Hurricane

Er war einer der berühmtesten Gefangener seiner Zeit. Rubin Carter, aussichtsreichster Anwärter auf den Titel des Boxweltmeisters und von aller Welt, wegen seines stürmischen Stils, "Hurricane" genannt.

Ein weißer Ankläger und eine weiße Jury im Staate New Jersey verurteilten den begnadeten Boxer im Jahre 1967 fälschlicherweise zu Lebenslänglich wegen Mordes.

Trotz vieler Proteste - Bob Dylan brachte den Justizskandal in seinem 1975 erschienenen Song "Hurricane" weltweit wieder ins Bewusstsein - dauerte Carters härtester Kampf mehr als zwanzig Jahre, bis er endlich freigesprochen wurde.

Schon bei der ersten Verhandlung stand fest, dass die Beweisführung der Polizei eine Farce war. Doch erst nach dem dritten Wiederaufnahmeverfahren 1988 kam Hurricane frei.

Norman Jewison, der seit "Mondsüchtig" nur noch komödiantische Standardware anfertigte, gelingt in seinem neuesten Film "Hurricane" ein kraftvolles Comeback, wenn auch manches in der Handlung zu sehr den Maximen Hollywoods unterworfen wurde.

Carters Kampf steht weniger für den gesellschaftlichen Konflikt, den die Rassendiskriminierung in den USA auslöst, sondern kommt im Gewand der Heldenvita daher, die Gerechtigkeit, Toleranz und Freundschaft propagiert.

Und auch die Gegenseite der Rassisten wird auf die Figur eines italo-amerikanischen Polizisten reduziert, der als Carters Nemesis den Boxer seit Kindheitstagen verfolgt.

Im Mittelpunkt des Films steht aber Rubin Carters Katharsis, sein Kampf um Würde im Gefängnis, sein radikaler Rückzug von der Welt, der auch vor der eigenen Familie nicht Halt macht. Bis die Bestrebungen des jungen Fans Lesra Martin (Vicellous Reon Shanon) neue Hoffnug bei ihm wecken.

Zuweilen droht die Freundschaft zwischen dem tapferen Teenager und dem heroischen Häftling ins seichte "Wenn-der-Vater-mit-dem-Sohne"-Fahrwasser abzudriften. Wäre da nicht das ungemein präsente Spiel des frischgebackenene Golden-Globe- und Berlinale-Preisträgers Denzel Washington.

Ihm gelingt ein grandioses Wechselspiel zwischen Mensch und Mythos Rubin Carter. Wenn auch der Film reichlich angeschlagen aus dem Ring kommt, so heißt doch der eindeutige Sieger nach Punkten: Denzel Washington.

Dazu auch: "Ich spiele lediglich eine Rolle" - Interview mit Denzel Washington

(Film-Kritik aus dem General-Anzeiger)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Eine Szene aus „One Life“: Anthony
Held ohne Heldenpose
“One Life“ mit Anthony HopkinsHeld ohne Heldenpose
Aus dem Ressort