Bonner Hafen Ein kleiner Hafen als Tor zur Welt

BONN · Aus der Vogelperspektive: Der Bonner Hafen ist mit 55 anlegenden Schiffen pro Woche das meistfrequentierte Terminal am Rhein.

Es ist ein imposanter Anblick, der sich Autofahrern von der Nordbrücke bietet, gerade wenn sie, wie dieser Tage häufiger, mal wieder nur langsam vorankommen. Und auch Fußgänger und Fahrradfahrer bleiben hier oben oft staunend stehen: In Grau-rheindorf, genau bei Rheinkilometer 658, befindet sich der Bonner Hafen. Container in unterschiedlichen Längen stapeln sich zu bunten, haushohen Türmen, die von riesigen fahrbaren Kränen, sogenannte Containerbrücken, auf Frachter geladen werden.

55 Schiffe legen pro Woche auf ihrem Weg nach Rotterdam, Antwerpen und Zeebrügge oder aus der Gegenrichtung am Bonner Hafenterminal an. "Was wir anbieten, ist der klassische bimodale Verkehr, das heißt der Umschlag von Frachtgut zwischen zwei Verkehrsträgern, also Binnenschiff und LKW", erklärt Alfons Am Zenhoff-Söns, der zusammen mit seinem Bruder Gregor Söns die Geschäfte der Hafenspedition führt.

Das Containergeschäft unterteilt sich in Export und Import. "Seit etwa 20 Jahren hat sich einiges verändert", so der Geschäftsführer. "Zu Beginn unserer Tätigkeit lagen wir etwa bei 99,9 Prozent Export und 0,1 Prozent Import. Nach 20 Jahren stehen wir heute bei 65 Prozent Export und 35 Import." Rund 200.000 Container werden so im Jahr umgeschlagen. Hinzu kommen 150.000 Tonnen konventionelles Massengut.

"Wir sind das Hafenterminal mit der höchsten Ankunfts- und Abfahrtsfrequenz am ganzen Rhein", sagt Am Zenhoff-Söns. Das liege daran, dass der Bonner Hafen ein sogenanntes freies Terminal ist. Die Hafenspedition ist nicht Konzerngebunden, so kann sie mit allen Binnenreedereien, die auf dem Rhein fahren, zusammenarbeiten. "Hier macht alles fest, wird be- oder entladen und fährt weiter", sagt Am Zenhoff-Söns. In anderen Häfen sieht das anders aus. Dort legen nur Schiffe an, die einem bestimmten Konzern angehören.

Was sich in den Metallbehältern befindet, bekommen die Mitarbeiter des Hafens in den seltensten Fällen zu sehen, denn in der Regel stehen sie unter Zollverschluss. Allerdings muss stets benannt sein, woraus der Inhalt der Container besteht. "Containerterminals am Rhein sind grundsätzlich regional ausgerichtet", sagt der Bonner Hafenspediteur. 70 Prozent der jährlich umgeschlagenen 200.000 Containern kommen oder gehen aus oder in die Region, in einen Umkreis von 35 Kilometern. Das heißt nicht, dass nicht auch internationale Speditionen zu den Kunden des Hafens zählen. "Klassischerweise sind Container ein Drittlandgeschäft", so Am Zenhoff-Söns. Container aus Bonn gehen in die ganze Welt.

In den vergangenen Jahren ist der frühere kommunale Bonner Hafen stetig gewachsen. Als einen wichtigen Faktor für den Aufschwung sieht Am Zenhoff-Söns die Privatisierung, die im Jahr 2004 erfolgte. Damals gründeten das Unternehmen und die Stadtwerke Bonn die Betreibergesellschaft "Bonner Hafenbetriebe (BHB). Die Am Zenhoff-Söns GmbH hält 51 Prozent der Anteile und ist verantwortlich für das operative Geschäft. Nach der Privatisierung folgten umfangreiche Investitionen, durch die der Hafen zwischen 2008 und 2012 modernisiert werden konnte.

Dabei wurde eine Fläche von 10.000 Quadratmetern saniert sowie die Spundwand, die das Hafen-Terminal zum Rhein hin abschließt, um 100 Meter verlängert. Seitdem können drei Schiffe mit einer Länge von je 135 Metern hintereinander an der Kaikante festmachen.

Im Mittelpunkt des Hafen-Ausbaus stand die riesige, 43 Meter hohe, zweite Containerbrücke. Mit dem beweglichen Stahlkoloss können sogar zwei nebeneinander liegende Schiffe be- oder entladen werden. Über 16 Millionen Euro hat der Ausbau insgesamt gekostet. Der Bund steuerte Zuschüsse von über zehn Millionen Euro bei. Und der Hafen wächst weiter, wenn auch nicht am Standort Bonn. Ab dem kommendem Jahr betreibt das Unternehmen Am Zehnhoff-Söns das Terminal Trier an der Mosel. Bereits seit März gehört ihm ebenfalls das Terminal im lothringischen Metz. Der Name Am Zenhoff ist seit mehr als einem Jahrhundert mit dem Rheinschiffsumschlag in Bonn verbunden. 1907 baute August Am Zenhoff auf Höhe der heutigen Beethovenhalle eine Handelswerft.

17 Jahre später zog er mit dem Geschäft nach Graurheindorf. 2002 übernahmen Alfons Am Zenhoff-Söns und sein Bruder die Geschäftsanteile von ihren Eltern. Seitdem wird der Bonner Hafen in dritter Generation von der Familie geleitet. Den Schritt in das Geschäft, das sein Großvater gegründet hatte, bereut Alfons Am Zenhoff-Söns nicht: "Ich war zuvor fünf Jahre in der Industrie und habe gemerkt, das ist nicht meine Welt, denn ich wollte unternehmerisch tätig sein." Heute hat die Am Zenhoff-Söns GmbH über 200 Mitarbeiter. Für die Zukunft sieht sich die Hafenspedition gut gerüstet. "Die Schifffahrt gilt als relativ langsamer Verkehrsträger", sagt Am Zenhoff-Söns.

Doch ein Schiff, das in Bonn ablegt, brauche gerade einmal 18 Stunden bis nach Rotterdam, 26 Stunden für den Rückweg in der Bergfahrt. "Die Wasserwege werden weiter an Bedeutung zunehmen. Die Straßen sind voll und dringend sanierungsbedürftig", so der Bonner Spediteur. Und auch bei der Umweltverträglichkeit sieht er die Schifffahrt im Vorteil. "Ich würde nie sagen, dass die Binnenschifffahrt umweltfreundlich ist, aber sie ist umweltverträglicher als der andere Verkehrsträger."

Die fliegende Kamera

Das Bild vom Bonner Hafen hat unser Fotograf Volker Lannert mit einem Oktokopter gemacht: Das Fluggerät mit integrierter Kamera kann mehr als 1000 Meter hoch fliegen. Wegen der Flugsicherheit darf man mit der Drohne in NRW daher nur bis zu 100 Meter hoch fliegen. Flugzeuge dürfen nur auf bis zu 150 Meter heruntergehen. Doch auch der Oktokopter hat einen Piloten. Auch wenn er in diesem Fall am Boden bleibt - Modellflugzeug-Liebhaber wissen, dass die Steuerung je nach Fluggerät eine komplizierte Angelegenheit ist. Vier Monate trainierte Volker Lannert mit dem Oktokopter.

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