Wahl zum Bundespräsidenten am Sonntag Das sind die vier Kandidaten
Frank-Walter Steinmeier: An seiner Wiederwahl besteht kaum ein Zweifel. Der 66 Jahre alte Jurist ist beliebt bei den Menschen. Seine Glaubwürdigkeit beruht darauf, dass er als Ehemann, Vater, Politiker stets authentisch wirkt. Der frühere SPD-Außenminister hat mit seiner Frau schwere Zeiten durchgestanden, ihr eine Niere gespendet, damit sie weiterleben kann. Als Außenminister und Oppositionsführer hat er politische Erfahrungen gesammelt, die seinen Blick auf die Welt geprägt haben. Er ist bedachtsam und humorvoll. Ein Brückenbauer, der sein Gegenüber auf Augenhöhe sieht. Einer, der nachdenkt, bevor er spricht. Doch er ist nicht unumstritten, Kritiker werfen ihm Belanglosigkeit vor, vermissen eine „Ruck-Rede“ in der Pandemie-Zeit.
Max Otte: Der 57-Jährige gilt als bodenständig, weitsichtig – und doch ist er der Kandidat für Bellevue, der provoziert. Sich als CDU-Mann von der AfD nominieren zu lassen, gilt als Skandal. Seine Chancen, Staatsoberhaupt zu werden, sind gleich null. Nachdem klar war, dass der CDU-Mann für die Rechten antreten würde, folgte der vorläufige Rauswurf aus der Partei. Otte sieht darin eine Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze. Für die Union ist indes klar: Kein CDU-Mitglied kann für eine andere Partei kandidieren. Außerdem gibt es Beschlüsse, nicht mit der AfD zu kooperieren. „Unternehmer, Publizist, Philanthrop und politischer Aktivist“ – so sieht sich Otte selbst. Er studierte in Köln Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, wechselte später an diverse US-Universitäten. Seine unternehmerische Hauptbetätigung wurden Anlagefonds und Vermögensverwaltung.
Stefanie Gebauer: Die Freien Wähler haben das geschafft hat, was Union und Grüne nicht hinbekommen haben, nämlich mit einer Frau ins Rennen zu gehen. Die 41-Jährige wird gegen drei Männer antreten. Und dass ohne jegliche Erfahrung auf der großen, politischen Bühne. Gebauer kommt überdies aus dem Osten, die Herren stammen aus dem Westen. In der nordwestlich von Berlin gelegenen brandenburgischen Kleinstadt Kremmen ist Gebauer die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Sie ist sozusagen die Angela Merkel der Freien Wähler, denn die Mutter einer Tochter studierte Physik (wie Merkel) und promovierte später im Fach Astrophysik. Seit Anfang 2021 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der BVB/Freie Wähler-Fraktion im brandenburgischen Landtag.
Gerhard Trabert: Der 65-jährige Arzt und Sozialarbeiter ist mit seinem Arztmobil auf den Straßen seiner Heimatstadt Mainz unterwegs. Die Linke hat den Professor für Sozialmedizin als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Trabert sagt: „Ich kandidiere nicht gegen Frank-Walter Steinmeier. Ich kandidiere für Menschen, die ausgegrenzt sind und oft nicht mehr gesehen und gehört werden.“ Mit Steinmeier verbindet ihn das Thema Obdachlosigkeit. Der Titel von Steinmeiers Dissertation lautet: „Bürger ohne Obdach. Zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum.“ Bei der Bundestagswahl im vergangenen September trat der Sozialmediziner als Direktkandidat der Linken in Mainz für den Bundestag an. Mit 12,7 Prozent erzielte der in Mainz bekannte und geachtete Sozialarbeiter das beste Ergebnis aller Direktkandidaten der Linken in Westdeutschland.