Kritik zum Wikinger-Epos „The Northman“ ist packend, brutal und wunderschön

Bonn · Regisseur Robert Eggers erzählt in „The Northman“ eine Rache-Geschichte, angesiedelt Anfang des 10. Jahrhunderts. Das Wikinger-Epos ist trotz Hollywood-Besetzung und Blockbuster-Budget alles andere als konventionell.

 Ein muskelbepackter Berserker auf Rache-Feldzug: Alexander Skarsgård spielt Amleth in „The Northman“.

Ein muskelbepackter Berserker auf Rache-Feldzug: Alexander Skarsgård spielt Amleth in „The Northman“.

Foto: dpa/Aidan Monaghan

Immer wieder wiederholt der zehnjährige Amleth gebetsmühlenartig drei Sätze: „Ich werde dich rächen, Vater. Ich werde dich retten, Mutter. Ich werde dich töten, Fjölnir“. Der Wikinger-Prinz ist auf der Flucht, nachdem sein Vater verraten und getötet und seine Mutter gefangen genommen wurde. Das Reich, das er einmal übernehmen sollte, beherrschen jetzt andere. In einem Ruderboot rettet er sich vor dem Tod und steuert ziellos in die vor ihm stürmende See. Wohin diese ihn treibt, ist ungewiss.

Das Wikinger-Epos „The Northman“ erzählt die Geschichte des Jungen, aus dem nach seiner Flucht im Jahr 895 ein muskelbepackter Berserker wird. In einer Wikinger-Horde mutiert er zum wilden Krieger, überfällt Dörfer, überrennt diese regelrecht, tötet die Menschen. Nach einem Überfall wird er jedoch an seinen Schwur aus dem Ruderboot erinnert. Der ziellos mordende Prinz (Alexander Skarsgård) erhält wieder eine Richtung für sein Leben. So schmiedet er einen Plan, um seine Mission zu erfüllen und Rache zu nehmen.

„The Northman“ erzählt im Kern eine Rachegeschichte

Mit „The Northman“ legt der US-amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Robert Eggers nach den international gefeierten und vielfach ausgezeichneten Werken „The Witch“ und „Der Leuchtturm“ seinen dritten Spielfilm vor. Im Kern erzählt der Film eine Rachegeschichte und erfüllt quasi Elemente des Genre-Kinos.

Das liegt an der Vorlage, der sich Eggers und sein Co-Autor Sjón Sigurdsson angenommen haben. Sie haben sich einer Sage des dänischen Historikers Saxo Grammaticus bedient, dessen Geschichte auch Grundlage für Shakespeares „Hamlet“ ist. Doch ein konventioneller Hollywood-Blockbuster mit einer pathetischen Rachegeschichte als eine unter vielen ist der Film trotz Hollywood-Besetzung (unter anderem Nicole Kidman, Anya Taylor-Joy, Willem Dafoe und Ethan Hawke) und Blockbuster-Budget von rund 90 Millionen Dollar bei Weitem nicht.

„The Northman“ zeigt die Welt im 10. Jahrhundert

Robert Eggers zeigt eine Wikinger-Welt, in der das brutale und finstere Mittelalter herrscht und die zugleich voller Sagen und Mythen ist. Gewalt, Blut und Mord sind ebenso an der Tagesordnung wie Hexen, Götter und Walküren. Der Film beschreibt das damals für die Menschen Alltägliche und nimmt dies als selbstverständlich, ohne es ausschweifend zu erklären. Das mag in der einen oder anderen Szene befremdlich, irritierend oder gar unfreiwillig komisch wirken. Doch der Filmemacher zieht dies, auch durch die Sprache und die Dialoge, konsequent durch. Eggers erzählt nicht nur Amleths Rachegeschichte. Er zeigt auch, wie die Menschen Anfang des 10. Jahrhunderts lebten, ihre Welt, ihre Rituale und ihren Glauben.

Erzählt wird dies in betörenden Bildern. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen wechseln sich mit blutgetränkten Bildern und packend inszenierten und übersichtlich gefilmten Action-Sequenzen in teils langen Einstellungen ab. Jedes Bild wirkt punktgenau und passend ausgewählt – von der ersten Einstellung der rauen See bis zum Finale aus Island. Mit „The Northman“ ist Eggers erneut ein einzigartiger Film gelungen; packend, brutal und doch wunderschön.

Information: Der Film läuft in der Region im Bad Godesberger Kinopolis und im Cineplex Siegburg.

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