Lustloser Depp Routine statt Spannung in "Pirates of the Caribbean 5"

Berlin · Johnny Depp torkelt über die Schiffsplanken, Javier Bardem zeigt Vampirzähnchen - und ein junges Liebespaar gibt es auch. Disneys unverwüstliche Piratensaga geht mit leicht verjüngter Crew routiniert, aber ohne Überraschungen in eine neue Runde.

 Jack Sparrow (Johnny Depp) ist wieder da.

Jack Sparrow (Johnny Depp) ist wieder da.

Foto: Disney

Der Kinosommer wirft seine Schatten voraus, und dies bedeutet Fortsetzungen, wohin das Auge schaut. Gleich 15 Sequels von bewährten Hollywood-Reihen laufen laut Fachmagazin "Variety" von Mai bis August in den Kinos an, von "Alien" über die "Transformers" und den "Planet der Affen" bis zu "Spider-Man".

Und es gibt ein Wiedersehen mit dem schrägen Captain Jack Sparrow, wiederum gespielt vom unverwüstlichen Johnny Depp, in der mittlerweile fünften Auflage von "Pirates of the Caribbean" seit 2003.

Leinen los, das Wiedersehen mit den Freibeutern und ihren gruseligen Widersachern macht durchaus Freude - wenn man nicht allzuviel Neues erwartet. "Pirates Of The Caribbean 5: Salazars Rache" setzt routiniert und überraschungsarm auf die bewährten spektakulären Schauwerte, die skurrilen Charaktere und hanebüchenen Plotkonstruktionen. Die norwegischen Regisseure Joachim Rønning und Espen Sandberg, die mit ihrem Expeditionsabenteuer "Kon-Tiki" (2012) eine Oscar-Nominierung einheimsen konnten, haben das alte Blockbuster-Schlachtschiff aus dem Hause Disney behutsam modernisiert und auf den neuesten Stand der Digitaltechnik gebracht.

Und natürlich musste die Crew verjüngt werden, ein neues Liebespaar sorgt für die romantischen Momente. Die 25-jährige Britin Kaya Scodelario spielt die bildhübsche Astronomin Carina Smyth, die mit ihrem Wissen über die Himmelsgestirne das Schiff der Piraten durch alle Untiefen - auch des Drehbuchs - bis zum sagenhaften "Dreizack des Poseidon" führt. Ihr zur Seite steht der Draufgänger Henry, ein junger Matrose der Royal Navy, schmissig gespielt vom australischen Newcomer Brenton Thwaites. Ein Herzensbrecher wie aus dem Bilderbuch, ein Burt Lancaster für die Generation YouTube.

Richtig zum Fürchten dagegen kommt Javier Bardem ("No Country For Old Men") als finsterer Captain Salazar daher. Der spanische Oscarpreisträger hat den Part des Bösewichts, den er auch schon in dem Bondfilm "Skyfall" übernommen hatte, längst perfektioniert. Als eine Art Vampir an Deck führt Salazar eine Bande von Geistermatrosen an, die Jagd auf den unverzagten Captain Sparrow und seine buntgescheckte Piratentruppe machen, die ihren betagten Segler mit dem sprechenden Namen "The Dying Gull" (Die sterbende Möwe) nur mühsam wieder flott gemacht haben.

Und Johnny Depp? Der blickt meist verdutzt aus seinen dick umschminkten Augen und torkelt ansonsten eher lustlos und mit ordentlich Schlagseite durch die simple, grotesk aufgeblasene Seeräubergeschichte. Dieser Jack Sparrow gibt mittlerweile eine ziemlich jämmerliche Figur ab, vom anarchistischen Furor und subversiven Witz früherer Auftritte ist nicht mehr viel übrig geblieben. Aber Depp ist eben das Gesicht der "Fluch der Karibik"-Reihe, und angesichts der chronischen Finanznöte, in denen der Schauspieler zu stecken scheint, wird uns sein Sparrow wohl noch einige Zeit erhalten bleiben. Ein wenig erscheint er wie der "Fliegende Holländer" aus der Wagner-Oper: ein verfluchter Seemann, dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit auf den Meeren zu kreuzen.

Einen großen Auftritt dagegen absolviert der australische Oscargewinner Geoffrey Rush ("Shine") als angegrauter Captain Barbossa. Der Veteran der Reihe, von Anfang an dabei, ist längst zum altersmilden Seebären mutiert. Wenn sein Blick sehnsuchtsvoll übers Meer schweift, hält die atemlos durchkalkulierte Piratensaga für einen Moment den Atem an.

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