GA-Serie "Rheinland für Entdecker" Der Wuppertaler Skulpturenpark ist ein Zauberwald großer Geister

WUPPERTAL · Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal wird in diesem Jahr zehn Jahre alt. Mittlerweile hat er sich zu einem touristischen Anziehungspunkt entwickelt. Besitzer Tony Cragg baut Park und Sammlung weiter aus.

 Die neue Ausstellungshalle zeigt zurzeit Skulpturen von Markus Lüpertz.

Die neue Ausstellungshalle zeigt zurzeit Skulpturen von Markus Lüpertz.

Foto: Jana Bauch

Wer den Waldfrieden genießen will, muss erst einmal bergauf. Schon vor dem Eingang begegnen einem die ersten Skulpturen von Tony Cragg, dem Schöpfer dieses Parks. Mit ihnen kann man den Blick über das Tal der Wupper genießen. Seit zehn Jahren beherbergt dieser grüne Hügel zwischen den Stadtteilen Elberfeld und Barmen den Skulpturenpark Waldfrieden. Der britische Bildhauer, der seit den 1970er Jahren in Wuppertal lebt und arbeitet, hat sich in den Ort verliebt und ihn in einen Zauberwald verwandelt, in dem sich Natur und Kultur bestens ergänzen. 2008 eröffnete er seinen Skulpturenpark Waldfrieden.

Das Café Podest am Eingang des Parks lädt unter alten Bäumen zum Verweilen ein. Doch wir sparen uns den Besuch für das Ende des Rundgangs durch den 14 Hektar großen Park auf. Den Namen Waldfrieden gab es schon, bevor der ursprüngliche Besitzer dort einzog: Der Lackfabrikant Kurt Herberts ließ sich eine Villa samt Park als Gesamtkonzept nach dem Zweiten Weltkrieg von Architekt Franz Krause anlegen. Die Villa, die sich mit ihren organischen Formen bestens in die Landschaft einfügt, nutzt die Cragg Foundation, Betreiberin des Parks, als Verwaltungsräume. Das Erdgeschoss der Villa, die keinen rechten Winkel besitzt, wird für Kulturveranstaltungen genutzt und kann für private Zwecke gemietet werden.

Bronzestelen sind Wahrzeichen des Parks

Einer, der den Blick in den Wald jeden Tag genießen kann, ist Michael Mader. Der Geschäftsführer des Skulpturenparks hat sein Büro im ersten Geschoss der Villa, wenn er nicht gerade selbst im Park unterwegs ist. Heute besichtigt er die neue Ausstellungshalle am oberen Ende des Geländes. "Hier wurde ein neuer Weg angelegt, der die untere Ausstellungshalle mit der oberen auf direkterer Route verbindet", sagt er und geht los. Der Marsch bergauf durch den Wald strengt Mader nicht besonders an, gehört er doch zu seiner täglichen Routine.

Der schattige Weg windet sich hinauf und bietet herrliche Ausblicke hinüber auf die andere Talseite. Auf Bänken kann man sich vom Aufstieg erholen. In den Bronzekästen neben den Sitzgelegenheiten waren früher Telefone untergebracht - damit sich Fabrikant Kurt Herberts überall in seinem Park um die Geschäfte kümmern konnte. Alte Laubbäume prägen den Park. Um die Villa Waldfrieden herum finden sich exotische Arten wir Ginkgo, japanischer Ahorn, Mammutbaum sowie Stern- und Tulpenmagnolie, die im Frühjahr besonders schön blühen.

Ganz allmählich vollzieht sich der Übergang von der gepflegten Grünfläche mit Rhododendren um die Villa herum in den Waldbereich weiter oben. Zu den besonderen Baumarten zählt auch ein Lebkuchenbaum, dessen Blätter im Herbst tatsächlich nach Lebkuchen riechen. "Das ist Tony Craggs Lieblingsbaum", verrät Michael Mader. Drei Gärtner kümmern sich permanent um den Park, der das ganze Jahr geöffnet ist und zu jeder Jahreszeit seine Reize besitzt.

