Klettersteig Manderscheid Alpines Erlebnis in der Eifel

Manderscheid · Der Manderscheider Burgenklettersteig verbindet Sport und Naturerlebnis auf hohem Niveau. Um ihn genießen zu können, muss man kein Profi sein. Aber eine gewisse Grundfitness sollte man mitbringen.

Gipfelkreuz in Sicht: Die Etappe Niederburg ist eine von drei möglichen Etappen auf dem Burgenklettersteig Manderscheid.

Gipfelkreuz in Sicht: Die Etappe Niederburg ist eine von drei möglichen Etappen auf dem Burgenklettersteig Manderscheid.

Foto: Rüdiger Franz

Nur nicht verheddern. Auch wenn man hier auf der Wiese noch nicht tief fallen kann, wird die erste Begegnung mit dem Klettergurt schon zur Herausforderung. Aber zum Glück sind Georg Fox und Hannah Pesch dabei. Für die beiden Kletterguides muss es aussehen, als zögen wir erstmals im Leben Schuhe oder eine Hose an – und das falsch herum. Aber im Gepäck haben sie Geduld, und so steht die Gruppe nach einer Weile gut verschnürt vor ihrem Abenteuer. Nur die beiden Manderscheider Burgen hoch über uns scheinen ein wenig streng dreinzublicken, während wir uns im Gänsemarsch erst einmal zum Übungsfelsen bewegen.

Im Juli feiert der Burgenkletter­steig in Manderscheid seinen ersten Geburtstag. Einer der Geburtshelfer ist Georg Fox. Der 55-jährige Förster, der ursprünglich aus dem Ahrtal stammt, nennt sich selber „kletterverrückt“. Und so sei er vor gut zehn Jahren auf die Idee gekommen, die steilen Felsen zwischen den Windungen der Lieser und dem oberhalb thronenden Städtchen zu einem Klettersteig zu entwickeln.

Ein kleiner Bestandteil ist die Übungswand, die hier freundlicherweise niemand „Idiotenhügel“ nennt. Hier wird man mit den Grundlagen vertraut gemacht. Und mit dem einen oder anderen Merkspruch: „Kopf zur Wand, Hintern ins Land“ lautet so einer und mahnt dazu, den Körper möglichst gerade zur Wand zu halten, um möglichst stabil am Berg zu stehen. Denn auf dem Burgenklettersteig ist man durchgehend mit Karabinern gesichert. Die wichtigste Regel dabei: Einer der beiden Sicherungskarabiner, die an längeren Gurten an unseren Klettergurten befestigt sind, muss immer eingeklinkt sein. Im Abstand von einem guten Meter unterbrechen Befestigungsschrauben im Fels das Stahlseil, sodass man die Karabiner auf das nächste Stück umhängen muss. „Beim Hochgehen so früh wie möglich in der nächsten Sektion einklinken, beim Abstieg so spät wie möglich umhängen“, erklärt Hannah. Beide Maßnahmen dienen dazu, die Fallhöhe zu verringern, falls man wirklich einmal abrutscht und das Sicherungsseil eingreifen muss.

„Viel heftiger dürfte es für mich nicht werden. Aber so war es anstrengend und genial zugleich“

In einem halbkreisförmigen Bogen geht es nacheinander über die Übungswand. Die 22-jährige Hannah demonstriert, wie man geschickt die Füße umsetzt, um sich für den nächsten Schritt in eine günstigere Kletterposition zu bringen, und manchen scheint tänzelnd schon ein wenig Übermut zu überkommen. Da kommt der erste richtige Kletterabschnitt gerade richtig. Die Etappe Oberburg gilt als die leichteste der drei Routen. Harmlos geht es einen sanft ansteigenden Wanderweg entlang, und schon fragt man sich, was das mit den Karabinern am Seil soll. Aber dann: Hinter einer Kurve geht es plötzlich senkrecht aufwärts. Gut 30 Meter erhebt sich die Wand über unseren Köpfen, irgendwann verliert sich das verwinkelte Stahlseil hinter Felsüberhängen.

 Balanceakt: Über die Burgenbrücke tasten sich die Wanderer in 20 Metern Höhe über die Lieser. Die Halteseile ergeben da durchaus Sinn.

Balanceakt: Über die Burgenbrücke tasten sich die Wanderer in 20 Metern Höhe über die Lieser. Die Halteseile ergeben da durchaus Sinn.

