Fahrradtour von Bonn nach Köln Immer der Nase nach am Rhein entlang

BONN · "Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!" Der alte Goethe. Recht hat er. Wer noch nie mit dem Fahrrad am Rhein entlang von Bonn nach Köln geradelt ist, hat wirklich etwas verpasst. Sozusagen dienstverpflichtet haben wir uns auf den Sattel geschwungen, um für die GA-Leser die Tour von der Bundes- in die Domstadt zu testen.

Gut 35 Kilometer liegt sie von Bonn entfernt. Das Urteil vorneweg: Einfach super. Und familienfreundlich dazu. Erstaunlich, wie viele Leute mitten in der Woche radelnd am Rhein unterwegs sind. Eine Karte benötigt man für diese Tour nicht. Die Devise lautet beim Start gegen elf Uhr an der Beethovenhalle: Immer der Nase nach gen Norden. Über den Rheinradweg vorbei an schnatternden Enten und Gänsen über den alten Leinpfad an Hersel, Bornheim, Uedorf und Urfeld vorbei. Kurzer Stopp in Graurheindorf. Hoch über uns thronen die Rheinterrassen.

Erinnerungen werden wach. An unser erstes BAP-Konzert im damaligen Saal Bellawuppdich. Nach einem Brand Ende der 1980er Jahre musste er abgerissen werden. Eine Ambiente wie am Nordseestrand: Der neue Rheinpavillon an der Mondorfer Fähre ist fast fertig. Einige Radfahrer und Spaziergänger haben es sich bereits auf den Liegen davor gemütlich gemacht.

Ein Abstecher zur oberhalb des Ufers gelegenen Pfarrkirche St. Georg in Widdig lohnt sich. Zwischen 1927 und 1929 wurde sie als Saalkirche an Stelle einer alten Kapelle errichtet. Ihre wertvollen, zwischen 1986 und 1988 aus mundgeblasenem Glas geschaffenen Fenster aus der Werkstatt Oidtmann ziehen Wallfahrer von weither an, erzählt der Küster. Die Werkstatt wurde 1857 in Linnich bei Düren gegründet und ist das älteste noch tätige Unternehmen für Glasmalerei in Deutschland. Wir haben Glück. "Normalerweise ist die Kirche erst ab 14 Uhr geöffnet", sagt der Küster.

Wieder zurück auf dem Radweg, fallen die vielen Angler am Ufer unterhalb der Widdiger "Rheinterrassen" ins Auge, Die Geschichte der "Rheinterrassen" reicht bis 1645 zurück, als dort eine "Umspann-Station" für Schiffe und Postkutschen errichtetet wurde. Widdig: Ein Fischerparadies mit einem Angebot von Aal bis Zander.

Radler sind gesellige Leute. Bei den Pausen auf den bis zur Domstadt zahlreich vorhandenen Bänken entlang des Radwegs kommt man schnell ins Gespräch. Peter und Stefanie Alsmann sind mit Töchterchen Emilia (7) bereits seit einigen Tagen auf ihren Drahteseln unterwegs. Von Bingen aus ist die Familie gestartet.

Tapfer, tapfer. Um die 50 Kilometer wollen sie mit ihren schwer bepackten Rädern samt Anhänger täglich bewältigen. Übernachtet wird im Zelt. Ziel ist die Nordseeküste in Holland. Bis zum Ende dieser Etappe auf dem Campingplatz in Rodenkirchen sind es noch etwa 20 Kilometer. "Emilia fährt zu Hause viel Rad. Das schafft sie locker", erzählt die Mutter stolz. Rheinromatik pur. Das wollten die aus Berlin stammenden Alsmanns schon immer einmal erleben.

Wesseling zeichnet sich am Horizont ab. So nah kommt man dem Werksgelände als Autofahrer nie. Größer kann der Kontrast nicht sein. Während sich rechts des Weges ein idyllischer Sandstrand nach dem anderen öffnet, richtet sich der Blick nach vorn auf eine imposante Industrieanlage. Jetzt eine kleine Erfrischung im kühlen Nass von Vater Rhein.

Aber Vorsicht. Baden im Rhein ist gefährlich. Trotzdem tummeln sich an diesem hochsommerlichen Tag einige Kinder und Erwachsene in den Fluten. Wer mehr Zeit hat, sollte sich Wesseling ruhig einmal näher anschauen. Das kleine Städtchen mit römischen Wurzeln hat durchaus mehr zu bieten als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Das Alte Rathaus ist so eine Sehenswürdigkeit und war übrigens im Vorspann der RTL-Comedyserie "Das Amt" zu sehen.

