GA-Serie "Rheinland für Entdecker" Franziskanermönche prägten das Leben im "Vallis Felix" in Siegburg

SIEGBURG · Im Siegburger Ortsteil Seligenthal führt eines der ältesten Franziskanerklöster nördlich der Alpen ein Schattendasein. An der Seite ihres Mannes Heinrich führte Mit-Stifterin Mechthild von Sayn ein für ihre Zeit ungewöhnliches Frauenleben.

 Nicht weit von der Wahnbachtalsperre liegt das frühere Franziskaner-Kloster Seligenthal im Tal.

Nicht weit von der Wahnbachtalsperre liegt das frühere Franziskaner-Kloster Seligenthal im Tal.

Foto: Holger Arndt

Der Weg ist das Ziel im Tal des Wahnbachs. Ganz gleich ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im Auto. Wer mit dem Wagen spazieren fährt, rollt genussvoll unter Bäumen über die Deutsche Alleenstraße aus Siegburg heran. Wer gerne zu Fuß geht, pilgert über den Mönchweg zum Kloster in Seligenthal. Ganz Unermüdliche knöpfen sich die rund 24 Kilometer lange Tagestour um die Wahnbachtalsperre vor. Wieder andere kommen mit dem Fahrrad an der Sieg entlang. Jeder dieser Wege führt in die Ruhe und Abgeschiedenheit der Natur.

"Vallis Felix", seliges Tal, tauften Franziskanermönche im 13. Jahrhundert das schattige Bachtal im Wald. Wie die Mönche aus dem von Franz von Assisi gegründeten Bettelorden überhaupt das Leben im Tal für lange Zeit prägten. Mechthild von Landsberg gründete im Jahr 1231 mit dem ihr angetrauten Grafen Heinrich von Sayn das Kloster. Ob es sich damit um das älteste Franziskanerkloster nördlich der Alpen handelt, wie auf einigen Tafeln im Tal behauptet wird, darf bezweifelt werden. Zumindest wetteifern weitere Klöster mit Seligenthal um diese Ehre. Erhalten blieb von der mittelalterlichen Bausubstanz der ursprünglichen Einsiedelei im Wahnbachtal nach einem verheerenden Brand im Jahr 1647 ohnehin wenig.

Doch das Wirken der Mönche lieferte Grund genug, ihnen den etwas mehr als acht Kilometer langen Rundweg zu widmen, der vom Wanderparkplatz Siegelsknippen über Waldwege und asphaltierte Sträßchen führt. Nur eine nennenswerte Steigung ist auf dem Mönchweg zu bewältigen, wenn es hinauf zur Talsperre geht, die rund 800.000 Menschen in Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und in Bad Neuenahr mit Trinkwasser versorgt.

Der vom 1953 gegründeten Wahnbachtalsperrenverband gebaute Wasserspeicher ging 1958 in Betrieb. Nachdem der 52,5 m hohe Staudamm errichtet war, flutete das Wasser des Bachs und seiner Zuflüsse den 5,8 Kilometer langen See mit einem Fassungsvermögen von mehr als 43 Millionen Kubikmetern. Um das Trinkwasser, auf dessen Qualität viele Einwohner der Region stolz sind, zu schützen, gilt ein Badeverbot auf dem Stausee. Fischen ist dagegen erlaubt. Und schon blüht das Anglerlatein: Als erfolgreichster Angler taucht Franz Schmitz in den Akten auf, der 1990 eine 18 Pfund schwere Forelle in der Talsperre an den Haken bekommen hat. Außerdem sorgt ein Fischer für den Erhalt des biologischen Gleichgewichts der Talsperre, indem er regelmäßig Blaufelchen abfischt.

Aber der Gewässerschutz geht auch die Wanderer an, die in der Umgebung unterwegs sind: In den drei Schutzzonen um das Trinkwasserreservoir dürfen die Wege nicht verlassen und keine Abfälle weggeworfen werden. Saftige Strafen von bis zu 50 000 Euro drohen. Auflagen gibt es auch für die Landwirte, die beispielsweise ihre Gülle besonders knapp über dem Boden ausbringen, um Emissionen zu vermeiden. In heißen Sommern gibt das Wasser schon mal seine Geheimnisse preis: Wie zuletzt im Sommer 2008, als Brücken der alten Wahnbachtalstraße bei niedrigem Wasserstand noch mal aus den Fluten auf tauchten und Schaulustige anlockten.

1654 machten sich die Minoriten, eine Gruppierung der Franziskaner, im "Vallis Felix" an den Wiederaufbau der Klostergebäude. Das mönchiesche Leben endete 1803 mit der Auflösung des Klosters, aber auch der lange Jahre als Ausflugsgaststätte angesteuerte "Klosterhof" steht heute nicht mehr für spontane Besucher offen. Dort wird nur noch für von langer Hand geplante Feiern oder Tagungen gekocht, genauso wie in der Villa Waldesruh in der Nachbarschaft. Wer also heute im Seligenthal einkehren will, hat schlechte Karten, weil das Ristorante Taormina als letztes verbliebenes Lokal im Ort nur am Sonntag auch mittags geöffnet hat. Aber der Hennefer Ortsteil Weingartsgasse ist nahe und dort lockt das Gasthaus Sieglinde mit seinem Biergarten am Fluss. Direkt neben dem Kloster in Seligenthal kann sich dagegen der Nachwuchs auf einem Spielplatz mit großer Bolzwiese austoben.

