Weinanbau im Ahrtal Einsatz von Pheromonen - Winzer verzichten auf Chemie

DERNAU · Schlechte Zeiten für Traubenwickler an der gesamten Ahr. Am Samstag kraxelten 450 Winzer durch Steilhänge, schritten durch Flachlagen und behängten die Bogreben der Weinstöcke systematisch mit orange-braun-farbenen kleinen Ampullen.

 Wirtschaftsministerin Eveline Lemke bringt eine Pheromon-Ampulle an.

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke bringt eine Pheromon-Ampulle an.

Foto: Martin Gausmann

Damit haben die Winzer ihre Ankündigung wahr gemacht, im gesamten Anbaugebiet auf Insektizide zur Bekämpfung des gefürchteten Schädlings zu verzichten und stattdessen die Pheromon-Methode anzuwenden. So wird es bereits seit 13 Jahren in Mayschoß und Altenahr mit Erfolg praktiziert. Diesen Vorreitern folgt nun die gesamte Ahr.

Traubenwickler sind kleine, unscheinbare Motten. Ihre Raupen können in den Weinbergen allerdings große Schäden anrichten, wenn sie Gespinste in die Blüten legen (Heuwurm), die grünen Beeren anknabbern (Sauerwurm) oder die reifen Trauben beschädigen (Süßwurm). In allen Fällen breiten sich Fäulnisbakterien an den betroffenen Stellen aus, Teile der Ernte werden unbrauchbar. Da Traubenwickler pro Saison drei neue Generationen hervorbringen können, potenziert sich die Population und damit der Schaden im Laufe eines Sommers.

Ein Bild von der vereinigten Winzeraktion machte sich Wirtschaftsministerin Eveline Lemke am Samstag in Dernau. Die Grünen-Politikerin hob lobend hervor, dass sich mit der Ahr landesweit das erste Anbaugebiet geschlossen für die umweltfreundliche Methode zur Schädlingsbekämpfung entschieden habe. Denn Erfolg verspricht die "Pheromon-Verwirrmethode" nur, wenn sie flächendeckend angewendet wird.

Die daumengroßen Dispenser, die nun überall in den Wingerten hängen, enthalten den synthetisch nachgebauten Lockstoff der Traubenwickler-Weibchen, erläuterte der Weinbaupräsident Hubert Pauly.Die ganze Saison über verströmen sie ihren Duft, der sich wie eine große Wolke über die Wingerte legt. So können die männlichen Traubenwickler die Weibchen nicht gezielt finden, eine Befruchtung bleibt meist aus und damit der Nachwuchs.

Für die Großaktion hatte Ingo Josten von der Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel 32 Gruppen gebildet, mit dem Material bestückt und für die Flächen eingeteilt. So war am Samstagvormittag eine ungewohnte Geschäftigkeit an den Hängen zu beobachten. Denn insgesamt 500 000 der kleinen Ampullen sind zum Schutz der gesamten Ahr erforderlich, wobei die Mayschosser und Altenahrer die Arbeit in ihrem Gebiet bereits erledigt hatten, um ihre Kollegen weiter unten an der Ahr unterstützen zu können. Der Einsatz war freiwillig, trotzdem hatten sich ausreichend Helfer gefunden.

Die Kosten, etwa 350 Euro pro Hektar, tragen die Genossenschaften und die Weingüter. Von der alten Landesförderung von 80 Euro pro Hektar profitieren in diesem Jahr nur noch Mayschoß und Altenahr. Ab 2015 wird nach neuen EU-Richtlinien gefördert, die Winzern weitere Spielräume gestatten, sagte die rheinland-pfälzische Ministerin. Neu ist, dass die ausgedienten Kunststoffampullen am Ende der Saison eingesammelt und recycelt werden. Künftig sollen verrottbare Behältnisse eingesetzt werden, so Lemke.

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