Kritik zu „Dumbledores Geheimnisse“ „Phantastische Tierwesen 3“ trumpft in vielerlei Hinsicht auf

Bonn · Teil 1 und 2 der „Phantastischen Tierwesen“ konnten nicht vollends überzeugen. Die Fortsetzung „Dumbledores Geheimnisse“ trumpft nun aber mit erzählerischer Tiefe und einem grandiosen Mads Mikkelsen auf. Unsere Kritik zum Kino-Neustart.

 Von lässiger Bösartigkeit: Mads Mikkelsen macht als Gellert Grindelwald von seinen Zauberkräften hemmungslos Gebrauch.

Von lässiger Bösartigkeit: Mads Mikkelsen macht als Gellert Grindelwald von seinen Zauberkräften hemmungslos Gebrauch.

Foto: dpa/-

Die Dampflokomotive braust ratternd durch die Landschaft. An Bord des Zuges eine Handvoll Magier. Ein vertrautes Bild für alle Harry-Potter-Fans. Aber das Reiseziel ist nicht Hogwarts, sondern Berlin, das für den dritten Teil von „Phantastische Tierwesen“ zum zentralen Handlungsort auserkoren wurde. Nachdem 2011 das letzte von sieben Zauberlehrling-Abenteuern in den Kinos durchgestartet war, hat die Filmindustrie lange nach Heilmitteln gesucht, um die Phantomschmerzen der Fans zu behandeln. Schließlich erbarmte sich J.K. Rowling und schrieb das Drehbuch zu einem Spin-off, das auf fünf Folgen projektiert wurde, ohne zuvor in Romanform den Markt zu erobern.

Tatsächlich lieferte „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ (2016) vieles, was die Herzen der Potter-Begeisterten begehrten: eine neue magische Welt, die lose mit dem Original als Prequel verbunden war, einen jungen, schüchternen Magier und Tierliebhaber, der die Menschheit vor einem mächtigen Bösewicht beschützen muss, und jede Menge Fabelwesen, die mal putzig, mal imposant die Leinwand bevölkerten. Trotzdem blieben die beiden ersten Folgen kommerziell und inhaltlich hinter den Erwartungen zurück. Der erste Teil beschäftigte sich allzu eingehend mit den titelgebenden Tierwesen, der zweite erging sich in digital aufgeplusterter Düsternis. Was fehlte, waren Figuren mit echtem Identifikationspotenzial und interaktiver Relevanz.

Das ändert sich nun glücklicherweise im dritten Teil, der mit „Dumbledores Geheimnisse“ überschrieben ist. In den frühen 1930er Jahren reist der Magizoologe Newt Scamander (Eddie Redmayne) in Begleitung einiger Gefährten in die deutsche Hauptstadt, wo der Wahlkampf um die Präsidentschaft der Weltzauberergemeinde tobt. Der deutsche Amtsinhaber Anton Vogel (Oliver Masucci) überrascht die Öffentlichkeit mit der Amnestierung des finsteren Magiers Gellert Grindelwald, der sich schon bald als Kandidat aufstellen lässt und eine fanatische Anhängerschaft um sich schart.

Mads Mikkelsen spielt die Rolle des machthungrigen Bösewichtes, der in der vorangegangenen Folge von Johnny Depp mit wasserstoffblondem Schopf, aber ohne nachweisbare schauspielerische Anstrengung verkörpert worden war. Da ist Mikkelsen schon ein anderes Kaliber. Als charismatischer Führer, der die Zauberer in den Krieg gegen die minderwertigen Muggel führen will, entwickelt der dänische Schauspieler durch solides Understatement erneut eine beträchtliche Leinwandpräsenz. In seiner Figur spiegeln sich unübersehbar Analogien zum politischen Aufstieg Adolf Hitlers genauso wie zu den Demagogen unserer Zeit von Trump bis Putin.

Dem versierten Bösewicht steht mit dem linkischen Scamander, dessen Bruder Theseus (Callum Turner), der loyalen Assistentin Bunty (Victoria Yeates), der Zauberlehrerin Eulalie Hicks (Jessica Williams) und dem tapferen Muggel-Bäcker Jack Kowalski (Dan Folgler) ein unterlegenes Außenseiter-Team gegenüber, das mit kollektiver Kraft die Machtergreifung zu vereiteln sucht.

Als Drahtzieher im Hintergrund fungiert hier Albus Dumbledore (Jude Law), der nicht selbst ins Geschehen eingreifen kann, weil er durch einen Blutzauber für immer mit seiner Jugendliebe Gellert Grindelwald verbunden ist. Mit souveräner Beiläufigkeit wird hier das schwule Coming-out der bärtigen Magier-Ikone in die Handlung eingeflochten.

Und das bleibt nicht das einzige Geheimnis, das im Hause Dumbledore gelüftet wird. Anders als in den Vorgängerfilmen findet Regisseur und Potter-Veteran David Yates nun endlich die Balance zwischen effektvollen Magiergefechten vor den Kulissen Berlins und Butans, intensiveren Figurenbeziehungen, nostalgischen Hogwarts-Besuchen sowie animalischen Show-Einlagen, in denen neben vertrauten Nifflern und Baumwächtern auch neue Tierwesen ihren Auftritt haben. Spät, aber nicht zu spät entwickelt das Franchise mit „Dumbledores Geheimnisse“ die notwendige narrative Tiefe und eine Spannung, die über bloße Oberflächenreize hinausgeht.

Gleichzeitig öffnet sich die Erzählung zu einem funktionierenden Ensemblestück, das weniger auf Eddie Redmaynes Haupthelden fixiert ist und auch dem von Dan Folgler unheimlich charmant verkörperten Nichtzauberer Kowalski als heimlichen Publikumsliebling mehr Raum einräumt. Einziges Manko bleibt die deutlich überdigitalisierte visuelle Gestaltung, welche es einfach nicht mit den aufwendigen, handgefertigten Ausstattungsorgien der guten, alten Potter-Filme aufnehmen kann. (Der Film läuft in Bonn im Stern, Woki und Kinopolis)

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