Phantomschmerz

Til Schweiger beweist, dass er ein guter Schauspieler ist

Phantomschmerz
Foto: dpa

Til Schweiger will es wieder wissen. Er will sich beweisen; zeigen, dass er nicht nur im Fach der romantischen deutschen Komödie eine Bank ist. Und das ist gut so, denn Schweiger ist ein guter und vielseitiger Schauspieler.

Also gibt er in "Phantomschmerz" zwar auch den cool charmanten Frauenhelden (mit Langhaarmatte!), der in allen Lebenslagen aberwitzige Geschichten auftischt und sich mit dem gleichen verschmitzten Lächeln, mit dem er seine Flirts einleitet, hinterher auf seinem Rennrad wieder davonmacht.

Ganz ohne Folgen ist das Spaßdasein aber auch nicht, denn Marc muss für seine geschiedene Ehe Alimente abstottern und bekommt den Mangel an Verantwortungsbewusstsein mit vorwurfsvollen Blicken aus den Augen seiner minderjährigen Tochter Sarah quittiert.

Dann wird Marc schuldlos in einen Verkehrsunfall verwickelt, der ihm den linken Unterschenkel kostet, und es liegt ganz bei ihm, ob er sich Selbstmitleid und Alkohol ergibt oder doch noch den Herausforderungen eines Neubeginns mit vielleicht fester Partnerin stellt.

Regisseur und Drehbuchautor Martin Encke liefert ein Spielfilmdebüt der auffälligen Höhen und Tiefen ab. Der sinnenfrohe Hedonist am Existenzminimum, der sich immer wieder um die eigenen Chancen bringt, bleibt als Figur zu lange oberflächlich und findet erst durch einen spät eingeworfenen Vaterkomplex zu etwas Tiefe.

Die dramatischen Defizite im Gesamtwurf setzen sich in leichtfertig verspielten Einzelszenen fort; etwa wenn Marc erstmals ohne Krücken mit der Prothese zu gehen versucht oder wieder aufs Rad steigt. Und doch findet der Film immer wieder zu anrührenden Szenen, die sich dank der vorzüglich geführten Darsteller gut im Gedächtnis halten.

Stipe Erceg als Marcs bester (und sehr reicher) Freund und Jana Pallaske als des Lebemanns letzte Liebschaft und mögliche Partnerin fürs neue Leben setzen dabei erfrischende Akzente. Die besten Szenen aber bestreitet Til Schweiger mit seiner Film- (und wirklichen) Tochter Luna, und man ahnt, wie viel besser der Film unter versierterer Führung hätte ausfallen können. So kam es nicht, aber in der gegebenen Form ist "Phantomschmerz" einen Blick wert; der Schauspieler wegen.

(Film-Kritik aus dem General-Anzeiger)

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