Commedia dell'Arte im Heimatmuseum Beuel Alanus-Schauspieler widmen sich dem "Wutbürger"

Bonn · Wer eine Maske tragen will, der muss sich selbst ins Auge blicken: Diesem Ansatz folgend ist die alte italienische Theatertradition der Commedia dell'Arte seit Jahren fest im Lehrplan der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter verankert.

Auch in diesem Semester haben angehende Schauspieler unter der Leitung von Professor Michael Schwarzmann ein derartiges Stück inszeniert, bei dem die klassischen, stilisierten Figuren wie die des naiv-fröhlichen Arlecchino oder des besserwisserischen Dottore durch ebensolche Masken dargestellt werden, die die Studierenden selbst hergestellt haben. Die Aufführungen erfolgen vom 29. August bis zum 6. September in Kooperation mit der Brotfabrik im Innenhof des Heimatmuseums Beuel.

Große Gesten und übertriebene Gefühlsäußerungen

"Die Herausforderung liegt darin, diese Rollen mit großen Gesten und übertriebenen Gefühlsäußerungen, aber doch zugleich glaubhaft zu vermitteln", erklärt Schwarzmann im Gespräch mit dem General-Anzeiger. "Dafür muss man sich zunächst selbst finden und erkennen; die Commedia ist dann der erste große Schritt weg vom Sellbst- und hin zum Fremddarsteller."

Seit 15 Jahren unterrichtet Schwarzmann die Commedia dell'Arte, die er als exzellente Ausgangsbasis für die spätere Feinarbeit bei klassischen Dramen sieht. "Ohne ausgeprägte Mimik müssen Sie vieles durch Bewegungen ausdrücken, das ist ein hervorragendes Training", sagt er. "Außerdem spielen Genauigkeit und Timing eine entscheidende Rolle."

Zudem könnten die Masken eine fast schon magische Wirkung ausüben. "Die Studierenden machen zunächst einen Gipsabdruck von ihrem eigenen Gesicht, fast wie eine Totenmaske", erklärt Schwarzmanns Frau Diana-Maria Breuer, die als Co-Regisseurin fungiert. "Auf dieser Grundlage können sie dann ihre Rollenvorstellungen modellieren, Nase und Mund verzerren oder Texturen auftragen. Es gibt Studierende, die sich mit diesem Schritt sehr schwer tun, weil sie sich letztlich selbst verändern. Aber genau darum geht es."

Wutbürger schimpft gegen alles und jeden

Für die diesjährige Inszenierung haben sich Schwarzmann und Breuer des Wutbürgers angenommen, der überall Verschwörungen zu sehen glaubt und gegen alles und jeden schimpft. Als Ausgangspunkt dient Ferdinand Raimunds Komödie "Der Alpenkönig und Menschenfeind", in dessen Mittelpunkt der paranoide Misanthrop Randolf von Rappelkopf steht. Dieser zieht sich, nachdem er sich von seiner Familie verraten fühlt, in die Einsamkeit der Berge zurück, wo er auf den sagenhaften Alpenkönig trifft, der den Gutsbesitzer zur Vernunft zu bringen versucht.

"Die Idee ist uns gekommen, nachdem es in Chemnitz wieder Proteste gegeben hat", erklärt Schwarzmann. "Wir haben daher Motive dieses Stücks, das wir vor etwa 30 Jahren mal in Stuttgart gespielt haben, übernommen und eine moderne Fassung geschrieben, die durchaus Elemente einer Sitcom aufweist. Die ist in meinen Augen ein Nachfolger der Commedia dell'Arte."

Nun hofft das Ehepaar, dass für die Aufführungen das Wetter mitspielt - für die Schauspieler, aber auch ein bisschen für sich selbst. Denn mit "Der Wutbürger" verabschieden sich Schwarzmann und Breuer von der Alanus Hochschule.

Info: "Der Wutbürger", Bonn-Beuel, Heimatmuseum, Wagnergasse 2 - 4, 29. August bis 6. September (19 Uhr), außerdem So, 1. September (15 Uhr). 15 Euro, ermäßigt 10 Euro plus Gebühren; Tel. (02222) 9 321 12 47; www.alanus.edu; www.ga.de/tickets

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