Auf einer Wiese ungefähr auf halber Höhe den Hügel hinauf stehen Tony Craggs Bronzestelen "Points of View", die mit ihren amorphen Formen wie große Geister wirken und mittlerweile als Wahrzeichen des Parks gelten. Die Werke des renommierten Bildhauers, ausgezeichnet u.a. mit dem Turner Preis und dem Praemium Imperiale, sind mittlerweile an öffentlichen Plätzen in der ganzen Welt zu finden. Häufig ahmen seine großformatigen Skulpturen aus Holz oder Bronze lebende Formen nach.

Schwerpunkt auf Moderne und Gegenwart

Am Wegesrand den Berg hinauf finden sich immer wieder Skulpturen, viele von Tony Cragg selbst, aber auch von anderen Bildhauern wie Henry Moore, Richard Deacon, Bogomir Ecker, Thomas Virnich, Jaume Plensa, Eva Hild, Wilhelm Mundt, Herbert Kiecol und Erwin Wurm. Dessen anarchischer "Big Psycho" von 2010 ist einer der aktuellen Neuzugänge. Der österreichische Künstler hatte 2015 im Skulpturenpark Waldfrieden eine große Ausstellung bestritten. "Hier ein Werk aufzustellen ist eine Ehre für jeden Künstler", sagt Michael Mader. Zu vielen Bildhauern habe Tony Cragg eine persönliche Beziehung und schätze ihr Werk. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf Moderne und Gegenwart. Gerade die unterschiedlichen künstlerischen Handschriften machen den Reiz aus.

Rund 40 Skulpturen sind mittlerweile im Wald und auf den Wiesen verteilt. Tony Cragg, bis 2013 Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, sammelt immer weiter. Auch eine monumentale Skulptur seines Vorgängers an der Kunstakademie, Markus Lüpertz, hat seinen festen Platz in Tony Craggs Park gefunden. Bis 5. August 2018 ist außerdem eine große Ausstellung "Der Tod der bleiche Freier" in zwei der drei Hallen dem exzentrischen Maler und Bildhauer gewidmet. Die Wechselausstellung gestalten mitunter auch ehemalige Studenten der Kunstakademie, die Tony Cragg fördern möchte. Für die Wechselausstellungen gibt es mittlerweile drei Hallen. Die erste steht in unmittelbarer Nähe zur Villa. Bisher wurden hier Werke u.a. von Eduardo Chillida, Jean Dubuffet, Richard Long, Klaus Rinke, Imi Knoebel und William Tucker gezeigt. In dem beeindruckenden Glasbau, der die Grenze zwischen Drinnen und Draußen aufhebt, hat Wim Wenders Szenen seines Dokumentarfilms "Pina" über die Wuppertaler Choreografin Pina Bausch gedreht.

Kurz bevor man die obere und jüngste Glashalle erreicht, liegt rechts eines der neueren Areale des Parks, der 2013 um diesen Bereich erweitert wurde. Auf einer Lichtung bei einem Nadelwaldstück hat Tony Craggs monumentale Bronze "Caldera" ihren Platz gefunden. Trotz ihrer neun Tonnen Gewicht scheint sie grazil auf drei Beinen zu balancieren und ist begehbar. Licht und Schatten spiegeln sich magisch auf der organisch gewellten Außenhaut des Koloss'.

Die neue Ausstellungshalle besitzt eine abgerundete Form und fügt sich so bestens in die Natur ein. Von hier oben schweift der Blick bis hinüber auf die Nordhöhen des Wupper-Tals - eine grandiose Aussicht, für die sich der Aufstieg allein lohnt. Nachdem man den Blick genossen hat, geht es auf einem anderen Weg wieder hinunter. Man schlendert gemächlich den Hang hinab, bis man das Café am Ausgang erreicht. Hier kann man bei Cappuccino und einer der französischen Tartes die Eindrücke sacken lassen - oder einen neuen Rundgang auf einer anderen Route starten.

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