Herausgeputzt werden zurzeit die frühere Klosterkirche, die seit 1834 als Pfarrkirche genutzt wird, und die Kreuzigungsgruppe auf dem alten Friedhof, die unter der Ägide der Deutschen Stiftung Denkmalschutz restauriert wird. Und wieder hinterlässt dabei mit Eva Becker eine Stifterin ihre Spuren. Am Rochustag, dem 16. August, ist die nach dem Heiligen benannte Kapelle auf der anderen Straßenseite Ziel einer jährlichen Wallfahrt. Die Gläubigen weihten die barocke Kapelle 1709 dem Schutzpatron der Pilger und Reisenden, dem auch gute Dienste gegen Seuchen zugeschrieben werden, weil die Rote Ruhr gebannt zu sein schien. Über dem Altar ist Rochus sozusagen in seiner Dienstkleidung mit Jakobsmuschel und Hirtenstab zu sehen. Er hat eine Pestwunde am Bein und einen Hund, der Brot apportiert, an der Seite.

Detailreich wie das erste Siegel der Klostermitbegründerin Mechthild von Sayn: Es zeigt eine Frau mit einem Jagdfalken auf dem Arm und lässt auf ein ungewöhnliches Frauenleben schließen, das seine Verwenderin im Mittelalter geführt haben muss. Mit ihrem Mann herrschte Mechthild über weite Teile des Westerwalds und des Bonner Umlands. Die Gräfin, deren Geburt zwischen 1200 und 1203 eingegrenzt werden kann, bildete mit ihrem Heinrich das, was heutzutage als Power-Couple bezeichnet wird.

Aktive Beteiligung an der Herrschaft

Sie war die Tochter des Markgrafen Dietrich von Landsbergs und seiner Frau Jutta, Tochter und Erbin des thüringischen Landgrafen Ludwig III. Also eine gute Partie, als sie um 1215 Heinrich von Sayn heiratete. Ihre Ehe hatte kein Geringerer als Papst Innozenz III. gestiftet. Eine politische Verbindung, mit der nicht nur eine jahrelange Fehde zwischen den beiden Geschlechtern beigelegt werden konnte. Die Ehe machte Mechthilds Mann reicher und bedeutender, weil die Grafschaft Sayn mit ihrem mütterlichen Erbe zu einer der bedeutendsten im Rheinland wuchs, wie Thomas Bohn im LVR-Portal zur Rheinischen Geschichte schildert.

"In den Urkunden ihres Gatten kommt sie als Mitausstellerin oder Zeugin vor, was ihre aktive Beteiligung an der Herrschaftsausübung belegt", schreibt Bohn in seinem Artikel über die clevere Gräfin, die selbst in der Lage war Deutsch, vielleicht auch Latein zu lesen und zu schreiben, wohl religiöse und literarische Handschriften besaß und mit Geistesgrößen ihrer Zeit bekannt oder sogar befreundet gewesen ist. So pflegte sie Umgang mit Albertus Magnus, dem Kölner Gelehrten, soll Thomas von Aquin begegnet sein. Ihr Mann Heinrich, der an einem Kreuzzug teilnahm und einen Ketzerprozess überstand, umgab sich mit Minnesängern wie Reinmar von Hagenau, die seine Qualitäten als Jäger, Herrscher und Gastgeber besang. Doch das Unglück des Paares war, dass es ohne Erben blieb. Auch wenn Mechthild kurz nach Heinrichs Tod am Jahresende 1246 einer Tochter das Leben schenkte, die kurz darauf starb.

Dennoch gelang es Mechthild durch geschicktes Vorgehen und hartnäckige Wahrung ihrer ererbten Rechte, sich während ihrer 38-jährigen Witwenzeit zu behaupten. Zwar musste sie Heinrichs Besitz seinen Neffen abtreten, aber sie verkaufte einen Teil ihres mütterlichen Erbes gegen eine Pension an den Kölner Bischof Konrad von Hochstaden und machte sich als Wohltäterin einen Namen. Bis ins 20. Jahrhundert soll Mechthild von Sayns Mildtätigkeit im Westerwald, dessen Bewohner sie in ihrem Testament bedachte, in vieler Munde gewesen sein. Und wer nicht nur in Seligenthal, sondern bei weiteren Ausflügen auf ihren Spuren wandeln möchte, bekommt dazu reichlich Gelegenheit. Mechthild besaß die Löwenburg im Siebengebirge, die Neuerburg bei Niederbreitbach und den Grund des Kölner Zisterzienserinnenklosters Maria im Spiegel, später auch Sion genannt, wo sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte und wohl auch begraben liegt.

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