Zwischenbilanz nach dem Wochenende Polizei verzeichnet nur wenige Einsätze auf Pützchens Markt

Update | Bonn · Nach zwei Jahren Zwangspause begeistert Pützchens Markt die Menschen in der Region. An den ersten drei Tagen besuchten rund 850.000 Gäste die Kirmes.

Pützchens Markt 2022: Bilder von Sonntag
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Bilder von Pützchens Markt am Sonntag

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Foto: Ingo Firley

Mehr als eine halbe Million Gäste haben am Freitag und Samstag Pützchens Markt besucht. Gemeinsame Hochrechnungen von Polizei, Stadt, Feuerwehr und Stadtwerken von Sonntagnachmittag lassen vermuten, dass die Besucherzahl bis zum späten Sonntagabend sogar bei rund 850.000 lag. Dieser Wert nach drei Tagen liegt deutlich unter der Besucherzahl im bisherigen Rekordjahr 2018. Damals waren es 930.000 Gästen in drei Tagen. Schlussendlich waren es damals nach fünf Tagen 1,4 Millionen Besucher.

Ein Besucherrekord wird nicht erwartet

„Die Kirmes ist sehr gut besucht, allerdings knubbeln die Menschen sich zu den Spitzenzeiten nicht so wie in den Jahren vor der Pandemie“, sagte Peter Barth, Vorsitzender des Schaustellerverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen. Einen Besucherrekord wird es 2022 also vermutlich nicht geben.

Kollege Hubert Markmann sieht das ähnlich: „Es läuft ruhiger an. Wir erleben dafür aber einen friedlichen, fröhlichen und entspannten Jahrmarkt. Nach zwei Jahren Zwangspause ist das ein guter Neuanfang für uns Schausteller.“

Polizei, Ordnungsamt, Feuerwehr und Rettungsdienste sind überrascht, wie diszipliniert und korrekt sich die überwiegende Mehrheit der Besucher auf dem Kirmesgelände verhält. Polizeieinsatzleiter Stefan Scharfenstein, der erstmals Chef in der „Marktwache“ ist, zog eine erste Zwischenbilanz: „Durch unsere starke Präsenz hatten wir das gut besuchte Marktgelände ständig unter Kontrolle. Im Rahmen unserer Streifen, die wir auch gemeinsam mit dem Ordnungsaußendienst der Stadt Bonn durchführten, waren wir für die Besucher immer ansprechbar – das kam nach unserer Wahrnehmung auch gut an."

Neue Marktleiterin erlebt positives Premierenjahr

Kathrin Krumbach, die als erste Frau in der Geschichte der Stadt Bonn die Funktion der Marktleiterin inne hat, wirkte am Sonntag ein wenig müde, aber glücklich: „Mein Premierenjahr verläuft bislang ohne nennenswerte Zwischenfälle. Bei Gästen und Schaustellern blicke ich fast ausschließlich in zufriedene Gesichter.“ Die ersten beiden langen Kirmesnächte hat sie gut weggesteckt. Sonntagmorgen knipste sie um 5.05 Uhr das Licht aus und ging zu Bett.

Was Beuels Bezirksbürgermeisterin Lara Mohn besonders auffiel, war die hohe Wertschätzung der Besucher für das Kirmestreiben. „Die Begeisterung ist überall spürbar“, sagte Mohn, die sich besonders über die Besucherdelegation aus Beuels französischer Partnerstadt Mirecourt freute.

Nur wenige Polizeieinsätze am Sonntag

Das Strafaufkommen hielt sich am Sonntag in Grenzen, so die Polizei Bonn. In den Nachmittagsstunden meldete einer der Schausteller einen gefälschten 50-Euro-Schein. Bald machten die Beamten der Polizei einen Tatverdächtigen ausfindig: einen Minderjährigen, der angab, den Schein von einer anderen Person bekommen zu haben. Ihn erwartet nun ein Ermittlungsverfahren.

