Filmkritik zu "Paula" Zwischen künstlerischer Freiheit und ehelichen Konflikten

Bonn · Christian Schwochow erzählt in dem Biopic "Paula" die Geschichte der Malerin Paula Modersohn-Becker, fokussiert sich auf die letzten sieben Jahre. Inhaltlich nicht immer überzeugend, trumpft der Film mit einer starken Hauptdarstellerin.

 Roxanne Duran als Clara Rilke-Westhoff, Nicki von Tempelhoff als Fritz Mackensen und Carla Juri als Paula Becker im Film "Paula".

Roxanne Duran als Clara Rilke-Westhoff, Nicki von Tempelhoff als Fritz Mackensen und Carla Juri als Paula Becker im Film "Paula".

Foto: Pandora Film/Martin Menke/dpa

Bereits im Alter von 31 Jahren ist die Malerin Paula Modersohn-Becker gestorben und hat der Welt 750 Gemälde und etwa 1000 Zeichnungen hinterlassen. Vielleicht rührte die enorme Schaffenskraft daher, dass sie ihren frühen Tod vorausahnte. Christian Schwochows Biopic „Paula“ legt diese Vermutung nahe. „Ich werde nicht lange leben, aber wenn ich drei gute Bilder gemalt habe, gehe ich gern. Drei Bilder und ein Kind.“ sagt Paula (Carla Juri) zu ihrer Freundin, der Bildhauerin Clara Westhoff (Roxane Duran).

Die beiden Frauen verbringen den Sommer des Jahres 1900 in der Künstlerkolonie Worpswede. Die Lehrer dort nehmen die weiblichen Kursteilnehmerinnen nicht ernst. „Frauen werden nie etwas Schöpferisches hervorbringen außer Kinder“ stößt Fritz Mackensen (Nikki von Tempelhoff) verächtlich hervor. Der Apfel, den sie gemalt hat, erinnere ihn eher an einen Kohlkopf. Das exakte künstlerische Abbild der Natur steht im Vordergrund der künstlerischen Einweisungen, aber Paula malt die Dinge und Menschen so, wie sie sie empfindet.

Mit erstaunlicher Kompromisslosigkeit verfolgt sie diesen Weg, auch wenn das bedeutet, dass sie zu Lebzeiten gerade einmal zwei Gemälde verkaufen wird. Als sie den Worpsweder Maler Otto Modersohn (Albrecht Abraham Schuch) heiratet, hofft sie nicht nur auf finanzielle Absicherung, sondern auch auf ein gegenseitiges künstlerisches Einverständnis. In sexueller Hinsicht wird die Ehe aufgrund einer Zeugungsphobie des Gatten zum Desaster.

An ihrem 30. Geburtstag verlässt Paula, die sich sehnlichst ein Kind wünscht, Worpswede und fährt nach Paris, wo Maler wie Cézanne gerade mit ihren impressionistischen Werken erste Erfolge feiern. Trotz widriger finanzieller Verhältnisse geht die junge Malerin hier mit großer kreativer Schaffenskraft zu Werke. Während die Künstlerfreunde in Worpswede Otto raten, seine Gattin zu zügeln oder ins Irrenhaus sperren zu lassen, weigert dieser sich seine Ehefrau aufzugeben, auch wenn sich Paula in Paris schon längst mit anderen Liebhabern vergnügt und die Scheidung will.

Auf die letzten sieben Lebensjahre verdichten Schwochow und seine Drehbuchautoren Stefan Kolditz und Stephan Suschke in „Paula“ das Leben der Malerin und verflechten das Ringen um künstlerische Freiheit und Ausdruckskraft mit den ehelichen Konflikten um private Glücksansprüche und gesellschaftliche Konventionen. Diese Mischung wirkt zwar dramaturgisch stellenweise etwas forciert, aber Carla Juri („Feuchtgebiete“) spielt darüber mit ihrer eigensinnigen Leichtigkeit souverän hinweg.

Wenn ihre Paula das Modell mit ruhigem Blick studiert, bevor sie zum Pinsel greift, dann erkennt man in ihren Augen, wie sich die Wirklichkeit in der Wahrnehmung der Malerin verändert. Wie viele filmische Künstlerporträts leidet auch „Paula“ darunter, dass hier von einer unorthodoxen Persönlichkeit in relativ konventionellen Bahnen erzählt wird. Immerhin bemüht sich Kameramann Frank Lamm nicht ohne Erfolg, die eigenwilligen Moorlandschaften Worpswedes und die starken Farbkontraste im Pariser Boheme-Milieu als Quell künstlerischer Inspiration ins Bild zu fassen und Brückenschläge zum Werk der faszinierenden Malerin herzustellen.

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