridge-Regeln vertraut machen oder Rosen züchten, rockt „Macca“ wieder den Globus, die erste Nord- und Südamerika-Phase ist rum, jetzt ist Europa dran, danach geht’s noch mal retour in die Staaten. An seiner Seite mit Rusty Anderson und Brian Ray (Gitarren), Paul Wickens (Keyboard) und Abe Laboriel Jr. (Schlagzeug) langjährig bewährte Tourkollegen. 39 Konzerte hat sich McCartney aufgebuckelt, jedes knapp drei Stunden lang, 36 Titel plus Zugaben. Es vergeht seit Dekaden kaum ein Jahr, in dem er nicht im großen Stil auf Tour ist. Düsseldorf war 1972 zuletzt dran, damals noch mit den „Wings“. Jetzt hat er sich mit einem „Helau“ zurückgemeldet. Was für ein Bühnentier mit seinen 73 Jahren. Respekt, Macca!

Als Warm-up gab's eine Dreiviertelstunde Beatles und Wings als Drum'n'Base-Remix-Dröhnung. Dehnungsübungen fürs Trommelfell und ein erster Vorgeschmack auf die Expedition an die akustischen Schmerzgrenzen, die folgen sollte. Sicher, es ist unabdingbar, die altgedienten Erfolgstitel zu modifizieren, um nicht auf der Bühne ein Museum in eigener Sache zu eröffnen. Aber sie zur Lautstärkeorgie hochzurüsten, ist kein guter Weg. Der Ü60-Teil des Publikums ist nicht der kleinste, hört noch lieber mit den Ohren als mit dem Gedärm.

Volles Pfund gab's schon zu Beginn bei „A Hard Day's Night“, mit dem er in der Arena zum ersten Mal als Solokünstler auf die Bühne gegangen war. Wie auch mit „Love Me Do“. Seine Gratwanderung, einerseits klare Hörerwartungen befriedigen zu müssen, andererseits nicht von der eigenen Geschichte aufgefressen zu werden, ist immer wieder eine Meisterleistung. McCartney hatte bis in die „Quarrymen“-Zeiten zurückgeblättert mit „In Spite of All the Danger“. Und es gibt artige Verneigungen vor den verblichenen Größen der Beatles-Historie: John Lennon, George Harrison, George Martin. Aktuelleres, wie der 2015 mit Kanye West und Rihanna zusammen eingespielte Titel „FourFiveSeconds“, stehen für seine künstlerische Kontinuität.

Die nimmt man gerne mit, auch wenn sich die Ü60-er doch eher über runderneuerte Beatles- und Wings-Hits freuen: Über „Hey Jude“, als kollektives Gesangserlebnis, oder den immer wieder großartigen Wings-Soundtrack zum 1973er Bond-Klassiker „Live and Let Die“ als Höhepunkt kurz vor Schluss. Sir Paul hat es noch einmal mächtig donnern lassen, während auf der Stage-Projektionswand Westminster Palace dramatisch in die Luft flog. Passend dazu wurde reichlich Pyrotechnik abgefackelt.

Zwischen diesen wuchtigen Sound- und Bildergebirgen gab's zum Glück auch ein paar leisere Episoden. Eine davon: „Blackbird“ – nur mit Paul McCartneys Gesang zu eigener Gitarrenbegleitung. In solchen ungeschützten Momenten merkt man, dass er nicht mehr 25 ist, wie beim Erscheinen des „Weißen Albums“ 1968.

Und trotzdem hört man eine Stimme, die so familiär vertraut ist, dass man ihr sogar zugesteht, älter werden zu dürfen. Es sind immer noch diese Stimme und dieser Mann, die uns mit dieser vielleicht schönsten Popballade aller Zeiten beschenkt haben. Und mit so unendlich vielen anderen musikalischen Kostbarkeiten, an denen Begriffe wie „gestern“ und „heute“ abprallen.

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