Des Weiteren wurden der Kripo eine Körperverletzung und ein Diebstahl gemeldet. Für kurze Zeit wurde eine 81-Jährige als vermisst gemeldet, bald aber wieder gefunden. Ein 16-jähriger Rollerfahrer wurde mit 1,2 Promille und THC im Blut erwischt. Insgesamt fünf Menschen erhielten im Laufe des Abends einen Platzverweis.

Neuer Trend: Jugendliche konsumieren Lachgas

Sascha Hessenbruch, Abteilungsleiter Ordnungswidrigkeiten und Stadtordnungsdienst, will ein Novum auf der Kirmes festgestellt haben: „Wir verzeichnen einen eindeutigen Trend: Jugendliche berauschen sich mit Lachgas. Die Gasflaschen sehen aus wie Beatmungsgeräte. Das Gas führt beim Einatmen zu einem Rauschzustand.“

Mit dem Umsatz sind die Schausteller durchaus zufrieden. Für sie stellt sich die Preisgestaltung wie ein Spagat dar: Sie müssen wegen der vielfältigen Preissteigerungen mehr verlangen, dürfen aber für ihre Angebote nicht zu viel nehmen, weil zu hohe Preise Kunden abschrecken. Eine Fahrt mit Octopussy kostet 50 Cent mehr als 2019. In Summe heißt das vier Euro. „Wir müssen es in diesem Jahr über die Masse und nicht über den Preis machen“, sagt Schausteller Markmann.

Fingerspitzengefühl bei Preisgestaltung

Auch die Kalkulation des Bierpreises verlangt Fingerspitzengefühl. Peter Barth meint: „Mehr als drei Euro für ein 0,25-Liter-Glas kann man für Kölsch nicht nehmen. Dann schmeckt das Bier nicht mehr.“ 2019 kostete die gleiche Menge 2,50 Euro. Barth behauptet: „Pützchens Markt ist und bleibt die umsatzstärkste Fünf-Tage-Kirmes in Deutschland.“

Zurückhaltung beim Bierkonsum kann Bayernzelt-Betreiber Jan-Patrick Wolters nicht feststellen: „Wir mussten am Samstagabend das Zelt zweimal kurzfristig schließen, weil sonst zu viele Gäste im Innenraum sind. Wenn die Bedienungen nicht mehr durchkommen, müssen wir den Einlass zu machen.“

Seine 13 Kölsch-Zapfstellen im Zelt waren dauerhaft in Betrieb. Damit auch stets genug kaltes Bier aus den Bierhähnen strömt, hat Wolters 1,5 Kilometer Bierleitungen unter dem Zeltboden verbaut. Diese werden aus einem Aluminiumtank mit einem Fassungsvermögen von 20.000 Litern versorgt. Klingt viel, ist auch viel.

Erstmals kein Polizeieinsatz im Bayernzelt

Das friedliche Miteinander im Bayernzelt unterstreicht auch Wolters: „Seitdem ich nach Pützchen komme, ist es das erste Mal, das samstagsabends keine Polizei gerufen werden musste. So kann es weitergehen.“

Ein Schausteller schwebte förmlich vor Glückseligkeit über das Marktgelände – und das hatte noch nicht einmal etwas mit dem Kirmesverlauf zu tun. Marcel Markmann ist seit wenigen Stunden stolzer Besitzer einer historischen Zugmaschine der Marke Scania, Baujahr 1972. Der Oldtimer, der aus Schweden-Stahl gebaut wurde, ist ein Geschenk seines Vaters Hubert. „Ich habe den Wagen in einem schlechten Zustand gekauft, aber keine Zeit gehabt, ihn zu restaurieren. Das hat meinen Sohn schon etwas traurig gemacht“, erklärt der Vater.

Dann bot sich ein Zeitfenster an, der Wagen wurde aufgemöbelt, in einem Garten in Holzlar versteckt. Unter einem Vorwand sollte Sohn Marcel eine Zugmaschine in Holzlar abholen und stand dann plötzlich vor dem glänzenden Scania-Truck. Sekunden später glänzten die Augen. Vater und Sohn lagen sich später in den Armen. Auch das ist eine Geschichte von Pützchens Markt.

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