"Eine Stadt kann man auch kaputtsparen"

Zur Spardiskussion in Bonn

 Die von Schließung bedrohte Stadtbücherei in der Endenicher Burg ist für Jung und Alt ein beliebter Treffpunkt.

Die von Schließung bedrohte Stadtbücherei in der Endenicher Burg ist für Jung und Alt ein beliebter Treffpunkt.

Foto: Barbara Frommann

Die geplanten Sparmaßnahmen der Stadt drohen das zu zerstören, was viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt in ihrem Alltag, also täglich für eine Lebensqualität benötigen, die ich nicht als luxuriös, aber unabdingbar für ihre körperliche und geistige Gesundheit bezeichnen möchte: Sportstätten (Bäder) und Stadtteilbüchereien.

Es ist schon einige Jahre her, dass ich mich dem Demonstrationszug zur Erhaltung des Melbbades angeschlossen habe und in den Förderverein meiner Endenicher Bücherei eingetreten bin. Seitdem habe ich aufmerksam beobachtet, was da geschieht: Es bildeten sich ehrenamtlich arbeitende Interessengruppen, die sich unermüdlich für diese Einrichtungen einsetzen.

Diese Arbeit wurde unentgeltlich für kleine und große, junge und alte Menschen geleistet und ist nicht in Geldwert zu berechnen, sondern bedeutet viel, viel mehr: neben dem individuellen Nutzen jedes Einzelnen die Bildung von Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit im Stadtteil.

Ich frage mich, ob die Stadt-Verantwortlichen blind sind gegenüber der nachhaltigen Bedeutung dieser Einrichtungen vor allem auch für unsere Kinder und Jugendlichen. "Um ein Kind zu erziehen, bedarf es eines ganzen Dorfes", besagt ein afrikanisches Sprichwort. Einen Aspekt dieser wichtigen Aufgabe sehe ich hier in der Endenicher Stadtteilbücherei (sicher auch in allen anderen Zweigstellen) durch die vielen ehrenamtlich wirkenden Kräfte, ErzieherInnen und LehrerInnen verwirklicht.

Oper und Beethoven-Festspielhaus sind auch schön und erstrebenswert. Aber: erst die Pflicht und dann die Kür.

Christina Berke, Bonn

Nun ist es so gekommen, wie viele befürchtet hatten: Die Stadt steht kurz vor dem Nothaushalt und entdeckt endlich die Notwendigkeit zu sparen, und das in der Stadt, die ausweislich von Statistiken 2012 nach Düsseldorf die Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt in NRW ist. Sie muss sich nun von liebgewonnenen Ausgabendimensionen aus der Zeit des Regierungssitzes verabschieden. Aus "Spare in der Zeit, so hast Du in der Not" haben unsere Kommunalpolitiker jedweder Couleur "Spare in der Not, da hast Du Zeit dazu!" gemacht. Doch man kann eine Stadt auch kaputtsparen, indem man sinnvolle Investitionen unterlässt.

Investitionen in unsere Kinder und Jugendlichen sind gut angelegtes Geld. Wenn hier Ausgaben gekürzt, Stadtteilbibliotheken und Bädern geschlossen werden, legen wir den Grund für spätere Sozial- und Bildungsdefizite, Arbeitslosigkeit und Kriminalität, die als Folgekosten auch wieder auf die kommunalen Finanzen durchschlagen. Diese Sparmaßnahmen sind außerdem ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich bemühen, durch Ehrenamt und eigenes Geld gute Jugendarbeit zu machen.

Eine deutliche Kürzung bei Oper, Schauspiel und Orchester wird eine relativ kleine Klientel treffen (Ich gehe auch gerne ab und zu in die Oper und das Schauspiel und wundere mich über die geringen Eintrittspreise), wird sicher aber nicht zum Wegzug von Großverdienern und Wirtschaftsunternehmen führen, im Gegensatz zu einer deutlichen Erhöhung der Steuern und Abgaben.

Im Übrigen gehen von den Gutsituierten immer weniger in die großen öffentlichen Kultureinrichtungen, sondern eher in U-Musikveranstaltungen mit deutlich höheren Preisen. Daher ist auch die Investition in ein Festspielhaus unnötig.

Michael Hacker, Bonn

Bonner Bäderausstattung im XXXL-Format - dass ich nicht lache: Mit penetranter Überheblichkeit wiederholen Verwaltung und OB die immer gleichen Behauptungen, die bei genauer Prüfung aus mehreren Gründen nicht standhalten. Wenn schon der Vergleich mit anderen Städten herangezogen wird, muss man fragen: In welchem Zustand befinden sich denn die Bäder jeweils?

Wie lange sind die Hallenbäder in anderen Städten geöffnet, auch in der Sommerzeit? Und wie wäre es mal mit einem Vergleich mit Städten, die von seiner Einwohnerzahl her mit Bonn vergleichbar sind. War mal jemand von der Verwaltung in Wuppertal oder Duisburg? Da stehen wirklich XXXL-Bäder.

Und warum erwägt die Verwaltung nicht einmal die Übernahme des Kurfürstenbades durch die SG WAGO? Warum erklären die Herren Herkt und Griesbach in einer Personalversammlung, dass der Verein zum Betreiben dieses Bades gar nicht das Potenzial hätte? Wird damit die eigene Unfähigkeit kaschiert, das Bad in einem besseren Zustand zu halten? Aber es ist ja auch wichtiger, dass Bonn mit etwas über 300 000 Einwohnern eine Oper im XXXL-Format hat.

Ulrich Pape, Bonn

Welch ein öffentlichkeitswirksamer Auftritt: Oberbürgermeister Nimptsch eröffnet das Lesefest Käpt'n Book. Und welch ein eklatanter Widerspruch: Derselbe Oberbürgermeister will - mit Rückendeckung der Jamaika-Koalition - die Orte schließen, an denen nachhaltige Leseförderung im Alltag geschieht, die Stadtteilbibliotheken.

Hier leihen die kleinen Leser ihre Bücher aus, hier finden mehrmals im Monat Lesungen und Bilderbuchkino für Kinder statt - und eben nicht nur einmal im Jahr wie bei Käpt'n Book. Die Stadtteilbibliotheken sind gerade für die Kleinsten im Alltag gut erreichbar und wie beispielsweise in Dottendorf ein Ort großen ehrenamtlichen Engagements.

Wer sich mit Prestigeprojekten wie Käpt'n Book schmückt, muss auch die Stadtteilbibliotheken erhalten - sonst meint er es mit der Leseförderung und der Bildung unserer Kinder nicht ernst.

Christina und Tobias Eilers, Bonn

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