Kurz hinter Wesseling muss man das Rheinufer verlassen. Über eine Schnellstraße, aber auf eigenem Radweg wird man sicher um die Werksanlagen geführt. Die erste und einzige kurze Steigung auf dieser Strecke. Bald ist man wieder am Rheinufer unterwegs. Vorbei an Godorf kommen wir unserem Ziel jetzt näher. Am Sürther Bootshaus sitzen bereits die ersten Gäste auf der sonnigen Terrasse des Schiffes. Ein wenig an schwedische Sommertage fühlt man sich an der Anlegestelle der kleinen Personenfähre "Krokolino" erinnert, die ihre Passagiere nach Porz-Zündorf bringt.

Willkommen an der Riviera! Pardon, in Rodenkirchen. Das Ufer mit seinem mediterranen Flair. lädt ebenfalls zum Verweilen ein. Familie Alsleben ist am Ziel. Mehr als 250 Stellplätze bietet Kölns größter Campingplatz vor herrlicher Rheinkulisse. Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Zentrum. Links erhebt sich die Severin-Kirche und schon radeln wir durch den neuen Rheinauhafen mit seinen eindrucksvollen Kranhäusern.

Vor dem Olympia- und dem Schokoladenmuseum drängeln sich die Reisegruppen. Zweieinhalb Stunden nach dem Start haben wir das Ufer am Fuße des Kölner Doms erreicht. Einziger Wermutstropfen an dem Tag: Die Rückfahrt nach Bonn per Schiff fällt aus. Um diese Zeit verkehren keine Boote mehr in Richtung Bundesstadt, erklärt ein freundlicher Herr von der Köln-Düsseldorfer. Wer seine Kräfte schonen und den Nachmittag für einen Stadtbummel durch die Domstadt nutzen will, kommt ganz entspannt mit der Bahn wieder zurück nach Bonn.

Praktische Tipps
Die Strecke: Der linksrheinische Radweg von Bonn nach Köln ist bis auf wenige, kurze Teilstrecken sehr gut ausgebaut und recht ordentlich in Schuss. Man kommt sich nicht so leicht in die Quere, wie auf dem schmalen Radweg entlang der Bonner Rheinaue. Für die etwa 35 Kilometer sollten durchschnittlich geübte Radfahrer mit Pausen und eventueller Einkehr rund drei Stunden rechnen. Die Tour ist auch für Kinder ab sieben Jahren geeignet. Sie sollten aber einigermaßen sportlich und sicher auf dem Fahrrad sein.

Kartenmaterial: Für die Route von Köln nach Bonn entlang des Rheins braucht man eigentlich keine Karte. Im Internet kann man sich auf dem Portal Rad Region Rheinland (www.radregionrheinland.de) die Route berechnen lassen und weitere Radtouren in der Region zusammenstellen. Zudem hält der Buchhandel entsprechende Bücher mit vielen Infos und Tipps bereit.

Essen und Trinken: Auf der Strecke befinden sich zahlreiche Einkehrmöglichkeiten. Direkt am Rhein liegen unter anderem in Graurheindorf die "Kajüte", das "Belvedere" in Urfeld, das "Sürther Bootshaus" in Sürth und das "Riviera" in Rodenkirchen.

Sonstiges: Die Rückfahrt mit den Stadtbahnen der Linien 16 und 18 kostet ab Köln für Erwachsene 7,40 (Einzelfahrschein, Preisstufe vier). Die Fahrradmitnahme kostet 2,70 Euro. Die Radtageskarte für die Fähre "Krokolino" kostet 3,50 Euro, Kinder von vier bis sechs Jahren zahlen einen Euro.

Das E-Bike

Zugegeben: Die überwiegend ebene Strecke am Rhein entlang nach Köln schafft ein durchschnittlich trainierter Radler locker mit bloßer Muskelkraft. Aber das Angebot der Stadtwerke Bonn (SWB), einige Tage ein E-Bike zum Nulltarif testen zu dürfen, ist schon verführerisch. Dazu bedarf es allerdings einer Einweisung, für die man sich ein wenig Zeit nehmen sollte. In unserem Fall erklärt SWB-Mitarbeiter Jürgen Winterwerp die Funktionsweise des Rades, das sich, wie sich später herausstellt, wirklich leicht bedienen lässt und mit dem man erstaunlich flott unterwegs ist.

Die E-Bikes können im Servicecenter der SWB, Welschnonnenstraße 4, in Bonn, ausgeliehen werden. Das Angebot richtet sich nicht nur an Kunden, sondern an alle Interessierten ab 18 Jahre. Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 9 bis 16 Uhr, Donnerstag 9 bis 18 Uhr, Freitag 9 bis 12 Uhr. Eine telefonische Reservierung ist unter 0228/711 25 25 möglich. Wer Kunde für SWB-Naturstrom wird, erhält von den Stadtwerken zudem beim Neukauf eines Elektrofahrrades 100 Euro als Zuschuss.

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