Kultur im Zehnthof "Es kann ja nie genug Kultur geben"

SINZIG · Der Besuch war gut, die Atmosphäre prima und der Klang toll", als Monika Recker-Johnson im Februar 2012 den Gewölbekeller im Zehnthof fürs Vorspielen ihrer Schüler ausprobierte. Da kann man mehr draus machen, dachte sie, plante Klavierabende, erwarb von einer pensionierten Klavierlehrerin ein Bechstein Klavier und konzertierte mit ihrem Trio Bergerette das Klaviertrio in d-moll von Fanny Hensel. "Das war das erste öffentliche Konzert von Kultur im Gewölbe", sagt die Initiatorin. Mit ihr sprach Hildegard Ginzler.

 Monika Recker-Johnson mit ihrem Cello.

Monika Recker-Johnson mit ihrem Cello.

Foto: HILDEGARD GINZLER

Seit fast einem Jahr machen Sie durch Ihr Programm den alten Zehnthofkeller jeden Freitag zum Erlebnisraum für Kulturbegeisterte. Mit welchem Spektrum?
Recker-Johnson: Klassische Konzerte, weil mir das besonders am Herzen liegt, Literaturlesungen, Erzählkunst, seit kurzem Ausstellungen, Kabarett, Weltmusik, aber alles unplugged. Denn die Akustik ist sehr gut. Dazu kommt die Hautnah-Atmosphäre. In der Regel entwickeln sich im Anschluss an die Auftritte Gespräche mit den Künstlern.

Wie finden Sie Ihre Interpreten?
Recker-Johnson: Erst mal im Kollegenkreis, über Freunde oder Freunde von Kollegen. Die Perkussionistin Stephanie Troscheit wies uns auf Alexander Pankov hin, der begeistert war, dass er hier ein richtiges Akkordeon-Rezital bringen konnte. Das war fantastisch. Auch ihm hat es gefallen, und das Beste: Er kommt wieder. Erstaunlicherweise ist den richtig guten Leuten der Ort wichtig. Als Freund der Familie las gerade Albrecht Goette, Schauspieler am Staatsschauspiel Dresden, aus Herrmann Hesse-Literatur und Arno Geigers "Der alte König in seinem Exil". Kürzlich fragte die Opernsängerin Claudia Dylla, ob sie hier auftreten kann. Im Mai gastiert sie mit einem Kammerspiel über Francois Villon. Hermann Neu wird dazu experimentelle Geigenmusik spielen.

Was kommt bei Ihren Gästen besonders gut an?
Recker-Johnson: Das sind die Erzählabende mit Musik. Auch das neue Format "Sing mit" von Holger Queck hat schon sein Publikum gefunden. Die Veranstaltungen sind inzwischen fast alle gut besucht. Uns fehlt vielleicht ein bisschen die Jugend. Für mich ist immer auch wichtig, Neues zu wagen und mich nicht ausschließlich an den Besucherzahlen zu orientieren.

Gehört nicht viel Mut dazu, mit einem so dichten Terminplan in Sinzig anzutreten, da Koblenz, Bonn und Köln nicht weit und auch die Nachbarorte kulturell rege sind?
Recker-Johnson: Ich habe es bislang überhaupt nicht als Druck empfunden und finde die Abfolge sinnvoll. Solch eine Struktur ist wichtig, damit man sich freitags automatisch fragt: Was ist heute im Gewölbe los? Es hat sich so entwickelt, ohne dass ich das forciere. Es soll mir auch Freude bereiten. So lange es entspannt und gut läuft, werde ich so weitermachen. Außerdem sehe ich mich nicht als Konkurrenz zu anderen Einrichtungen. Ich denke, hier ist ein Platz für Kultur. Es kann ja nie genug Kultur geben.

Teilt Ihr Mann Ian Johnson Ihre Leidenschaft zur Kunstvermittlung?
Recker-Johnson: Er teilt sie sehr. Mein Mann unterstützt mich in der Plakatgestaltung und in allen technischen Belangen. Auf sein Betreiben hin haben wir einen Beamer und eine Leinwand gekauft, um für Vorträge gerüstet zu sein. Er kümmert sich um die Sicherheitstechnik, hat Handläufe und Notausgangschilder angebracht. Mein Mann ist ja englischsprachig. Am 14. Juni, anlässlich des Bloomsday, der sich auf "Ulysses", das Hauptwerk von James Joyce, bezieht, wird er gemeinsam mit Maria Müller im zweisprachigen Wechsel Kostproben aus dessen Werken lesen.

Bei Ihrer Veranstaltungen heißt es oft "Eintritt frei, Spende willkommen". Wie lässt sich damit ein anspruchsvolles Kulturprogramm tragen oder haben Sie Sponsoren?
Recker-Johnson: Sponsoren haben wir nicht an der Hand. Um solch ein Programm zu initiieren, muss man erst einmal investieren und sich ein Publikum erspielen. Für einige Veranstaltungen wird auch Eintritt erhoben. Aber das erste Jahr sehe ich als Testphase. Deshalb wollte ich die Hemmschwelle niedrig setzen. Manchmal musste ich auch Leute wegschicken, weil es die Begrenzung auf 60 Plätze gibt. Das Programm trägt sich sicherlich auf Spendenbasis nicht, so dass ich das Gewölbe auch für Workshops oder Kurse vermiete.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Recker-Johnson: Nach der Osterpause gibt es im April Erzählkunst mit Angelika Krohne und eine Vernissage mit der Sinziger Malerin Eve Klein. Im Mai rezitiert zum Beispiel Pago Balke "Gnadenlose Heiterkeit" von Wilhelm Busch. Außerdem möchte ich in der Spielzeit Lesungen und Theater für Kinder bringen. Wichtig ist mir, dass sich die Kultur im Gewölbe nicht festfährt, sondern abwechslungsreich und überraschend bleibt. Es zählen nicht die großen Namen, vielmehr das, was einer bringt. Und es soll auch Platz sein für Programme, die sich nicht so leicht konsumieren lassen.

Auf die "Kultur im Gewölbe" trifft man in der Zehnthofstraße 2, in Sinzig. Veranstalterin Monika Recker-Johnson ist telefonisch unter 02642/998501 zu erreichen oder per E-Mail: info@gewoelbe-sinzig.de

Zur Person

Monika Recker-Johnson, 1961 in Braunschweig geborene Cellistin und Musikpädagogin, studierte in Heidelberg Germanistik und Erziehungswissenschaften (Vordiplom), an der Pfälzischen Musikakademie in Speyer Instrumentalpädagogik (Hauptfach Cello) und ergänzte ihre Ausbildung durch Meisterkurse und Kammermusikstudien an der Uni Mainz.

Es folgten Auftritte als Solocellistin und eigene Sonatenabende im Heidelberger Raum. An der Städtischen Musikschule Schwetzingen leitete sie das Jugendsinfonieorchester und an der Musikschule der Stadt Ladenburg das Celloensemble.

Seit 2006 lebt sie mit ihrem Mann, Ian Johnson, tätig beim öffentlich rechtlichen Rundfunk, im Sinziger Zehnthof, wo sie Cello-Unterricht gibt und im April 2012 das Programm "Kultur im Gewölbe" initiierte. Als Cellolehrerin ist sie am Rheingymnasium und an der Musikschule im Kreis Ahrweiler tätig. Am Peter-Joerres-Gymnasium in Bad Neuenahr-Ahrweiler leitet sie zwei Streicher-AGs.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort