Rhöndorf Das Kellergewölbe des Weinguts Broel

RHÖNDORF · Vom mit gleißendem Sonnenlicht beschienenen Innenhof führt eine schmale Steintreppe hinab in ein Gewölbe, das die Sinne verzaubert - und damit dem Riesling, der in diesem Raum seit 1899 gekeltert wird, in nichts nachsteht.

Nur schemenhaft können die geweiteten Pupillen im gedimmten Licht Gegenstände, Wände und Weinfässer im Keller des traditionsreichen Weinguts Broel erfassen. Doch wer über einen feinen Geruchssinn oder auch ein wenig Fantasie verfügt, riecht nicht nur die intensive, säuerliche Note. Wie bei einem guten Tropfen lässt sich auch aus der Kellerluft mehr herausschmecken: Das Gemäuer und das Holz der Fässer aus dem 19. Jahrhundert. Spuren der vertrockneten Überreste des verschütteten Mosts, der sich in der Bodenrinne unter den Fässern gesammelt hat. Und vielleicht auch das Wachs der Kerzen, die jedes einzelne Fass beleuchten.

Karl-Heinz Broel hat so eine Nase, die einzelne Nuancen eines Rieslings zu benennen weiß. Das gehört seit mehr als 30 Jahren zu seinem Beruf. Als Winzer des Weinguts Broel ist ihm wichtig, dass der Wein sortenrein ist, also nicht mit anderen Rebsorten verschnitten wird. "Auch das Terroir soll sich nachvollziehbar widerspiegeln", fügt er hinzu. Tonschiefer und Trachyt (vulkanisches Gestein) prägen die exponierte Lage am Fuße des Drachenfelses, die der Winzer von seinem Gut aus im Blick hat.

"Schon als Kind habe ich hier gespielt", erinnert sich der studierte Volkswirt, der damals nicht gedacht hätte, dass der Keller seines Stiefgroßvaters einmal sein Arbeitsplatz werden würde. Hinter den mit Motiven aus der Siegfried-Sage oder auch mit dem Familienwappen individuell verzierten Holzfässern, die die Größe eines Kleiderschranks haben, konnte man sich gut verstecken.

Das Herzstück der Kellerhalle, "die Schatzkammer", wie Broel sagt, war ihm damals allerdings unheimlich: "Die Gitterstäbe - ich fand, das sah aus wie ein großer Käfig." Wer vor der "Schatzkammer" steht, sieht eine Wand aus Flaschenböden vor sich. Bis unter die Decke reicht das begehbare Regal aus Eisenstäben, in dem die ganz alten Flaschen aus sonnenreichen Jahrgängen lagern. "Die älteste stammt aus dem Jahr 1921", verrät der 62-Jährige, es ist ein Riesling, natürlich aus eigenem Haus, vom Rhöndorfer Drachenfels.

Von einer dicken Staubschicht bedeckt, liegen die Flaschen in Reih und Glied - und wirken dabei, als seien sie im Laufe der Jahrzehnte mit dem Regal verwachsen. Der Keller hat gute und schlechte Zeiten überdauert. Das Untergeschoss des Weinguts wurde nicht nur Schauplatz von vielen ausgelassenen Feiern, bei denen die Gäste sich direkt vom Fass mit Federweißem versorgten. Wie Broels Großvater Wilhelm Heinen noch zu berichten wusste, boten die massiven Mauern auch Menschen im Zweiten Weltkrieg Schutz vor den immer weiter vorrückenden Amerikanern.

Später kamen namhafte Politiker zur Weinprobe. Konrad Adenauer besuchte das Weingut in seiner Zeit als erster Bundeskanzler der Republik. Ein Eintrag ins Gästebuch, den auch Theodor Heuss und Franz Josef Strauß unterschrieben, zeugt heute noch von dem Besuch.

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