Falschaussagen sind selten

Zum Bericht "Begriff gegen die Menschenwürde" vom 16. Januar sowie zum Leserbrief vom 21. Januar

 Kachelmanns Ausdruck "Opfer-Abo" ist Unwort des Jahres 2012. FOTO: AP

Kachelmanns Ausdruck "Opfer-Abo" ist Unwort des Jahres 2012. FOTO: AP

Das von Herrn Kachelmann ins Leben gerufene Wort "Opfer-Abo" als Unwort zu bezeichnen, halte ich für gerechtfertigt. Dass "im Bereich Missbrauch und Vergewaltigung Falschbeschuldigungen heute ein Massenphänomen sind" - ein Zitat Kachelmanns noch vor seinem Prozess - ist schlichtweg eine Lüge und eine Diffamation aller mutmaßlichen Opfer sexueller Gewalt.

Aussagen wie diese sowie der Begriff "Opfer-Abo" vergiften das Klima zu Lasten der Opfer. Die Tatsachen sind: Jede siebte Frau in Deutschland hat laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums seit ihrem 16. Lebensjahr eine sexuelle Gewalterfahrung gemacht. Aus Angst oder Scham zeigt aber nur jede 20. Frau die Tat überhaupt an. Nur jedes siebte Verfahren endet mit einer Verurteilung.

Die juristischen Hürden sind für die Opfer enorm hoch, die Prozesse demütigend. Die Quote von Falschbeschuldigungen liegt bei Vergewaltigungen bei drei von 100 Prozent. Das ist also kein Massenphänomen. Die 97 Prozent sind mehr als 90 000 Frauen, die jährlich in Deutschland sexuelle Gewalt erfahren.

Die Dunkelziffer beträgt laut einer Studie des Bundesfrauenministeriums 95 Prozent. All diese Frauen brauchen kein Abo - sie sind Opfer. Sie brauchen ein besseres Rechtssystem, das sie schützt und ihre Not ernst nimmt, und sie brauchen vor allem unser aller Solidarität und Mitgefühl!

Sandra Ney, Bonn

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