Foto: Rüdiger Franz

Also los. Sichern, Haken ein- und umhängen und bloß darauf achten, dass auch permanent einer am Seil befestigt ist. Die Lieser im Tal ist schon deutlich kleiner. Aber für die Naturschönheiten hat ausgerechnet an dieser Stelle kaum jemand in der Gruppe einen Blick. Als reiche die Koordination der Beinarbeit, um stets einen sicheren Tritt, einen Bügel oder einen Felsspalt zu finden, nicht aus, sind parallel die Arme gefragt. Wie sehr, werden wir erst am nächsten Morgen wissen, wenn sich das Anheben der Oberarme plötzlich anfühlt, als habe man einen Tag lang Eimer voll Sand aus einem Graben gewuchtet. Jetzt aber haben sie am Seil im Kampf gegen die Schwerkraft buchstäblich alle Hände voll zu tun. Das kommt davon, wenn man mangelnde Technik mit Kraft ausgleichen muss.

Mit langen Armen am Seil, die Füße an den Berg gepresst, so hatten es Hannah und Georg doch eben noch erklärt – aber wohl zu erwähnen vergessen, wie kräftezehrend das ist. Der Respekt vor der Höhe wächst pünktlich an jenen Stellen, an denen die Karabiner umgesteckt werden müssen. Hinter einer Kurve ist der erste Steilabschnitt so schnell vorbei, wie er begonnen hat. Und manch ein Gruppenmitglied, dass sich erfolgreich über die letzte Kuppe geschoben hat, schaut nun voller Spannung, ob als nächstes wohl der Ehepartner hinter der letzten Felsnase hervorlugt. Sorgen sind aber unangebracht. „Viel heftiger dürfte es für mich nicht werden. Aber so war es anstrengend und genial zugleich“, sagt die 40-jährige Iris, als sich die Gruppe zu einer ersten kleinen Rast am Turm der Oberburg versammelt.

„Es war ab und zu anstrengend, aber man kommt schnell rein, und es macht viel Spaß“

Den Burgenklettersteig in Manderscheid in einem Atemzug mit alpinen Kletteretappen zu nennen, ist nicht übertrieben, wie geübte Kletterer bestätigen. Auch der Klettersteig im Bremmer Calmont an der Mosel, spektakulär in der steilsten Weinlage Europas gelegen, oder jener im „Bopparder Hamm“ am Rhein wirken im Vergleich mit ihrem jungen Verwandten in der Eifel hinsichtlich der Anforderungen eher wie gut gesicherte Wanderwege.

Die Schwierigkeitsgrade der Routen in Manderscheid gliedern sich von leicht (A/B: blau) über anspruchsvoll (C: rot) bis sehr schwer (D: schwarz). Die drei Etappen Oberburg, Niederburg und Lieser, von denen die Mittlere als die Anspruchsvollste zählt, erstrecken sich über insgesamt vier Kilometer und sind durch Wanderwege miteinander verbunden. Gut vier Stunden, so Georg Fox, sollte man einplanen, wenn man alle drei Routen vollständig durchklettern möchte.

Auf uns wartet nun im Tal ein Hauch von „Ruf der Wildnis“. Mittels zweier über den Fluss gespannten Seile – eines zum Draufsteigen einen Meter über dem Wasser, das andere auf Kopfhöhe – hangeln wir uns ans andere Ufer, wo nach einem Weilchen abermals der Gleichgewichtssinn gefragt ist: Schlichtweg zu groß erscheinen unsere Füße für die winzigen Trittbretter auf der Hängebrücke, neben denen es 20 Meter in die Tiefe geht und an deren Ende nach 60 Metern der nächste Steilabschnitt wartet: die „Tempelwand“. Inzwischen sitzen die Handgriffe in der Gruppe schon sichtlich routinierter, und obwohl es dieses Stück noch einmal in sich hat, haben das Gipfelkreuz nach einer Viertelstunde alle erreicht. 60 Euro kostet ein Kletterkursus, den es in den Varianten „Einsteiger“ und „Aufsteiger“ gibt. Der 15-jährige Louis aus Dorsten und seine Eltern, die mit dem Besuch auf dem Klettersteig ein Weihnachtsgeschenk einlösen, haben die Kletterausrüstung gleich für den Rest des Nachmittags behalten. „Es war ab und zu anstrengend, aber man kommt schnell rein, und es macht viel Spaß“, so das Urteil des 15-Jährigen. Er will auf jeden Fall wiederkommen.

Die Teilnahme an einem der Kurse ist übrigens keine Bedingung, um den Klettersteig begehen zu dürfen. „Der Klettersteig ist offen für jedermann“, sagt Georg Fox und ergänzt: „Mitzubringen sind eine gewisse Grundfitness und die Sicherheitsausrüstung für Klettersteige.“ Fitness muss man sich bekanntlich erarbeiten, die Ausrüstung hingegen kann man sich bei der Tourist-Info im Ortskern für 20 Euro ausleihen. Beim Anlegen der Gurte wird, falls nötig, auch geholfen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort